Mobiler „Escape-Room“ im Museum Religio
Verbotene Predigt aufgespürt
Telgte
Eine verbotene Predigt des „Löwen von Münster“ gilt es im mobilen „Escape-Room“ im Museum Religio aufzuspüren.
Eine alte Schreibmaschine, ein Telefon mit Wählscheibe, ein Diaprojektor. „Ja, wir machen eine Zeitreise ins Jahr 1941“, erklärt Matthias Hecking den staunenden Schülern der Bischöflichen Realschule in Warendorf. Die Zehntklässler stehen im mobilen „Escape-Room“ mit dem Titel „Löwe von Münster“, der in dieser Woche Station im „Religio – Westfälisches Museum für religiöse Kultur“ in Telgte macht. Sie tauchen ein in die Geschichte, in der Clemens August Graf von Galen, früher Bischof von Münster, eine wichtige Rolle spielt.
„Escape-Rooms“ sind ein Abenteuerspiel, bei dem die Spieler Hinweisen folgen und Rätsel lösen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, heißt es in einem Bericht der Bischöflichen Pressestelle. Beim „Löwen von Münster“ haben Schüler eine Stunde lang Zeit, um in der Rolle einer fiktiven Pfadfindergruppe verbotene Kopien der Predigten des Bischofs aufzuspüren. Ihr Gruppenleiter wurde dafür erst am Morgen von der Gestapo verhaftet, jetzt müssen sie die Predigten schnell aus seiner Wohnung verschwinden lassen. Kardinal von Galen hatte in seiner Predigt am 3. August 1941 öffentlich über die systematische Tötung von Menschen mit Behinderungen durch die Nationalsozialisten gesprochen. Wegen dieser und anderer mutiger Predigten gegen die menschenverachtenden Nazi-Gräueltaten wurde von Galen auch „Löwe von Münster“ genannt.
Im „Escape-Room“ im Religio-Museum müssen die Schüler nicht nur die verbotene Predigt aufspüren, sondern werden am Ende vor die Wahl gestellt: Hätten sie damals den Mut gehabt, die gefundenen Flugblätter zu verteilen? „Das ist eine schwere Frage“, findet Cleo Laagland. Die 16-Jährige hat das Rätsel mit ihrer Gruppe in nur 42 Minuten gelöst – maximal eine Stunde hatten die Schüler Zeit. „Vielleicht wenn wir damals mehrere gewesen wären, eine Clique, und wir hätten die Flugblätter zusammen verteilt, dann vielleicht schon, aber alleine hätte ich mich das nicht getraut“, gibt sie zu. Teamarbeit und Absprachen untereinander seien erforderlich gewesen, nur so habe man das Ziel erreichen können.
Immer wieder das Motorengeräusch vorbeifahrender Militärfahrzeuge und drängende Telefonanrufe, sich doch bitte zu beeilen – auch emotional tauchen die Schüler ein in die Zeit des „Löwen von Münster“. „Es war extrem spannend und sehr real, ich habe mich gut in die Zeit reinfühlen können“, sagt Cleo Laagland.
Nicht zum ersten Mal haben sich die Zehntklässler der Realschule mit der Thematik auseinandergesetzt. Erst vor wenigen Tagen endeten Projekttage zum Thema Nationalsozialismus, bei denen es in einem Projekt der Geschichtslehrerin Beatrix Fahlbusch um die Ermordung kranker und behinderter Menschen während der NS-Herrschaft ging. „Der ‚Escape-Room‘ knüpft nahtlos daran an und macht das Ganze noch lebendiger“, ist die Lehrerin dankbar für die Erfahrung, die Matthias Hecking und sein Mitstreiter Winfried Hachmann nicht nur Schülern, sondern auch Interessierten in Pfarreien oder Bildungseinrichtungen ermöglichen.
„Früher wie heute ist Mut erforderlich, um sich in der Gesellschaft einzumischen, die Komfortzone zu verlassen und Zivilcourage zu zeigen“, ist Matthias Hecking überzeugt. Genau dazu solle der „Escape-Room“ Im Religio gerade junge Menschen ermutigen.
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