Auf Harkotten werden heftige Spuren des Borkenkäfers beseitigt
Zurück zu den Eichen
Füchtorf
Trockenheit und der Borkenkäfer haben den heimischen Wäldern zugesetzt. Ferdinand Freiherr von Korff will nun in erster Linie klimaresistente Bäume pflanzen.
Der neue Wald auf Harkotten entsteht in Handarbeit. 1,5 Hektar, rund zwei übliche Fußballfelder, hat die dreiköpfige slowenische Pflanzkolone mit Marek Helcz an der Spitze vor sich. Freiwillig hat Eigentümer Ferdinand Freiherr von Korff die Fichten, die hier standen, nicht hergegeben. Die Trockenheit der vergangenen Jahre hat im Wald ihre unübersehbaren Spuren hinterlassen. „Und dann kam der Käfer“, sagt Freiherr von Korff lapidar.
An vielen Stellen sieht der Wald rund um die Doppelschlossanlage wie gerupft aus. Selbst hinter der Statue des Heiligen Johannes, der Besucher auf der von Korffschen Seite zum Herrenhaus leitet, überwiegen die lichten Stellen. „Am liebsten würde ich alles auf einmal wiederaufforsten“, gesteht der Waldbesitzer. Aber davon haben ihm beide Förster – einer für den nordrhein-westfälischen, einer für den niedersächsischen Teil der Besitzung – übereinstimmend abgeraten. „Man muss auch die Kulturpflege bewältigen können“, gesteht Freiherr von Korff widerwillig zu.
Marek Helcz hat im Abstand von zwei Metern lange, rot-weiß geringelt Stäbe in den Waldboden gesteckt. Das ist der Abstand der künftigen Baumreihen. Alle anderthalb Meter schrauben zwei Arbeiter mit dem Motorbohrer gut handbreite Pflanzlöcher in die Erde. Der Lärm ist ohrenbetäubend.
Ferdinand Freiherr von Korff
Freiherr von Korff greift in die Erde am Rand der Pflanzlöcher und lässt sie durch die Finger rieseln. „Auch nicht gerade zu feucht“, sagt er mit geruhsamem Understatement. Ein Gartenbesitzer würde sicher nach dem Pflanzen zur Gießkanne greifen. „Das könnten wir hier gar nicht leisten“, schmunzelt der Waldbesitzer. „Der Wald muss es ohne Gießen schaffen.“
Immerhin lässt Helcz in jedes Pflanzloch eine Kugel Düngepelletts fallen. „Das ist eine gute Starthilfe für einen festen Stand“, erklärt der Freiherr von Korff. Anschließend steckt der Pflanzer die gut anderthalb Meter langen Jungbäume mit sorgfältig gefächerter Wurzel in das Loch und tritt die Erde rundherum fest. Überwiegend Eichen pflanzt Helcz hier ein, aber jeder fünfte Baum ist eine Linde oder Buche. So entsteht ein Mischwald.
Eichen standen hier auch bis zum Zweiten Weltkrieg. Dann fielen sie dem rapide gewachsenen Holzbedarf zum Opfer. Die nachgepflanzten Fichten waren nach rund 60 Jahren Wachstum gerade erntereif. Freiherr von Korff deutet auf einige versprengte, noch eher dünnen Eichen, die als Schattenspender auf der abgeräumten Pflanzfläche stehen geblieben sind. „Die sind rund 120 Jahre alt“, macht er auf das unterschiedliche Wachstumstempo aufmerksam. „Ich werde hier keinen Wald mehr sehen“, setzt er bedauernd hinzu.
Vielleicht sei er selber schuld daran, dass der Borkenkäfer kam, sagt der Waldbesitzer halb im Scherz. Im Frühjahr hatte er Fallen mit Lockstoff aufgehängt. Der Käfer kam, die Fallen blieben leer. Rund 20 000 Euro kostet ihn nun die Wiederaufforstung nur dieser einen Fläche. Dafür bekommt er unter anderem Mittel aus der Extremwetterförderung, die er für das Abräumen der Fläche beantragt hat. Doch es bleibt ein Nullsummenspiel, denn das zwangsweise verkaufte Holz brachte viel zu wenig ein.
Von Korff hat seinen Wald nach PEFC (Programm for the Endorsement of Forest Certification Schemes“ zertifizieren lassen, ein Siegel für nachhaltige Waldbewirtschaftung. Das ist schon für die Fördermittel notwendig. Die Pflanzkolone muss deshalb auch entsprechende Fachkenntnisse mitbringen. Stolz zeigt Helcz auf seinem Smartphone ein Dokument der Gütegemeinschaft Wald- und Landschaftspflege, mit dem seine Arbeit zertifiziert ist. Jedes Jahr muss er es erneuern lassen.
Aber auch der Waldboden darf im Sinne der Nachhaltigkeit nur möglichst wenig beeinträchtigt werden. Deshalb pflanzen Helcz und seine Kolone die jungen Bäume jetzt mitten zwischen alte Wurzeln. Buschwerk und vor allem Brombeeren stehen in den Startlöchern. Vier bis fünf Jahre lang wird der Waldbesitzer zur Kulturpflege die jungen Bäume zweimal jährlich mit der Hand freischneiden lassen müssen, bis sie die Konkurrenz überragen.
Sind die Bäumchen erst zum Wald geworden, werden sie allein auf dieser Fläche rund zwölf Tonnen CO-Ausstoß pro Jahr kompensieren können, verweist Freiherr von Korff auf Berechnungen der „Initiative Wald als Klimaschützer“. Eine Tonne ist etwa so viel, wie ein Mittelklasse-Benziner auf 4900 Kilometer Fahrt verbraucht.
Gerne hätte der Waldbesitzer wieder Fichten gepflanzt, um schnell neuen Wald zu schaffen – zum einen für das Wild, das dringend die Rückzugsmöglichkeit brauche, zum anderen für die Spaziergänger. Doch Fichten sind jetzt tabu. „Das Wichtigste ist, klimaresistentere Arten zu pflanzen“, betont er und scheut dabei auch nicht vor Experimenten zurück: Maronen, Zedern und Baumhasel stehen auf seiner Wunschliste für weitere Flächen. Bei den geförderten Pflanzen könnte er sich vorstellen Schwarznuss, Flatterulme oder Libanonzeder auszuprobieren. Letztere kenne er zwar gar nicht, „aber wir lernen“.
Anders als die Kollegen im Sauerland ist der Füchtorfer Waldbesitzer froh, neben seinen Einkünften als Waldbauer auch Erträge aus landwirtschaftlicher Bewirtschaftung ziehen zu können. Dennoch wird der Holzertrag nicht nur jetzt, sondern auch im Generationenvertrag fehlen. Aber Freiherr von Korff hat auch Hoffnung: Wenn es wieder mehr regne, werde sich der Wald erholen, ist er überzeugt.
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