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Zehn Jahre nach dem Sojamilch-Skandal

„Nachlässig gehandelt“

Tel Aviv/Everswinkel

Rund zehn Jahre ist es her, dass die Nachricht von drei toten und etlichen erkrankten israelischen Babys infolge fehlerhafter Sojamilch bekannt wurde und das Unternehmen Humana Milchunion erschütterte. Das Produkt Remedia Super Soya 1, das für den israelischen Partner Remedia hergestellt wurde, wies nach eingehenden Laboruntersuchungen einen völlig falsch berechneten Vitamin-B1-Gehalt auf. Jetzt ist in Israel ein Ernährungstechniker von Remedia wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden.

wn

Urteil gegen einen Ernährungstechniker in Israel zehn Jahre nach dem Sojamilch-Skandal. Foto: dpa

Drei israelische Kinder starben vor fast zehn Jahren wegen mangelhafter Babynahrung, die aus Deutschland importiert wurde. Ein schuldig gesprochener Ernährungstechniker des israelischen Unternehmens Remedia wurde jetzt am Donnerstag wegen fahrlässiger Tötung zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Ein Gericht in Petach Tikva entschied zudem, dass der ehemalige Firmenchef eine Strafe von umgerechnet rund 2000 Euro zahlen müsse. Das Unternehmen Humana – Vorläufer des DMK – hatte die Sojamilch für den israelischen Partner Remedia hergestellt (die WN berichteten seinerzeit).

Neben den drei Todesfällen waren 20 weitere Kleinkinder erkrankt, einige von ihnen schwer, nach der Fütterung mit Remedia-Babynahrung, die zu wenig Vitamin B1 enthielt. Humana habe damals einseitig entschieden, den Anteil von Vitamin B1 in der Sojamilch zu verringern; Remedia sei in diese Entscheidung nicht eingeweiht gewesen, hatte es in der Urteilsbegründung des israelischen Gerichts im Februar geheißen. Vitamin B1 (Thiamin) ist wichtig für den Energiestoffwechsel und das Nervensystem. DMK-Sprecher Hermann Cordes, erklärte Donnerstag: „Uns liegt noch kein Urteilsspruch vor und deswegen können wir auch keine Stellung beziehen.“ Die Richterin hatte den Schuldspruch im Februar damit begründet, der für die Qualitätskontrollen zuständige israelische Ernährungstechniker hätte wissen müssen, dass eine veränderte Zusammensetzung der Babynahrung keinen Zusatz von Vitamin B1 enthielt. Er habe nachlässig gehandelt und keine Überprüfung des Endprodukts angeordnet. Der Verurteilte will das Urteil anfechten.

Der Sojamilch-Skandal erschütterte seinerzeit Humana. Das Produkt Remedia Super Soya 1, das Remedia hergestellt wurde, wies nach eingehenden Laboruntersuchungen einen völlig falsch berechneten Vitamin-B1-Gehalt auf. Statt des deklarierten Wertes 385 Mikrogramm pro 100 Gramm Fertignahrung waren lediglich zwischen 29 und 37 Mikrogramm ermittelt worden – deutlich weniger als es auch der EU-Richtwert mit 120 Mikrogramm vorsah. Es drohten Schadensersatzklagen von einigen Hundert Millionen Euro. Mit einer gemeinsamen Vereinbarung zwischen Humana und Remedia wurde dann der Weg freigemacht für Entschädigungszahlungen an die betroffenen israelischen Kinder. Intern wurden bei Humana kurz nach Bekanntwerden des Falls Konsequenzen gezogen. So wurden der Leiters der Produktentwicklung und dessen Stellvertreter sowie der Qualitätsmanagement-Beauftragen und der Leiters des Analyselabors gekündigt. Ins ohnehin schon dichte Qualitätsmanagementsystem wurden zusätzliche Sicherungen eingebaut. „Es sind alle menschenmöglichen Konsequenzen gezogen worden“, bilanzierte der seinerzeitige Humana-Sprecher Hartwin Möhrle.

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