Serie „Adel verpflichtet“: zu Gast auf Haus Harkotten
Segen und Fluch zugleich
Füchtorf
Myriam und Ferdinand von Korff leben auf Haus Harkotten in Füchtorf, das seit 800 Jahren Sitz der Adelsfamilie ist. Neue Nutzungskonzepte, Fördermittel und viel privates Engagement sichern die Pflege des wertvollen Gebäudes.
Die Dame mit dem hübschen geflochtenen Strohhütchen ist ein wenig enttäuscht. „Sie haben heute geschlossen? Dabei haben wir doch extra gegoogelt!“ Einen Tag Betriebsferien wollten sich die von Korffs eigentlich gönnen, aber da sich die Gäste so bemüht haben, „na dann bekommen Sie natürlich auch einen Kaffee, und Kuchen ist auch da“, sagt Myriam Freifrau von Korff freundlich.
Gastfreundschaft ist Myriam von Korff und ihrem Mann Ferdinand wichtig. Das Gartencafé vor dem stilvollen Wappensaal – dem zur Restauration umgebauten ehemaligen Kuhstall – strahlt freundliche Wärme aus. Hier können es sich die Gäste mit freiem Blick auf das klassizistische Herrenhaus und die hübsche Gartenanlage gutgehenlassen.
Myriam Freifrau von Korff
Haus Harkotten führte wie der unmittelbare Nachbar auf der Doppelschlossanlage Harkotten, das für die Öffentlichkeit unzugängliche Barockschlösschen der Freiherren von Ketteler, ebenfalls das „Schloss“ im Namen, ehe die Denkmalbehörde den von Korffschen Besitz zum „Haus“ umqualifizierte. Als „Herabstufung“ empfindet das Freifrau von Korff auf keinen Fall, auch wenn ihr Mann bei dem Thema immer noch ein wenig zuckt. „Es passt zum klassizistischen Baustil“, sagt sie. Der Architekt Adolf von Vagedes schuf ein zu seiner Zeit hochmodernes, sachliches Gebäude, das im Inneren statt überdimensionaler Repräsentationsräume vor allem Platz zum Leben bot.
Der Raum für das Privatleben ist für die Familie von Korff heute auf das Obergeschoss beschränkt. Das Untergeschoss steht im Dienst der Öffentlichkeit. Mit unverkennbarer Leidenschaft spricht die Freifrau von den einmaligen Wandmalereien des Hofmalers Philipp Ferdinand Bartscher, die sie bei Renovierungsarbeiten hinter den Tapeten im ganzen Haus entdeckte und die Harkotten den Rang eines Denkmals von überregionaler Bedeutung verschafft haben. Täglich zeigen die Hausherren selbst oder ihre Mitarbeiter in Führungen diese Schätze.
Allerdings sind die von Korffs spätestens mit dem wertvollen Fund auch in eine Spirale geraten, die sie zunehmend frustriert. Sein Vater habe vor vielen Jahren das Angebot erhalten, Haus Harkotten ähnlich wie das Kettelersche Schloss in die Hände eines Unternehmens zu geben, erzählt der Freiherr. Durchaus überlegenswert, findet er, „dann wäre wenigstens das Haus gesichert“. Aber der Senior lehnte damals ab.
Also blieb die Öffnung nach außen. Der Wappensaal wird auf mittlere Sicht durchaus zu den immensen Unterhaltungskosten beitragen können. Regelmäßig finden rund ums Haus große Veranstaltungen wie das Gartenfestival oder ein vorweihnachtlicher Markt statt. Aber es ist viel mehr notwendig, um das Haus denkmalgerecht zu erhalten.
Freifrau von Korff machte sich auf in den Dschungel von Förderanträgen, Vorfinanzierungen, Förderzusagen, Zugeständnissen und Förderabsagen. Die Familie musste sich verpflichten, das Haus der Öffentlichkeit zugänglich zu halten. Dass trotz dieser Vorleistung und eigenem finanziellem Engagement nie gewährleistet ist, dass Anträge am Ende wirklich positiv beschieden werden, ernüchtert Myriam von Korff. Es bleibt die Sorge darum, was passiert, „wenn die Fördermittel nicht so fließen, wie das Haus sie braucht“.
Myriam Freifrau von Korff
Mit der Öffnung des Hauses machten sie und ihr Mann „nicht nur gute Erfahrungen“, sagt die Freifrau. Das große Interesse sei ein bisschen „Segen und Fluch zugleich“. Sie zeige das Haus gerne, vermisse aber „die wirkliche Wertschätzung“. Sie wünscht sich Gäste, die am Ende der Führung nicht bereits den Name des Architekten vergessen haben, die den Aufwand respektieren, der in der Gartenanlage steckt, oder möglicherweise sogar den Förderverein unterstützten.
Die kleine Reisegesellschaft rund um die Dame mit Hut will zahlen. Sie hat einen angenehmen Nachmittag auf Harkotten verbracht und bedankt sich artig.
Irgendwann wird Ferdinand von Korffs Sohn vor der Entscheidung stehen, ob er ins Obergeschoss einziehen will. „Seit 800 Jahren ist hier das Zuhause der Familie“, sagt Freifrau von Korff. Allerdings wird der Junior, um einen Nagel in die Kinderzimmerwand einschlagen zu dürfen, voraussichtlich die formale Zustimmung der Denkmalbehörde einholen müssen. Er muss sich entscheiden.
Startseite