HdG-Leiter Thomas Wetterkamp verlässt nach 27 Jahren Everswinkel
Vom HoT zum Leuchtturm-Projekt
Everswinkel
Der sprichwörtliche Koffer ist längst gepackt, der Schreibtisch leergeräumt. Die letzten Tage im März sind Resturlaub. Etliche Wege zu Gruppen, Vereinen und Ehrenamtlichen sowie zu den Mitarbeitenden in der Gemeindeverwaltung hat er absolviert. Abschiedsrunde für Thomas Wetterkamp. 27 Jahre lang hat er als hauptamtlicher Leiter des Jugendzentrums (HoT) und dann des Hauses der Generationen (HdG) Akzente gesetzt und die Einrichtung zusammen mit Hilke Sandner, zweite hauptamtliche Kraft, mit Leben erfüllt. Jetzt ist Schluss.
Wetterkamp zieht es noch einmal zu einer neuen beruflichen Herausforderung. In eine größere Stadt, in eine größere Aufgabe. Im Gespräch mit den Westfälischen Nachrichten blickt Thomas Wetterkamp auf seinen Anfang damals in Everswinkel, auf die Entwicklung des Hauses und auf besondere Momente zurück.
Erinnern Sie sich noch an ihren ersten Arbeitstag im HoT Everswinkel? Was haben Sie gemacht?
Thomas Wetterkamp: Ja, das tue ich. Am 1. April 1995 bin ich erst ins Personalamt gegangen und habe dort die nötigen Formulare unterschrieben. Frau Pottebaum, damals Amtsleiterin Personal, wünschte mir einen guten Start, danach war ich bei Herrn Kipp, damals Amtsleiter Soziales, mit dem ich noch ein kurzes Gespräch geführt habe. Dann bin ich rüber in die Einrichtung, Frau Brocks erklärte mir einige Dinge, ich habe dann meine mitgebrachten Stullen im ,Offenen Treff' gegessen, und relativ schnell stellten sich mir einige Jugendliche – mittlerweile alles gestandene Familienmenschen - vor und fragten mich Löcher in den Bauch. Und hier eine kleine Beobachtung: Viele Kinder und Jugendliche von ,damals' leben weiterhin in der Gemeinde. Einige von ihnen melden dann wieder ihre Kinder zu Aktionen des HdG an.
Wie kam es überhaupt zu Ihrem Wechsel nach Everswinkel damals?
Wetterkamp: Nach meinem Anerkennungsjahr suchte ich eine feste Stelle und wurde von der damaligen Kollegin aus Ostbevern, auf die ausgeschriebene Stelle in Everswinkel aufmerksam gemacht. Nach einem Besuch im Haus war mir relativ schnell klar, hier möchte ich anfangen, vorausgesetzt einer Zusage. Ich selber komme aus Polsum, einem kleinen Stadtteil der Stadt Marl, das damalige HoT erinnerte mich sehr an das ,KOlpe', welches ich in meiner Kindheit und Jugend fast täglich besuchte.
Das HoT Everswinkel ist 1977 eröffnet worden und war das erste seiner Art im Kreis Warendorf. War die Einrichtung für Sie da schon ein Begriff?
Wetterkamp: Ich muss ehrlich gestehen, nein, auch Everswinkel war mir kein Begriff, allerdings durfte ich ja in meiner Zeit hier das unglaubliche Engagement der Bürgerschaft, egal welchen Alters, Geschlechts und Herkunft, erfahren. Ohne dieses Engagement laufen die Einrichtung und der Ort nicht.
Angefangen haben Sie in einem Haus für die Jugend seinerzeit. Mit welchen eigenen Zielsetzungen sind Sie an die neue Aufgabe herangegangen?
Wetterkamp: Ich wollte mir erst einmal den ,Ist-Zustand' anschauen, um dann mit den beiden hauptamtlichen Kolleginnen (Frau Brocks und Frau Sandner) neue Ideen anzugehen. Sicherlich war ein gut organisiertes Ferienprogramm eine der ersten Ideen, ein lesbarer Jahresbericht war für mich ebenfalls wichtig, welcher der Politik vorgestellt werden sollte. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen war mir von Anfang an wichtig gemäß dem Motto, ,nicht nur immer was fordern, sondern aktiv mitmachen, um Ideen zu verwirklichen'.
Konnten Sie alle verwirklichen?
Wetterkamp: Was die Zeit der Einrichtung als HoT angeht, würde ich sagen Ja.
Was war für Sie das Besondere an der Arbeit im HoT Everswinkel?
Wetterkamp: Die Personen – Kinder und Jugendliche - die das damalige HoT besucht haben, waren so facettenreich wie die Musik Mitte der 90er Jahre: Vom Fan von DJ Westbam bis zu getragenen T-Shirts der Rockband Metallica war alles dabei. Somit gestaltete sich der Alltag bunt und vielfältig. Jeder Tag war anders, kannte eine andere Herausforderung. Ein großes Kompliment muss ich hier noch loswerden: Man wurde als Leitung akzeptiert, auch wenn man nicht immer einer Meinung war.
Waren Sie bei der Jugend Everswinkels schnell akzeptiert oder dauerte das einige Zeit?
Wetterkamp: Das hat eine Weile gedauert, ich würde sagen, so circa ein Dreivierteljahr. Ungefähr zu dieser Zeit sagte mir ein Jugendlicher, dass er meinen ,pädagogischen Arbeitsstil' gut finde. Ich wirke auf ihn bestimmend, aber auf Augenhöhe.
Mit Hilke Sandner haben Sie ein Leitungs-Tandem gebildet. Wie war da die Aufgabenverteilung?
Wetterkamp: Viel lief anfangs gemeinsam, es gab ja fast nur den Bereich ,offene Kinder- und Jugendarbeit'. Mit der Zeit teilten wir uns die Bereiche Freiwillige Ganztagsschule Everswinkel, Koordinierung des Freiwilligen-Engagements, Projektanträge, Flüchtlingsinitiative, Frühe Hilfen, Weihnachtsmarkt, usw. Jeder von uns hat seine Stärken in bestimmten Bereichen, und so haben wir die Aufgaben und Inhalte aufgeteilt.
Haben Sie besondere Momente oder Aktionen aus der HoT-Geschichte vor Augen?
Wetterkamp: Natürlich. Einerseits Momente: Der jetzige Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Einrichtung mal besucht. Und der Jubel am Telefon vom damaligen Amtsleiter Thomas Stohldreier, als die Zusage seitens des Landes kam bezüglich der Förderung ,Soziale Integration im Quartier'. Ein nicht so schöner Moment war am 13. März 2020, als der damalige Amtsleiter anrief und mir sagte, wir müssten wegen der Pandemie schließen. Andererseits Aktionen: Die zwei Musical-Galas, und der Musikexpress war schon der Knaller. Ferner die Jubiläumsveranstaltungen und die jährlichen Fahrten zum Ketteler Hof nach Haltern.
Schon vor vielen Jahren ist die Flüchtlingsbetreuung für Sie als Aufgabe hinzugekommen. Wie beurteilen Sie diesen Teil Ihrer Arbeit rückblickend?
Wetterkamp: Ja, 2015 standen wir im Ort schon vor einer großen Herausforderung. Das zeitweise grandiose Zusammenspiel zwischen Hauptamtlichen und Freiwilligen ist schon einmalig, und das meine ich auch so. Ohne dieses Zusammenspiel hätte die Gemeinde die Integration der Geflüchteten nicht meistern können. Mein Credo war immer: Das Hauptamt steht für Beständigkeit, das Engagement der Freiwilligen für die Kreativität. Das Haus und der Ort stehen mit vielen Angeboten und Hilfeleistungen für eine möglichst ,individuelle Integration'. Ein Geflüchteter sagte mir mal 2017: ,Thomas, ich war vorher in Hamburg, ein tolle Stadt mit vielen interessanten Dingen, aber hier, in Everswinkel, fühle ich mich fast wie zu Hause'.
Aus dem HoT wurde das HdG – ein Haus für verschiedene Alters- und Nutzergruppen. War das die richtige und konsequente Weiterentwicklung?
Wetterkamp: Ja, das war und ist sie! Zwar laufen in der Kommune Planungen für eine weitere Kindertagesstätte, doch wie Ihre Zeitung vor geraumer Zeit berichtete, ,knackt Everswinkel demnächst die 9000-Einwohnermarke überhaupt noch?' Die Veränderungen in der Alterspyramide machen auch in einem Ort wie Everswinkel nicht halt. Man bedenke, dass in einem Jahrzehnt die große Gruppe der ,Baby-Boomer' in den Rentenmarkt dringen wird. Diese Altersgruppe ist dann aber nicht ,alt', sondern will sich engagieren, auch ohne einem Verein beizutreten, will sich treffen. Hier ist es wichtig, dass eine Kommune gut aufgestellt ist, Ansprechpartner hat, Räume, Angebote und so weiter.
Welchen Stellenwert hat das HdG innerhalb der Gemeinde heute aus Ihrer Sicht?
Wetterkamp: Meines Erachtens ist das Haus ein wichtiger Standortfaktor für die Kommune. Hier stehen die Türen offen, und man kann sich einbringen oder einfach nur teilnehmen. Gerade die Nutzung durch andere Institutionen und Vereine, Verbände bringt das Haus den Bürgern des Ortes näher. Es hat sich zu einem Leuchtturmprojekt entwickelt. Der Bundesintegrationspreis unter anderem hat dies meines Erachtens nochmals bestätigt.
Warum wollen Sie jetzt zum Monatsende Everswinkel verlassen? Was werden Sie machen?
Wetterkamp: Ich habe mich nach 27 Jahren bei der Gemeindeverwaltung Everswinkel entschlossen, einen Perspektivwechsel zu vollziehen, um in das Jugendamt der Stadt Osnabrück als Teamleiter der Kindertagespflege zu wechseln. Dies hat nichts damit zu tun, dass es hier keinen Spaß mehr macht, die Ausrichtung des Hauses ist die richtige.
An was werden Sie sich immer gern erinnern, wenn Sie an Ihre Zeit in Everswinkel zurückdenken?
Wetterkamp: Dass kein Tag wie der andere war. Das hält jung und motiviert, auch wenn es mal schwierig war.
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