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Ausstellung in der Realschule St. Martin

Das Verbrechen wird gegenwärtig

Sendenhorst

Mit einer Ausstellung in der Aula der Realschule macht der Verein „Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst“ die Verbrechen der Nazis im durch Deutschland besetzten Polen gegenwärtig. Auch die Schicksale Einzelner sind dokumentiert.

Anhand einer Karte erläuterte Gerd Wilpert vom Verein „Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst“, wo sich in den von Nazis besetzten polnischen Gebieten die Vernichtungsstätten befanden. Foto: Josef Thesing

Es geht um das Große und Ganze. Schließlich, so Gerd Wilpert am Freitagmorgen in der Realschule St. Martin, hatten die Nazis sich vorgenommnen, mit einer gigantischen Tötungsmaschinerie elf Millionen Juden aus ganz Europa zu ermorden. Der ehemalige Schulleiter und Vorsitzende des Vereins „Woche der Brüderlichkeit in Sendenhorst“ eröffnete zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“ in der Aula der Schule mit den Schülerinnen und Schülern des zehnten Jahrgangs eine Ausstellung, die sich insbesondere den Verbrechen in den Vernichtungslagern widmet, die die Nazis auf dem durch sie besetzten polnischen Gebiet errichtet und betrieben hatten.

Dabei geht es aber auch um Einzelschicksale, die dokumentiert sind. Wie das von Inge Dreyer, einer 16-Jährigen aus Bielefeld. Dort wurde sie am 9. September 1926 geboren. Die jüdische Familie floh vor den Nationalsozialisten in die Niederlande. „Das Foto von 1940 zeigt eine fröhliche und selbstbewusste Inge mit ihrem Halbbruder Peter auf dem Arm. Nach der Besetzung der Niederlande durch deutsche Truppen wurde die Familie inhaftiert“, schilderte Gerd Wilpert.

Deportationszug von Westerbork nach Sobibor

Über das weitere Schicksal der Familie könne man keine ganz genauen Angaben machen. Um den 25. Mai 1943 herum mussten sie wohl in einen Deportationszug von Westerbork nach Sobibor steigen. Diese Züge waren gewöhnlich mehr als 72 Stunden unterwegs. Inge Dreyer wurde dann am 28. Mai 1943 in Sobibor ermordet, ebenso ihr Bruder Hans, ihre Mutter Else und ihr dreijähriger Halbbruder Peter. „Was hätte ein 16-jähriges Mädchen noch für Pläne mit ihrem Leben gehabt? Vielleicht wäre sie eine wunderbare Ärztin geworden, eine Anwältin, hätte sich verliebt, Kinder gehabt“ – mit solchen Fragen versucht die Ausstellung, die Menschen heute zu sensibilisieren. „Wir wollen mit dieser Veranstaltung und der Ausstellung ein kleines bisschen gegensteuern“, sagte Wilpert den Schüler: zum einen dem Antisemitismus, und zum anderen dem Vergessen.

Auf Schauwänden wird das Schicksal einzelner Familien dargestellt. Foto: Josef Thesing

Im Kern der Betrachtungen dieser „größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Geschichte“, so Wilpert, steht die sogenannte „Aktion Reinhard“, ein Begriff für die systematische Ermordung aller Juden und Roma des Generalgouvernements im von Deutschland besetzten Polen während des Zweiten Weltkriegs.

„Wannseekonferenz“ spielte zentrale Rolle

Dabei spiele die sogenannte „Wannseekonferenz“, die im vergangenen Jahr auch verfilmt worden ist, eine zentrale Rolle. Am 20. Januar 1942 trafen sich führende NS-Vertreter zur Organisation des systematischen, millionenfachen Massenmords an den Juden Europas. Dabei ging es, wie Wilpert den Schülern in einer Filmsequenz vor Augen führte, um die „technische Umsetzung“ der „Endlösung der Judenfrage“. Deutlich wurde in Wilperts Ausführungen auch, dass es deshalb Überlebende gab, weil einige wenige Aufstände organisiert werden konnten.

Der Verein „Woche der Brüderlichkeit“ lädt die interessierte Öffentlichkeit aus Sendenhorst und Umgebung an diesem Sonntag (29. Januar) von 14 bis 17 Uhr zum Besuch der Ausstellung ein. Der Eingang zur Aula erfolgt vom unteren Schulhof her. Der Eintritt ist frei.

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