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Flüchtlingskinder an den Schulen

Herausforderung Deutsch

Sassenberg

Die jüngste Flüchtlingswelle hat auch nach Sassenberg und Füchtorf viele Kinder gespült. Das Problem: Die Kinder sind vom ersten Tag an schulpflichtig – haben aber in den seltensten Fällen Deutschkenntnisse. Die WN fragten nach, wie die Schulen damit umgehen.

Ulrike Brevern

Freude am Lernen: Die Syrerin Nour Al Ein besucht seit wenigen Wochen die vierte Klasse. Karin Hutsteiner hilft ihr bei den Hausaufgaben. Foto: von Brevern

Nour Al Ein kommt strahlend über den Pausenhof gelaufen. Die Viertklässlerin verabschiedet sich schnell von einer Schulkameradin und hüpft dann fröhlich voraus auf dem Weg zur Schulbibliothek. Karin Hutsteiner nickt der Ganztagsbetreuerin auf dem Schulhof kurz zu und folgt ihrer quirligen Schülerin. Man kennt sich. Seit zwei Wochen hilft die ehrenamtliche Begleiterin ihrem syrischen Schützling in der Johannesschule regelmäßig bei den Hausaufgaben.

Seit die jüngste Flüchtlingswelle auch Familien nach Sassenberg spült, sind Kindergärten und Schulen vor neue Herausforderungen gestellt. „Es kommen Kinder ohne jegliche Deutschkenntnisse, die jedoch vom ersten Tag an schulpflichtig sind“, erläutert die amtierende Direktorin der Johannesschule, Meike Warnke.

Dabei machen die Pädagogen derzeit überwiegend positive Erfahrungen. Zum Beispiel die Kita Zauberland: Sie hat Geschwister aus dem Wohnheim am Poggenbrook aufgenommen. „Die Kinder sind sehr gerne bei uns in der Einrichtung“, erzählt Kindergartenleiterin Dorothee Borchers, „und die Eltern sind sehr bemüht.“ Schon nach kurzer Zeit verabschiedeten sich alle ganz natürlich mit „Tschüss, bis morgen!“ – auf Deutsch.

Allerdings habe man auch Erfahrung mit Sprachproblemen von Eltern und Kindern, gibt Borchers zu bedenken und nennt die Stichworte „Multikulti-Familien“ und „interkulturelle Öffnung“. Das sieht Marlies Borisch, Schulleiterin der Emanuel-von-Ketteler-Grundschule in Füchtorf ähnlich. Derzeit sind in Füchtorf zwei albanische Flüchtlingskinder untergekommen. Bei ihnen klappe sogar die Verständigung auf Englisch ganz gut, lobt Borisch, und der Umgang mit den Mitschülern erleichtere das Deutschlernen.

In der Vergangenheit konnte Borisch auf einen so genannten „Sprachhelfer“ zurückgreifen, der über das Kommunale Integrationszentrum des Kreises finanziert wurde. Sprachhelfer stammen aus dem jeweiligen Ort, erläutert Projektleiterin Claudia Peter-Weidemann. Statt auf pädagogische Vorbildung setze das Programm auf die Freude daran, Kinder aus verschiedenen Ländern in einer kleinen Gruppe gezielt beim ersten Spracherwerb zu unterstützen.

Durch die gestiegene Zahl an Flüchtlingskindern muss die Projektleiterin mit ihren Mitteln inzwischen allerdings haushalten. Deshalb wird Füchtorf zunächst keinen Sprachhelfer bekommen, wohl aber die Johannesschule. Mit sechs Kindern betreut sie die meisten Flüchtlingskinder in Sassenberg.

Schulleiterin Warnke freut sich über die Zusage, die kurz vor den Herbstferien kam, und sucht nun nach einer Person, die den Unterricht so bald als möglich an sechs Stunden in der Woche, möglichst am Vormittag, übernimmt. Interessierte können sich bei der Johannesschule ( ✆  94 00 59) oder besser schon während der Ferien bei der Stadt Sassenberg, Depenwisch, melden ( ✆ 3 09-30 31).

Bis vor kurzem hatte sich eine Praktikantin ehrenamtlich und sehr erfolgreich um den täglichen Sprachunterricht gekümmert, erzählt Schulleiterin Warnke. Eine große Hilfe seien zudem ehrenamtliche Familienbetreuer der Flüchtlingshilfe wie Frau Hutsteiner. Sie helfen den Flüchtlingsfamilien bei der Schulanmeldung, erklären die vielen, für einheimische Eltern oft selbstverständlichen Eigenheiten des deutschen Schulalltags und entlasten so die Lehrer. Langjährige Lehrerinnen gäben zudem ihre Erfahrungen weiter, die sie mit Kindern von Übersiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion und später mit Flüchtlingen aus dem Kosovokrieg gesammelt hätten.

Die Flüchtlingskinder lernen was die Sprache angeht „unglaublich viel, unglaublich schnell“, sagt Warnke.

Von einem viel größeren Problem sind Sassenbergs Pädagogen derzeit noch verschont: Stark traumatisierte Flüchtlingskinder kamen bislang noch nicht. Nur bei einem Kind bestehe der Verdacht, formuliert Warnke sehr vorsichtig, es könne sich „möglicherweise nicht seinem eigentlichen Naturell entsprechend“ benehmen.

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