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Fatih Çevikkollu überzeugt mit facettenreichem Kabarett

Spritzig virtuoser Sprachgebrauch

Telgte

Kabarett, Comedy, Hiip-Hop und Lyrik - aus diesen Zutaten entseht bei Fatih Çevikkollu ein ganz eignes Format. Und genau damit überzeugte der Künstler jetzt im Telgter Bürgerhaus.

Von Axel Engels

Fatih Çevikkollu überzeugte mit seinem geistreichen Kabarettprogramm. Foto: Axel Engels

Solch ein facettenreiches Kabarett wie bei Fatih Çevikkollu erlebt man nicht alle Tage. Er mischt aus Kabarett, Comedy, Rap, Hip-Hop und Lyrik ein ganz eigenes Format, das bei seinem Besuch im Telgter Bürgerhaus selbst eingefleischte Kabarett-Traditionalisten begeisterte.

Er braucht auch keine große Aufwärmzeit, um zur Höchstform aufzulaufen. Da störte es vielleicht nur den Haustechniker, dass der Künstler erst wenige Minuten vor Beginn eingetroffen war. Aber auch von dieser Seite funktionierte alles bis ins kleinste Detail, so dass dem Vergnügen der vielen Besucher nichts im Wege stand. Wer ihn vielleicht nur von seiner Rolle als Murat Günaydin in der Kultserie „Alles Atze“ kannte, war sicherlich positiv überrascht von diesem vielseitigen Künstler. Gekonnt grenzte er sich von „flacher“ Comedy und „trockenem“ Kabarett ab und bot einen unterhaltsamen Abend mit jeder Menge humoristisch gewürzter Anekdoten.

Ohne erhobenen Zeigefinger

Schon seine Anmoderation mit der Erklärung seines Programmnamens „Zoom“ zeigte seinen spritzig virtuosen Sprachgebrauch. Seine Gesellschaftskritik präsentierte er ohne erhobenen Zeigefinger auf ganz charmante Art, plauderte sich damit in die Herzen des begeisterten Publikums. Aber hinter jedem Angriff auf die Lachmuskulatur des Publikums verbarg sich ein tieferer Sinn, so dass man bei allem Entertainment permanent zum Mitdenken aufgefordert war.

Selbst seine Darstellung des Angriffs der Natur mittels Virus als Reaktion auf Umweltzerstörung war mehr als Effekthascherei. Hatte er am Beginn der Corona-Pandemie noch auf eine Besinnung der Menschen auf die wirklich wichtigen Dinge gehofft, so war dieser Traum schnell geplatzt. Seine Schlussfolgerung, dass die Freiheit des Einzelnen da endet, wo die Interessen der Kapitalisten beginnen, mag zwar traurig sein. Da flüchtete sich Fatih Çevikkollu lieber in Verschwörungstheorien der skurrilen Art.

Die lautmalerische Nähe von Corona und Koran machte ihm zu schaffen und ihm war auch die Mund-Nase-Bedeckung als Vorläufer der Verschleierung suspekt. Die AHA-Regeln erweiterte er schnell um den Begriff Hygienekonzept, und daraus wurde wie aus Zauberhand dann Allah. Auf so etwas muss man erst einmal kommen, dazu gehört jede Menge schwarzer Humor und ausufernde Kreativität. Für Fatih Çevikkollus ist die gegenwärtige Situation vergleichbar mit einer Gesellschaft, die vom Hochhaus springt und auf dem Weg nach unten sagt „Bis hierher ist alles gut gegangen“.

Yoga für die innere Balance

Dass er an der renommierten Hochschule Ernst Busch in Berlin studiert hat und danach sogar am Düsseldorfer Schauspielhaus engagiert war, zeigte sich in seiner bitterbösen Shakespeare-Interpretation. Mag der sympathische Künstler aus Köln in seinem aktuellen Programm vielleicht bissiger erscheinen als bei „Fatihtag“ „FatihMorgana“ oder „Fatihland“, so folgte ihm das Publikum im Saal des Bürgerhauses gerne auf seinem kabarettistischen Weg durch die deutsche und internationale Politik.

Für seine innere Balance braucht Fatih Çevikkollu nur Meditation und Yoga, schließlich gibt es auch in diesen Zeiten viel Gutes, man muss es wohl nur sehen beziehungsweise heranzoomen und auch in solch herausfordernden Zeiten den gegenseitigen Respekt nicht verlieren.

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