Treffen zum Tanz der Vampire
Bürgermeister stellt sich als Fürst der Finsternis den Möhnen entgegen
Everswinkel
Draußen krächzten zwei schwarze Rabenvögel bei ihrem Flug über den Magnusplatz. Der Himmel ist bereits aufgrund der Wolkenformation in ein gewisses Dämmerlicht getaucht. Es ist die passende Kulisse für dieses ganz besondere Aufeinandertreffen in der Außenstelle von Transsylvanien, die zur Tarnung „Rathaus“ genannt wird.
Drinnen macht sich Graf Krolock von Seidel bereit für die illustre Gesellschaft. In Erwartung einer willkommenen Blutauffrischung bittet der Fürst der Finsternis das Volk der streitbaren und angriffslustigen Möhnen zum Tanz. Zum Tanz der Vampire.
Der ewige Kampf zwischen Bürgermeister und Möhnen hatte zwei Jahre geruht. Zuletzt hatte sich Sebastian Seidel als Kapitän des Traumschiffs Everswinkel 2020 an der Verteidigung seines Territoriums versucht. Nun greift er zu härteren Mitteln. Der „Tanz der Vampire“ ist im Ursprung eine Horrorkomödie von Roman Polanski und kam 1967 ins Kino. 30 Jahre später erlebte die Musical-Fassung am Theater in Wien ihre Weltpremiere und wurde in vielen weiteren europäischen Ländern sowie den USA und Japan aufgeführt. Am Broadway wurde eine eigens inszenierte Neufassung mit nur 117 Vorstellungen zum größten Flop aller Zeiten. Die allerneuste Fassung in Everswinkel feiert dagegen eine rauschende Premiere.
Weniger in blutrünstiger als in ausgelassener Stimmung zieht das schwarze Weibervolk in die transsylvanische Außenstelle ein und stellt sich der Aufforderung zum Tanz. Bei heißen Rhythmen zum Abba-Medley lassen sie weniger die Zähne als vielmehr die Hüften kreisen. Aber sie beweisen auch Biss – verbal – und gehen durch die Obermöhnen Steffi Vorsthove und Heike Schüler den Grafen gleich frontal an.
Sebastian, wovon träumst Du bloß, hast Du wirklich geglaubt, Du wärst uns los? Doch wie Du siehst, es ist wahr, wir Möhnen, wir sind wieder da. Doch worüber sollen wir berichten, von Corona gibt es schon genug Geschichten. Hast Du überhaupt etwas gemacht, darüber haben wir lange nachgedacht.
Auch wenn Vampire eigentlich das Licht scheuen, beklagen sich die Möhnen über dunkle Wege vom Schul- und Sportzentrum nach Hause im Zuge des Energiesparens und über die ausblutende Geschäftswelt.
Was ist nur los in diesem Ort? Müssen wir bald zum Einkaufen fort. KIK, Landkaufhaus und Geschenkeladen, können wir bald nur noch im Vitus-Bad baden? Auch mit der Bären Apotheke ist es vorbei, jetzt stürmt jeder in die Sertürmer rein. Die langen Schlangen können wir sehen, wenn wir auf dem Magnusplatz stehen.
Die Konsequenz: Für Seidel und Co. gibt's den Zweitjob hinterm Tresen, und die Möhnen entschweben nach entsprechendem Trinkgenuss zum Shoppen nach Münster oder Warendorf. Eine Anregung, die der Vampir-Fürst mit dem Hinweis auf reichlich Arbeit in der Rathaus-Burg hinwegwischt. Erst Corona, dann Krieg.
Auf einmal hat Putin über Nacht Krieg über Osteuropa gebracht. Aus der Ukraine kamen viele dann in unserer schönen Gemeinde an. Leider hat der Krieg noch kein Ende, Doch hier gibt es so viele helfende Hände, Die für die Menschen nun sind da, Unterstützen und trösten – das ist wunderbar!
Das größte Arbeitsfeld sei natürlich die Ortsentwicklung für eine Gemeinde mit Zukunft.
Bebauungspläne für unsere Kerne, das macht auch unser Rat sehr gerne. Denn wir woll'n doch 'nen lebendigen Ort. Sonst ziehen uns die Leute fort. Vitusstraße, Kirchplatzmauer , wollen wir anpacken auf Dauer. Auch den Magnusplatz attraktivieren, schlicht ein ISEK realisieren. Ein Treffer wird aber nur dann der Schuss, wenn wirs denken auch aus einem Guss. Denn ein Ortskern mit viel Flair, gefällt doch allen Menschen sehr. Und die Geschäftswelt? Zwei neue Läden seien immerhin zu feiern. Doch um eine zweite Apotheke sollten sich doch wohl eher die Möhnen selbst kümmern. Vielleicht überzeugt Ihr einen aus Euren Reihen, Ihr habt doch 'nen Profi und keinen Laien. Ein rotbejackter – er war Elferratsmeister, Dr. Barthold Deiters heißt er. Stielt das doch heut' Abend ein, ich glaub', das fänden alle fein!
Letztendlich beißt sich Graf Krolock von Seidel die Zähne an seinen wildgewordenen Gästen aus und muss den Schlüssel zu seinem Gruselschloss herausrücken. Die schwarzen Möhnen tanzen jubilierend zu „Girls just wanna have fun“ von Cyndi Lauper aus dem Saal. Für den Grafen ist es ein Machtverlust nur auf Zeit. In wenigen Tagen, so ist aus gut informierten Vampir-Kreisen zu vernehmen, will er seiner temporären Gruft wieder entsteigen und die Macht zurückerobern. Dann, wenn die Dämmerung einsetzt und die Rabenvögel über der Rathaus-Burg kreisen.
Das Musical „Tanz der Vampire“ läuft übrigens seit diesem Mittwoch bis September in Stuttgart. Allerdings ohne Vampir Seidel. Der muss sich weiter in Everswinkel „durchbeißen“.

