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Autofahrer sollten umsichtig fahren

Neun Rehunfälle in einer Nacht

Kreis Warendorf

Es ist ein Albtraum für jeden Autofahrer. Unvermittelt springt aus dem Dickicht ein Reh auf die Straße. In der Brunftzeit passiert das derzeit sehr häufig. Unfälle nehmen zu. Gerade auch im Kreis Warendorf. Polizei und Jäger mahnen die Autofahrer zur Vorsicht.

Von Peter Sauer

In der Brunftzeit mehren sich die Verkehrsunfälle mit liebeshungrigem Rehwild. Foto: dpa

Blind vor Liebe zur sein – das kennen nicht nur bis über beide Ohren verknallte Zweibeiner. Das Rehwild befindet sich derzeit in der Paarungszeit (Blattzeit) und achtet weder auf Rechts noch auf Links.

Hohe Unfallzahl für nur eine Nacht

Die von Autofahrern oft unterschätze Gefahr: Das Rehwild rennt blind vor Liebe auf die Straße, weil sie im der Brunftzeit gerne das Revier wechselt. Besonders in der Morgen- und Abenddämmerung.

Die Folge: Rehunfälle mit Autos häufen sich derzeit. Aktueller Spitzenwert: Zwischen Montagabend 21 Uhr und Dienstagmorgen 7 Uhr gab es kreisweit neun Verkehrsunfälle mit Wildbeteiligung. Ein Reh verendete durch den Zusammenstoß mit einem Auto beispielsweise auf der B 475 zwischen Warendorf und Westkirchen.

Zu spät: Wer einen Wildunfall nicht verhindern konnte, sollte als erstes die Unfallstelle absichern und dann die Polizei informieren Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Die Zahl für nur eine Nacht ist für Ulrich Floren (Leiter des Hegering Warendorf, Freckenhorst, Hoetmar) zwar sehr hoch, aber nicht außergewöhnlich: „Böcke und Ricken sind viel unterwegs, jeder Revierpächter hat das im Blick. Autofahrer, Rollerfahrer und Fahrradfahrer in Waldgebieten sollten sehr vorsichtig unterwegs sein und umsichtiger als sonst fahren.“ Denn die deutlich wilder als sonst umherlaufenden Tiere nehmen keine Rücksicht davor, ob jetzt eine geteerte Straße ihr Liebestreiben streift.

Denn die Liebesjagd folgt stets dem gleichen Schema: Nähert sich ein Rehbock ab Dämmerungsbeginn einer paarungsbereiten Ricke, so beginnt diese vor dem Bock scheinbar davonzulaufen.

Der Bock folgt der Ricke in immer enger werdenden Kreisen über mehrere Kilometer und Stunden, bis es schließlich zur Paarung kommt. Der sogenannte Beschlag dauert dann nur ein paar Sekunden. Das Wo und Wann interessiert die Tiere nicht, es könnte auch in der Nähe einer Straße sein. In den Morgenstunden suchen die Tiere wieder ihre Einstände (Rückzugsfläche) auf.

Deutliche Zunahme

Leonie Lagrange, stellvertretende Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde Warendorf, nennt auf Nachfrage konkrete Zahlen: Gab es 2015 noch rund 1160 Wildunfälle im Kreis, so stiegen die Zahlen bis 2019 auf rund 1900 Unfälle. „Im Coronajahr 2020 waren es mit rund 1760 weniger Unfälle, vermutlich waren wegen des Lockdown auch weniger Autofahrer unterwegs, gerade abends und nachts.“

Aktuell steigen die Zahlen der Wildunfälle. „Vom 1. Januar bis zum 3. August haben wir rund 1300 Wildunfälle gezählt“, sagt Leonie Lagrange. Es gibt aber keine regionalen Unfallschwerpunkte im Kreis. „Natürlich passieren die Wildunfälle mehr auf Straßen außerhalb der Städte, aber das Unfallgeschehen ist kreisweit verteilt.“

Die Polizei warnt: „Achtung Rehwild! Bitte umsichtig fahren! Foto: Patrick Pleul/dpa

Ein weiteres Problem kennt auch Dirk Clissa von der Unteren Jagdbehörde: “Die Rehwildpopulation nimmt jedes Jahr um 100 Prozent zu. Im Coronajahr 2020 wuchsen die Tierbestände noch mehr an, da lange Zeit eine Bejagung der Tiere nicht möglich war.“

Dirk Clissa rät dazu, besonders dort, wo die Wildwechsel-Verkehrsschilder stehen, als Autofahrer sehr besonnen zu fahren. „Die Schilder stehen da nicht ohne Grund. Das Rehwild nimmt in diesen Bereichen schon seit Generationen seine Wege und nimmt keine Rücksicht auf Straßen und Menschen. Die Autofahrer können jedoch Rücksicht nehmen.“

Rehwild kann 60 Kilo und mehr wiegen

Da Verkehrsunfälle mit dem kiloschweren Rehwild nicht selten gefährlich ausgehen können, empfiehlt die Polizei den Autofahrern besonders präventiv zu fahren: „Schauen Sie so oft wie möglich nach rechts und links und drosseln sie ihr Tempo“, rät Leonie Lagrange. Gerade auch bei erschwerten Lichtverhältnissen.

Sollte es dennoch zu einem Zusammentreffen mit Wildtieren kommen, muss umgehend die Polizei informiert werden. Besonders dann, wenn unklar ist, wie es dem Tier geht oder ob es die Flucht ergriffen hat.

Tipps auch für Fußgänger

Während im Winter Streusalzreste die Tiere anlocken, können es im Sommer übrigens auch die vermehrt angelegten Blühstreifen sowie Felder und Gebüsche sein. Auch hier gilt es vorsichtig zu fahren.

Waldspaziergänger sollten in der Brunftzeit die Wege auf keinen Fall verlassen und – auch wichtig – ihre Hunde an der Leine führen, um das ohnehin etwas umtriebige Wild nicht noch zusätzlich aufzuscheuchen.

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