Trassenplanungen von Amprion für Frei- und Bodenleitung
Vitus-Gemeinde unter Strom
Everswinkel
Wenn die Amprion GmbH als einer der vier Übertragungsnetzbetreiber am Stromnetz der Zukunft strickt, dann betreffen die Planungen auch das Gemeindegebiet. Zwei Leitungsvorhaben werden es auf dem Weg von Norden nach Süden durchschneiden. Das ist schon sicher.
Die politisch erklärte Energiewende stellt große Herausforderungen an die Energieinfrastruktur. Der in Norddeutschland durch Windenergieanlagen produzierte und wachsende Stromanteil muss transportiert und verteilt werden. Der Um- und Ausbau des Stromnetzes, den Amprion zu verantworten hat, umfasst nach Unternehmensangaben ein Investitionsvolumen von über zwölf Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren.
Drei Amprion-Vertreter zeigten jüngst auf Einladung der Gemeindeverwaltung den Mitgliedern des Planungsausschusses die Projektplanungen auf, die sich derzeit in einem vorentscheidenden Stadium befinden. Das privat geführte Unternehmen Amprion mit Sitz in Dortmund betreibt bereits ein Stromnetz mit einer Gesamtlänge von rund 11.000 Kilometern, das sich über sieben westliche Bundesländer erstreckt und etwa 29 Millionen Menschen umfasst. „Das ist in etwa das Autobahnnetz, das wir haben“, machte Projektsprecher Michael Weber deutlich.
Tobias Schmidt, Teilprojektsprecher "Korridor B"
Etwa 5500 Kilometer Netz werden ausgebaut auf zwei Ebenen: Gleichstrom für längere Strecken, Wechselstrom für kleinere Verteilnetze. Die Gleichstrom-Verbindung „Korridor B“ sei laut Amprion „eine Hauptschlagader der Energiewende“. Es gelte „eine Brücke zu schlagen zwischen Nordsee und Ruhrgebiet. Demnächst wird die Nordsee unser größtes Energiefeld sein mit Windanlagen“, unterstrich Tobias Schmidt, Projektsprecher für "Korridor B", eine neue Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung mit den Leitungsbau-Elementen 48 (Heide-Polsum/Marl mit 440 Kilometern Länge) sowie 49 (Wilhelmshaven-Hamm mit 270 Kilometern Länge) und eines der größeren Kaliber. „Den Kohleausstieg zu ermöglichen, darum geht es.“ Für die Leitung werden 1000 Meter breite Korridore ermittelt und für die Planung festgelegt, um daraus die genaue Trasse zu entwickeln. Zuständig fürs Genehmigungsverfahren ist die Bundesnetzagentur.
Die Vorschlagstrasse – die Siedlungs- und Naturschutzgebiet sowie Wälder umgeht - verläuft zwischen Everswinkel und Alverskirchen. Bei der Gleichstromtrasse handelt es sich um Erdkabel, für die ein 1,80 Meter tiefer Graben ausgehoben wird. Dazu werden Kunststoff-Leerrohre mit einem Durchmesser von 25 bis 30 Zentimeter in den Boden gelegt und später abschnittsweise Kupferkabel eingezogen. Vorgesehen sind zwei Gräben – einer für eine zweiadrige Leitung, einer für eine dreiadrige, um flexibel für die Technik zu sein, die später genutzt wird. Später bedeutet eine Inbetriebnahme Anfang der 2030er-Jahre. Die Bauphase soll 2027 beginnen und wird voraussichtlich fünf Jahre in Anspruch nehmen. Oberirdisch wird im Bereich der Kabeltrasse ein 30 Meter breiter Schutzstreifen ausgewiesen, auf dem zwar Landwirtschaft möglich sei, aber keine Bebauung, so Schmidt, der auch etwas zum Thema Entschädigungen sagte. So werde die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen und dafür eine einmalige Entschädigung gezahlt. Was die Beschwernisse während der Bauphase und danach angehe, bis sich der Boden erholt habe, „da unterstützen wir nach Aufwand“.
Dauerhaft sichtbares Projekt mit der Vorhaben-Nummer 89 ist die Leitungsverbindung zwischen der Umspann-Anlage in Westerkappeln und dem Kraftwerk Gersteinwerk im Werner Stadtteil Stockum an der Lippe, die im Bundesbedarfsplan festgeschrieben ist. Damit sei die Diskussion über den Sinn nicht mehr zu führen, sondern nur noch darüber, wo es langgeht, stellte Weber fest. Die 380-kV-Höchstspannungsleitung über 80 Kilometer wird als Freileitung gebaut. Das heißt, je nach Lage sind es Masten mit einer Höhe zwischen 45 und 85 Metern mit sechs Leiterseilen und einer Spannfeld-Länge (sprich einem Abstand zwischen den Masten) von 250 bis 450 Metern. Die Schutzstreifenbreite unter den Leitungen liegt bei 25 bis 45 Metern.
Frank Gisder, Projektleiter Genehmigungen Leitungsbau bei Amprion
„Wir sind jetzt in der Vorbereitung für das Raumordnungsverfahren“, zeigte Frank Gisder, Projektleiter Genehmigungen Leitungsbau bei Amprion, auf. Dann werde ein etwa 1000 Meter breiter Korridor vorgeschlagen. Bis konkret feststehe, wo eine Leitung verlaufe und wo ein Mast stehe, vergehe noch etwas Zeit. „Korridore ergeben sich durch Raumwiderstände“, sprich Siedlungen, Höfe, Wälder. „Verschiedene Szenarien“ seien durchgespielt worden. „Wir sind noch nicht in die Bewertung der einzelnen Segmente eingestiegen.“ Es liegen einzelne Korridor-Varianten mit verschiedenen Verläufen vor, doch die Gemeinde wird mit Sicherheit tangiert – entweder östlich von Everswinkel, zwischen den Ortsteilen oder westlich von Alverskirchen.
2024 sollen die Unterlagen soweit fertig sein, um im dritten Quartal den Antrag fürs Raumordnungsverfahren zu stellen. Ab 2026 könnte das Planfeststellungsverfahren laufen, „dafür haben wir vier Jahre eingeräumt“, sagte Gisder. Der Beginn der Bauphase werde für 2029 angepeilt, die geplante Inbetriebnahme der Leitung für 2033.
Startseite