Kabarettist Thilo Seibel überzeugte auf der ganzen Linie
Spritzig und unterhaltsam
Telgte
Spritzig, intelligent, witzig und äußerst unterhaltsam. So kann der Auftritt des Kabarettisten Thilo Seibel im Telgter Bürgerhaus kurz charakterisiert werden.
Solch einen kabarettistischen Jahresrückblick wie mit Thilo Seibels „Schon rum?!“ konnte man am Freitagabend im gut besuchten Bürgerhaus rundum genießen. Denn in seinem Rundumschlag durch die Fettnäpfchen der vergangenen zwölf Monate bekam wohl jeder Großköpfige aus dem Bereich der Politik seinen ganz persönlichen Raum, um zum Objekt der wortgewandten Abrechnung zu gelangen.
Wortgewandte Abrechnung
Seit 1996 verdient er sich als umtriebiger Kabarettist sein Auskommen, hat für die Berliner „Distel“ ebenso Bühnenprogramme geschrieben wie für die „Leipziger Pfeffermühle“, ist Autor und Mitglied des renommierten Stuttgarter „Renitenztheaters“. Gerne hätte man einen Blick in sein Ringbuch geworfen, in dem er seine Notizen aus 2022 abgeheftet hatte und in das er immer wieder einen Blick warf.
Mitdenken war Pflicht
Aber seinen eigenen Verstand musste man an diesem Abend nicht an der Garderobe abgeben, schließlich war Mitdenken bei diesem rasanten Rückbezug gleichsam Pflicht für die Liebhaber des spritzig-unterhaltsamen Kabaretts. Aus seinem Koffer der Parodien holte er dann in Sekundenschnelle die passenden Charaktere heraus, besuchten gleichsam von Merkel, Karl Lauterbach bis zum als zögerlichen „Dr. Nö“ bezeichneten Bundeskanzler Scholz alle das Telgter Bürgerhaus, die ansonsten auf dem Berliner Parkett ihr Unwesen treiben.
Polit-Show mit Bruce Willis
Typisch für seinen süffisanten Humor war dann auch die Polit-Show mit Bruce Willis als Moderator, da verblassten selbst Formate wie die von Anne Will, Maischberger und Markus Lanz zu reinen Plauderrunden. Aus dem Jahr des Endes der Pandemie und dem Beginn einer alle ergreifenden Langeweile war ein Jahr des Krieges geworden, bekam der Begriff Zeitenwende bei Thilo Seibel eine ganz andere Bedeutung als damals von Scholz gemeint. Die geplante Entführung von Lauterbach scheiterte nach Thilo Seibel nicht an fehlender Vorbereitung der Umtreiber, sondern an der zum Schlafen einladenden Diskussionsart des vorgesehenen Opfers.
Thilo Seibel
Er beackerte die unterschiedlichsten Themen, wusste dabei gekonnt den Spannungsbogen nicht abflachen zu lassen und sein Small Talk unterschied sich wohltuend von dem Agieren mancher Kollegen der kabarettistischen Zunft. Wenn norddeutsche Politiker immense Geldbeträge in Bankschließfächern verwahren und offenbar nicht wissen, wo diese hergekommen sind, hatte Thilo Seibel dafür rundum Verständnis. Denn: „So etwas kann doch passieren, da braucht man nur unter dem Kissen des heimischen Sofas nachzuschauen und dort einen unerwarteten Geldsegen entdecken.“
Wenn bei der Marine Material verwendet wird, das eine erhöhte Luftfeuchtigkeit nicht aushält, braucht man sich eben nicht über das Nicht-Funktionieren aller möglichen anderen Dinge in dieser Republik zu wundern.
Überaus intelligente Witze
Seine Witze waren überaus intelligent, aber in solcher Schnelle präsentiert, dass man fast mit dem Nachdenken nicht mitkam. Bei seinem permanenten Angriff auf die Lachmuskulatur des Publikums wusste Thilo Seibel die Reaktion der Zuhörer gekonnt in den Handlungsablauf zu integrieren. Mitleidige Worte hatte er auch für die aussterbende Gattung der Putin-Versteher, und er offenbarte dem Telgter Publikum auch den geheimen Plan von Bundeskanzler Scholz, Kriege durch Langeweile zu verhindern.
Sein gut recherchiertes Material mit all den Fehlentscheidungen, Versprechen und Irrungen wusste er unterhaltsam und witzig unter die Kabarettfreunde zu streuen, setzte dabei seine parodistischen Fähigkeiten ganz ein.
Startseite