Projekt „Besser jetzt – gut beraten ins Alter“
Mit Hausbesuchen „vor die Lage“ kommen
Drensteinfurt
Pflegebedürftigkeit im Alter ist ein Thema, das immer mehr Menschen betrifft. Wer sich frühzeitig informiert, hat später womöglich weniger Sorgen. Genau da setzt ein Projekt des Kreises Warendorf an, das bald auch nach Drensteinfurt kommt.
Seit rund 15 Jahren gibt es die Pflege- und Wohnberatung beim Kreis Warendorf. Ihr Angebot richtet sich an Menschen, die bereits pflegebedürftig oder akut von Pflegebedürftigkeit bedroht sind. „Aber eigentlich müssen wir vor die Lage kommen“, blickte Beate Baldus auf den Grundgedanken eines Projektes zurück, mit dem man 2017 in der Modellkommune Everswinkel gestartet war. „Besser jetzt – gut beraten ins Alter“ heißt es und soll ab diesem Herbst auch in Drensteinfurt umgesetzt werden.
Es handele sich um eine Art „aufsuchende Seniorenarbeit“, stellte Baldus, die das sechsköpfige Team der Pflege- und Wohnberatung seit sechs Jahren leitet, das Projekt am Dienstag im Ausschuss für Familie, Jugend, Senioren und Soziales vor. Ausschlaggebend sei damals eine Erhebung gewesen, die für den Kreis Warendorf eine Zunahme der Altersgruppe Ü65 um 34 Prozent bis zum Jahr 2050 vorausgesagt hatte. Daraus sei die Idee entstanden, präventive – und kostenlose – Hausbesuche anzubieten und dabei über Themen wie Barrierefreiheit, Wohnformen im Alter, Mobilität oder auch soziale Teilhabe ins Gespräch zu kommen. „Es wird kein Fragebogen abgearbeitet“, betonte Baldus, das Gespräch entwickele sich stets individuell.
Ziel, Hemmschwellen abzubauen
Das Projekt richte sich vordergründig an die fitten Älteren, damit diese sich frühzeitig mit Thematiken auseinandersetzten, die später einmal auf sie zukommen könnten. „Unser Ziel ist es, Hemmschwellen abzubauen, damit die Leute wissen, wen sie bei Hilfebedarf vor Ort anrufen können“, erklärte Beate Baldus.
In Everswinkel seien zum Auftakt alle Einwohner Ü75 einmalig persönlich angeschrieben worden, in den Folgejahren dann quartalsweise alle Menschen kurz nach ihrem 75. Geburtstag. „Das ist ein Brief, unterschrieben vom Bürgermeister, also ziemlich offiziell“, so Baldus, die weiß, dass heutzutage gerade Ältere häufig Opfer von Betrugsmaschen werden und deshalb gewarnt sind, wenn sich Unbekannte melden. „Wir nehmen im Vorfeld auch mit den Ärzten und Pflegediensten vor Ort Kontakt auf, um das Umfeld für unser Projekt zu sensibilisieren“, betonte Beate Baldus. Angehörige oder andere Vertrauenspersonen könnten gerne an den Gesprächen teilnehmen.
Beate Baldus, Leiterin der Pflege- und Wohnberatung
Bisher werde „Besser jetzt – gut beraten ins Alter“ in fünf Kommunen im Kreisgebiet angeboten: neben Everswinkel noch in Oelde, Wadersloh, Beelen und Warendorf. Schrittweise soll es im gesamten Kreis ausgerollt werden, Corona habe dies verzögert. Sendenhorst steht im Sommer auf dem Plan, Drensteinfurt soll im Herbst folgen. „Die Rücklaufquote liegt im Schnitt bei zehn Prozent“, ist die Leiterin der Pflege- und Wohnberatung mit dieser Zahl durchaus zufrieden. In erster Linie meldeten sich Menschen ab 80 Jahren, manche auch noch nach mehreren Jahren, die den Brief damals aufbewahrt hätten, berichtete Baldus.
Für Drensteinfurt, schätzt sie, würden zum Auftakt 1200 bis 1500 Senioren angeschrieben, für die anschließenden Hausbesuche müsse man etwa vier Monate kalkulieren. Begleitet werden könne das Projekt auch durch eine Veranstaltungsreihe. Dazu sei man in engem Austausch sowohl mit der Stadtverwaltung als auch mit dem örtlichen Seniorenbeauftragten Rüdiger Pieck. „Das Ziel ist es, das Netz aus Beratung und Unterstützung immer dichter zu spannen, damit niemand mehr durchrutscht“, ergänzte Pieck, wohlwissend, dass es auch in Drensteinfurt isoliert lebende Ältere ohne Angehörige in der Nähe gebe.
Das Projekt sei ein Erfolg, meinte Beate Baldus mit Blick auf die vergangenen sechs Jahre. Die Akzeptanz sei hoch und die Zufriedenheit nach den Gesprächen groß. „Sie haben mir Sorgen und Nöte genommen“, dies werde den Mitarbeitern gegenüber oft geäußert.