Benefiz-Konzert der Kölschen Cover Band für Hochwasseropfer
Kölsche Tön als Katastrophenhilfe
Everswinkel
Die Regenfront hat sich gerade noch rechtzeitig verzogen, die letzte dunkle Wolke hält sich hartnäckig über dem Gelände von „Strohbücker Eventgastronomie“ im Grothues. Helfer und Musiker nehmen noch einmal die Lappen in die Hand, wischen schnell Tische und Bänke trocken. Die Bühnenstrahler sind schon eingeschaltet, am Bierwagen läuft der Zapfhahn bereits, und daneben bräunen sich die ersten Würstchen auf dem Holzkohlegrill. Der Aufbau und die Vorbereitungen laufen schon seit dem Morgen. Es kann losgehen.
Am Eingang läuft die Kontrolle der Namenslisten wie am Schnürchen. 200 Event-hungrige Gäste strömen an die Tische. Spaß haben und helfen lautet die Devise am Mittwochabend. Die Kölsche Cover Band lädt zum Heimspiel für den guten Zweck ein. Der Erlös der kölschen Sause ist für Menschen gedacht, die besonders hart von der Hochwasserkatastrophe getroffen worden sind.
Ein Jahr liegt der letzte Live-Auftritt zurück für die Everswinkeler „Boygroup“. Das war in Harsewinkel bei einer Corona-konformen Biergarten-Session. Ansonsten nur Corona-Zwangspause. „Wir konnten nichts machen“, blickt Keyboarder Fabian Hestermann im Gespräch vor dem Konzert zurück. Die Saison? Eine Pleite. „Es sind so 30 bis 35 Termine, die ausgefallen sind.“ Und auch keine Probenarbeit. „Das war eigentlich das Schlimmste, dass man sich überhaupt nicht treffen konnte zum Proben. Das ist für uns donnerstags schon so ein Highlight“, sagt Drummer Christian Korte. „Eine echte Durststrecke“, fügt Hestermann an.
20 Uhr. Rot, blau, grün, gelb leuchten die Strahler die Bühne aus. 200 erwartungsfrohe Freunde der gepflegten kölschen Tön wollen endlich wieder was erleben. Das Interesse war indes viel größer. „Wir haben dann Samstagmittag gesagt, wir schreiben auf Facebook, dass alles voll ist. 400 Leute hätten wir bestimmt zusammengekriegt“, ist sich Korte sicher. Aber zum abgestimmten Konzept mit der Gemeinde gehört neben der maximalen Konzertdauer bis 22 Uhr auch die maximale Gästezahl. „Wir haben unser Konzept vorgestellt und eingereicht und als Antwort dann bekommen, kulturelle Veranstaltung, grünes Licht, bis 200 Personen“, fasst Hestermann zusammen. „Das ist für uns auch ein Rätsel, wie viele da dann kommen dürfen“, zuckt Gitarrist Steffen Serries mit den Schultern. „Wir haben uns aber gar nicht auf Diskussionen eigenlassen. Wir haben uns gesagt, wir nehmen die 200 Leute und gut ist. Schade, dass nicht mehr kommen können.“
Christoph Görges betritt zunächst allein die Bühne, greift zum Mikrofon. „Dieses Ausmaß kann sich wohl keiner vorstellen. Es gibt nichts Schlimmeres, als sein ganzes Hab und Gut zu verlieren.“ Abgesehen natürlich vom Leben.
Mit dem Erlös aus diesem Benefizkonzert wolle man die Menschen direkt ansprechen, die Hilfe besonders nötig haben. „Wir werden explizit die Leute aussuchen, die keine Versicherung haben, die nicht mal mehr ein Bett haben“, leitet er die Begrüßung ein. Vor knapp zwei Wochen war die Idee zu diesem Spendenkonzert geboren worden. „Richtig aktiv werden konnten wir erst letzte Woche Donnerstag. Es ist schon toll, wie schnell die Bereitschaft da war“, blickt Korte auf die vielen freiwilligen Helfer aus Familie, Freundes- und Bekanntenkreis. Und auch die finanzielle Unterstützung war schnell klar. Frank Strohbücker stellte bereitwillig Gelände und Equipment, die MP Veranstaltungstechnik GmbH aus Dülmen die komplette Technik zur Verfügung, die Bäckerei Diepenbrock die Brötchen. Der Einkauf von Getränken und Bratwürsten konnte durch weitere Unternehmer und Privatpersonen aus dem Dorf gedeckt werden. Volle Kostendeckung also schon vor Konzertbeginn. Jeder umgesetzte Euro an diesem Abend ist also Reinerlös, und den Preis für die Gaumenfreuden bestimmen die Gäste selbst.
Ein besonderer Gruß von Görges geht an zwei Gäste aus der ersten Reihe. Bernd und Sascha Loos aus Hilchenbach im Siegerland. 170 Kilometer sind sie gefahren, um dabei zu sein. Vater und Sohn. Vor zwei Jahren war die Kölsche Cover Band bei ihnen zu Gast bei der „Kölschen Nacht“, erzählen sie. Es wurde ein Benefizabend, weil in der Woche zuvor beim Dorffest im benachbarten Freudenberg eine Pfannenkonstruktion explodiert war. Zwei Tote und vier Schwerverletzte waren die traurige Folge. Die fünf Everswinkeler KCB-Jungs überlegten nicht lange, öffneten ihre eigenen Geldbörsen und spendeten mit. Das – und natürlich ihre Musik – hat man nicht vergessen. Im November ist die KCB erneut dort auf der Bühne.


„So unter Corona-Bedingungen…. Ich bin mal gespannt. Das ist ja was ganz anderes vor sitzendem Publikum“, ist Keyboarder Hestermann neugierig auf die Resonanz am Mittwochabend. „Wir haben immer gesagt, wenn Corona vorbei ist, müssten wir eigentlich richtig was auf die Beine stellen. Das es nun dazu gekommen ist und man helfen kann, ist umso schöner“, freut sich Korte auf das zweite Benefizkonzert nach 2019, als man im Gasthof Arning für den Fonds „Familien in Not“ 2222 Euro erspielte. Das Gefühl der fünf kölschen Jungs jetzt? „Herrlich!“ „Geil!“ So fühlt wohl auch der größte Teil des Publikums.
„Hey Kölle – do ming Stadt am Rhing….“ Die erste Strophe ist noch nicht durch, da stehen die ersten Zuhörer schon mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Warmlaufphase? Braucht keiner. Der KCB-Motor läuft sofort auf Hochtouren, treibt mit zum Teil überarbeiteten Klassikern die Menge an. „Angelina, Angelinaaaa. Alles ändert sich, doch Du blievs wie Du bes“, schmachtet Sänger Christoph Görges förmlich ins Mikro, während bei „Echte Fründe“ dann wieder Gas gegeben wird. Auch Neues ist im Repertoire. „Tschingderassabum“ zum Beispiel. „Alle hüre Coldplay un U2. Baby bitte saach mir wat hürst Do? Uns Hätz schleiht Tsching Tsching Tsching Tsching Tschingderassabum. Ohohoh…“ Für die Nummer 1 reichts noch nicht an diesem Abend, der in zwei Sets aufgeteilt ist, aber der Song kommt an. Das Publikum klatscht, johlt – „gleich ist Karneval“, ruft Christian Korte seinen Band-Kollegen zu und treibt am Schlagzeug die Beats per minute noch etwas hoch.
Ja, Karneval…. Ist noch lang hin. Der Kalender der Band ist schon voller Termine, und die Band hofft, dass es so bleibt. Maximal 40 Auftritte sind machbar in einer Session, dann ist der Bart ab. Schon Ende September geht’s los. Im letzten Jahr war man erstmals in Porz und in Bergheim, dazu zweimal in den Niederlanden. „Es kommen viele Anfragen von weiter weg. Aber das scheitert dann meist daran, dass wir auch die Fahrzeit einrechnen müssen, und dann wird es gagentechnisch uninteressant“, bilanziert Korte. Und Everswinkel? „Wir sind auf jeden Fall in Everswinkel zu sehen““, verspricht er.
„Leev Marie“, „Viva Colonia“, „Et jitt kei Wood“, “Schenk mir Dein Herz“, „Kölsche Jung“ – es ist alles dabei an diesem Benefizabend. Quasi ein Best-of der Kölschen Cover Band. Plus Zugaben. „verdamp lang her“, „Drink doch eine mit“ und natürlich die „Superjeile Zick“. Ja, das war sie. Zwei Stunden lang. „Ist das geil. Endlich wieder live“, ist Drummer Korte geflasht. Freude pur bei Publikum und Band. Und etwas Freude wird es auch noch woanders geben. Dort, wo das Leid nach der Flut so groß ist. Rund 6500 Euro hat das Benefizkonzert am Ende erbracht.
>Möglich wurden das Benefiz-Konzert und am Ende der Erlös durch die Firmen Strohbücker, MP Veranstaltungstechnik, GTÜ Serries, RVG, Gerbermann, Schulze Tertilt, Roggenlandd, Kortmann, Uennigmann, Bäckerei Diepenbrock, Dohle sowie das Prinzenpaar Sudmann vom Kolping-Karneval.
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