Restauratoren arbeiten vielschichtig
Leidenschaft für Spuren der Zeit
Füchtorf
Jungen Menschen sind viele dieser Berufe nicht mehr bekannt. In einer Sonderschau während des Gartenfestivals „Frühlingstraum“ wurden verschiedene Restauratoren vorgestellt. Sie gaben interessante Einblicke in ihre Arbeit.
„Viele glauben, die Restauratoren, die kratzen doch nur an den Wänden, die sind echt zu bedauern“, lacht Eva Möllmann, seit vielen Jahren verantwortliche Restauratorin für die Wandgemälde in Haus Harkotten bei ihrer Führung, und sieht dabei so gar nicht bedauernswert aus. „Wir haben hier ein Marmorzimmer von ganz großer Bedeutung gefunden“, sagt sie stolz über die Eingangshalle des Herrenhauses und beschreibt die vielschichtige, detektivisch anmutende Kleinstarbeit die zu diesem Fund geführt hat.
Dass restauratorische Berufe entweder verkannt oder gänzlich unbekannt sind, besonders bei jungen Menschen, zu dieser Erkenntnis war auch Hausherrin Myriam Freifrau von Korff gekommen und hatte das Thema daher zum Gegenstand einer Sonderschau im Rahmen des Gartenfestivals „Frühlingsträume“ gemacht. Wer mit den verschiedenen Restauratoren ins Gespräch kam, bemerkte vor allem eins: Es ist ein Berufsfeld, das von Leidenschaft bestimmt ist, vielschichtig und mit einer Dienstleistung, die immer häufiger nachgefragt wird. Geschützt ist die Bezeichnung „Restaurator“ allerdings nicht. Zuverlässige Qualifikationen sind im Handwerk oder durch Studium zu erwerben.
„Man braucht die richtigen Leute dafür“, sagt Zimmerermeister Heinz Rieping aus Rinkerode, der unter anderem die Eichenbalken unter dem historischen Fußboden in Haus Harkotten erneuert hat. „Sie müssen Spaß an solchen alten Kanthölzern haben“, schmunzelt der staatlich anerkannte Restaurator im Handwerk und weist auf einen mächtigen Dachbalken. Herz und Verstand brauchten die betreffenden Mitarbeiter, dürften allerdings auch schwere Arbeit nicht scheuen. Um die langen Balken unter dem Boden weg zu ziehen, kam kein Kran zur Hilfe, wie er auf modernen Baustellen heute üblich ist.
Mit ganz viel Geduld und Fingerspitzengefühl hingegen ist Barbara Freifrau von Hövel aus Havixbeck unterwegs. Sie restauriert Gemälde und hat ihre Profession wie lange üblich durch jahrelange Praktika erlernt. „Das Alte bewahren und das Alte erfahrbar machen“, formuliert sie das doppelte Zielsetzung ihrer Arbeit. Neu-Machen kommt für sie als qualifizierte Restauratorin dagegen nicht in Frage. Die Spuren der Zeit und der Geschichte von einem Objekt zu entfernen, würde für sie bedeuten, „ein banales Objekt daraus zu machen“.
Sorgsam trägt sie nur ab, was nötig ist, um Werke wieder „zum Strahlen“ zu bringen, schließt Risse, gibt Leinwänden durch Restaurierung der Rahmen Halt. Zu den umfangreichen Vorarbeiten gehört ein vertrauter Umgang mit Physik und Chemie. Ehe sie trüb gewordenen Firniss von einem Gemälde abträgt, führt sie gut dokumentierte Lösemittelversuche durch: jede Chemikalie auf einer mikroskopisch kleinen Stelle.
Genauso vorsichtig geht Birgit Engel-Bangen zur Sache, wenn sie Möbel ähnlich den wertvollen Bartscher-Möbeln in Haus Harkotten restauriert. Die Tischlerin aus Havixbeck hat in über sechs Jahren Praktika ihre Fähigkeiten zur Restauratorin verfeinert. „So viel Original wie möglich erhalten“ ist ihr Credo. Nicht nur Hölzer und Furniere kommen ihr dabei unter die Finger, sie muss eine breite Materialvielfalt von Schildpatt bis Metall beherrschen.
Üblich ist der Weg „Learning by doing“, wie sie ihn beschritten hat, heute nicht mehr, sagt Freifrau von Hövel: „Möglich vielleicht, aber nicht empfehlenswert“. Die mittlerweile entstandene Hochschulausbildung sei Restauratoren dringend anzuraten. Zu solchen Hochschulabsolventen gehören Nicole Paul mit Schwerpunkt Gemälde und Skulpturen und Sibylle Troost mit dem Schwerpunkt Möbel und Holzobjekte Beide haben ihre eigenen Werkstätten in Telgte, arbeiten zudem aber auch mit Uhrmachermeister Reinhold Flüthe, wieder ein leidenschaftlicher Handwerker, als „Die Restauratoren“ bei der Instandsetzung von Uhren zusammen. „Eine schöne Nische, in der wir auf einander angewiesen sind“, sagt Paul.
Noch dazu eine, die seines Wissens nach einmalig ist in Deutschland ergänzt Flüthe, Manches sei allein aber gar nicht zu stemmen, gibt er zu und weist als Beispiel auf eine „Bilderuhr“, bei der das Zifferblatt in ein großformatiges Ölgemälde eingebettet ist. Für die antike Tischuhr aus Haus Harkotten, die neben einem einfachen Uhrwerk auch ein aufwendiges Kalendarium aus Papier aufweist, braucht er zusätzlich noch die Unterstützung eines Papierfachmanns, wie des Buchbinders und -restauratoren Gerit Depping aus Münster. Die Gespräche kamen bei der Ausstellung in Harkotten schnell in Gang.
„Ich hatte noch nie zweimal das gleiche Stück“, freut sich Sybille Troost über die Vielfalt der Aufträge in ihrer Werkstatt. Dabei sind handwerkliche Fähigkeiten auch für studierte Restauratoren wichtig, betont sie und blickt skeptisch auf das eine Jahr Vorpraktikum, das heute weitgehend üblich sei. Bei Kollegin Paul waren es noch vier Jahre: „Das macht die Ausbildung dann allerdings wirklich lang“, gibt diese zu bedenken.
Aufhören zu lernen könne man als Restaurator allerdings ohnehin nie, streicht Diplom-Gemälde-Restauratorin Brigitte Hartmann heraus, die wie Eva Möllmann im Haus Harkotten restauriert. Sowohl naturwissenschaftliche Fähigkeiten wie künstlerisches Talent setzt sie auf die Liste der Berufsvoraussetzungen, genauso wie die Bereitschaft, die eigenen Kenntnisse durch Austausch mit anderen immer weiter zu verfeinern. Künstlerischer Drang gehöre dagegen keinesfalls dazu. „Wir müssen uns zurücknehmen gegenüber dem Künstler, nur der ist wichtig.“ Genauso wie die Vergangenheit und die Zukunft. Denn Restauratoren, so betont sie, arbeiten dafür, dass ihr Werk mindestens so lange Bestand hat, wie das Original zuvor.
Startseite