Resolution zur Verurteilung der Gewalt im Iran
Ein Signal, das Mut machen soll
Drensteinfurt
Im Rat der Stadt ist eine „Resolution für die Verurteilung der Gewalt und der Unterdrückung von Freiheitsrechten im Iran“ beschlossen worden. Zuvor hatten mehrere Dutzend Menschen still vor und in der Alten Post protestiert und damit um Solidarität gebeten.
Wer am Montagabend an der Ratssitzung teilnehmen wollte, der musste an ihnen vorbei. Sowohl vor der Alten Post als auch in deren Eingangsbereich hatten sich Dutzende Menschen versammelt, vordergründig Iranerinnen und Iraner. Mit Flyern informierten sie über den Grund ihres Erscheinens und ihre Forderungen. Auf Plakaten waren Appelle wie „Free Iran“ und „Nein zur Gewalt“ zu lesen. Fotos zeigten die Gesichter junger Leute – 16, 17, 18 Jahre alt –, die bei Protesten gegen das Regime ums Leben gekommen sind.
Die Grünen hatten das Thema auf die Tagesordnung setzen lassen. Es sollte eine „Resolution für die Verurteilung der Gewalt und der Unterdrückung von Freiheitsrechten im Iran“ beschlossen werden. Eine Angelegenheit, die in der Vergangenheit schon häufiger für kontroverse Diskussionen darüber gesorgt hatte, womit sich der Rat inhaltlich zu befassen hat und was über seine Befugnisse hinausgeht. Anträge, keine Atomtransporte auf Stadtgebiet mehr zuzulassen oder Drensteinfurt zu einem „Sicheren Hafen“ für Flüchtlinge zu erklären, waren in der Vergangenheit am Veto von CDU und FDP gescheitert.
Einsatz für Demokratie und Menschenrechte
Doch dieses Mal kam es anders – was wohl auch an den Menschen lag, die nach ihrem stillen Protest im Zuschauerraum Platz genommen hatten und die Debatte aufmerksam verfolgten.
Natürlich seien die Möglichkeiten des Rates begrenzt, begründete Raphaela Blümer den Antrag stellvertretend für ihre Fraktion. „Aber wir als Ratsmitglieder tragen Verantwortung. Und diese Resolution soll eine Willensbekundung sein, ein Ausdruck unserer Solidarität.“ Es gebe sogar einen direkten lokalen Bezug. „Wir sehen die Menschen hier und auch sonntags bei den Mahnwachen gegen den Ukrainekrieg. Es gibt viele Menschen in Drensteinfurt, die dieses Zeichen brauchen.“ Nämlich den Beschluss, dass man in der Stadt für Menschenrechte, für Demokratie und für freie Religionsausübung einstehe.
Unterstützung für den Antrag der Grünen kam von der Stadt. „Jedes Jahr erinnern wir am Volkstrauertag daran, wie schlimm Krieg und Gewalt sind“, betonte Bürgermeister Carsten Grawunder. Natürlich falle dieses Thema nicht in die Zuständigkeit des Rates, „aber wir können ein Signal setzen“. Zudem sei dies eine andere Situation, da in Drensteinfurt viele Iraner lebten, die selbst und deren Angehörige vor Ort direkt betroffen seien.
Raphaela Blümer (Die Grünen)
Ingo Stude (SPD) zeigte sich dankbar, über diesen Weg seine Solidarität ausdrücken zu können. „Man weiß, dass die Berichterstattung in freien Ländern für die Menschen dort eminent wichtig ist.“ Das Thema dürfe nicht in der Versenkung verschwinden, um den Druck aufrecht zu erhalten.
Sogar die CDU wollte in diesem Fall eine Ausnahme gelten lassen. „Sie wissen alle, dass wir solche Beschlüsse sonst sehr, sehr kritisch sehen“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Markus Wiewel. In diesem Fall aber wolle man den Iranern Mut machen. Dem FDP-Mitglied Burkhard Wieland warf Wiewel „Wortklauberei“ vor.
FDP übt inhaltliche Kritik
Dieser hatte im Verlauf der Diskussion als Einziger Zweifel am Sinn der Resolution geäußert und auch inhaltlich Kritik geübt. „Selbstverständlich verurteilt die Stadt Drensteinfurt jegliche Form von Gewalt“: Mit dieser Formulierung, die die Verwaltung in ihren Erläuterungen zum Beschlussvorschlag verwendet hatte, war Wieland nicht einverstanden. „Das klingt mir zu pazifistisch.“ Man sehe doch gerade im Ukrainekrieg, dass es eben auch Formen von Gewalt gebe, die man unterstützen müsse. Zudem war Wieland der Beschlussvorschlag zu offengehalten. Darin hieß es unter anderem: „Der Rat der Stadt Drensteinfurt begrüßt die verschärften Sanktionen der EU. Er appelliert an die Bundesregierung und die EU, alles nur Mögliche zu tun, um die demokratischen Kräfte im Iran noch stärker als bisher und kontinuierlich zu unterstützen.“ Was genau denn da inhaltlich nun passieren solle, wollte der FDP-Mann wissen. „Entweder wir füllen diese offene Formulierung mit Leben oder wir lassen sie weg“, lautete sein Vorschlag. Abschließend betonte Burkhard Wieland ausdrücklich, er verstehe und unterstütze, wofür die Menschen im Iran auf die Straße gingen. Lediglich mit dem nicht abgesprochenen Inhalt des Beschlusses mochte er sich nicht anfreunden – stimmte diesem am Ende aber dennoch zu.
Applaus und Dank
„Der Rat der Stadt Drensteinfurt verurteilt die zunehmende Gewalt gegen die Protestierenden im Iran aufs Schärfste und solidarisiert sich mit den Menschen, die sich aktiv und kreativ für Menschenrechte einsetzen und dafür Bestrafungen, Verletzungen oder ihren eigenen Tod riskieren“: Für die einstimmig verabschiedete Resolution gab es Applaus aus dem Zuschauerraum. Beim Verlassen der Alten Post drückten die Menschen ihren Dank aus: zum Teil durch Worte, zum Teil durch Verbeugungen. Ein bewegender Moment.
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