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Verfahren wegen Online-Betrugs

Vertrauen von Geflüchteten missbraucht

Sassenberg

Wegen gewerbsmäßigen Betrugs mussten sich zwei Männer vor dem Amtsgericht Warendorf verantworten. Schnell stellte sich heraus: Sie waren nicht die eigentlichen Täter, sondern wurden als Opfer einer perfiden Masche von Flüchtlingshelfern zu Gehilfen.

Von Christopher Irmler

Zwei Männer mussten sich vor dem Amtsgericht wegen gewerbsmäßigen Betrugs verantworten. Foto: dpa

Ein 36-Jähriger soll demnach im Juli 2018 Waren auf einer Online-Plattform zum Kauf angeboten, das Geld erhalten, aber niemals vorgehabt haben, die Artikel auch tatsächlich zu versenden. So gingen auf seinem Konto innerhalb weniger Tage dreistellige Beträge unter anderem für ein Amateurfunkgerät, eine Handkreissäge oder ein Tenorhorn ein. Ferner warf ihm die Staatsanwaltschaft eine uneidliche Falschaussage im Rahmen einer anderen Verhandlung vor.

Ein 29-jähriger Mitangeklagter musste sich seinerseits für gewerbsmäßigen Betrug in 16 Fällen verantworten. In Summe gingen für zum Kauf angebotene Märklin-Eisenbahnen, Ferngläser, Receiver oder Plattenspieler insgesamt 5740 Euro auf seinem Konto ein.

Hilfe bei Behördengängen

Recht schnell stellte sich allerdings heraus, dass es sich bei den Angeklagten nicht um die Täter, sondern um Gehilfen handelte. Ihren Schilderungen nach waren sie nicht die einzigen, die auf eine perfide Masche hereinfielen. Der 36-Jährige floh 2015 aus Syrien und wurde in Sassenberg untergebracht. Hier lernte er Männer kennen, die seine Sprache sprachen und ihm bei Behördengängen halfen. Er habe kaum Deutsch verstanden, ihnen vertraut. Die Onlineplattform habe er gar nicht gekannt.

Die Bitte, ihnen für „einen Freund“ oder „Hilfe bei einem Problem“ die EC-Karte auszuleihen, habe er allerdings zunächst abgelehnt. Zwei der Männer hätten ihn mit einer Waffe aufgesucht. Mit den Worten „Keine Angst, die Polizei in Deutschland macht gar nichts, sag einfach, Du hast die Karte verloren“ habe man auf ihn eingeredet, bis er nachgab. Von all den Geldeingängen habe er weder gewusst noch profitiert.

Keine Einzelfälle

Dieser Ablauf sei kein Einzelfall gewesen. So berichteten die beiden Angeklagten von einer Zigarettenschachtel voller EC-Karten, über die ihre Gegenüber verfügt hätten. Überwachungskameras einer Bank zeigten laut Gericht eine vermummte Person, die zudem Einweghandschuhe getragen habe; eine Identifizierung sei unmöglich gewesen.

Die beiden Angeklagten leben mittlerweile nicht mehr in Sassenberg. Ein noch in der Hesselstadt lebender Zeuge, dem bei Weigerung damit gedroht worden sein soll, seinen Kopf in dessen Heimat zu schicken, hielt sich vor Gericht merklich zurück: „Ich habe nichts zu sagen.“ Das Verfahren gegen den jüngeren Angeklagten wurde eingestellt. Da der Ältere im Rahmen eines anderen Prozesses, der in direktem Zusammenhang mit den Ereignissen rund um die vermeintlichen Helfer stand, falsch aussagte, stellte das Gericht das Verfahren gegen ihn unter der Auflage einer Geldbuße von 300 Euro sowie der Ableistung von 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit ein.

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