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AKP tauscht sich mit Lebensberatung  aus

Ahrtal: Verletzte Kinderseelen müssen heilen

Warendorf

Die Ausmaße der Flutkatastrophe, die unter anderem auch das Ahrtal erwischte, war verheerend. Doch längst ist das alles nicht vergessen, wie die Situation vor Ort ist, das wollte die AKP jetzt erfahren. Sie tauschte sich mit der Lebenshilfe in Ahrweiler aus.

Kompetenztraining im Ahrtal  - ein Projekt der Lebensberatung im Ahrtal. Die Aktion Kleiner Prinz war vor Ort zwecks Austausch.  Foto: Lebensberatung Ahrweiler

Vor gut eineinhalb Jahren hat das verheerende Hochwasser im Ahrtal Zerstörung und Verwüstung angerichtet. Zunächst war diese Katastrophe in der Berichterstattung der Medien sehr präsent; es wurden Fortschritte und Schwierigkeiten beim Wiederaufbau geschildert und der Verlauf einzelner Schicksale beschrieben. Inzwischen gibt es nur noch spärliche Informationen aus den betroffenen Gebieten. Die Kinderhilfsorganisation Aktion Kleiner Prinz hat damals umfangreiche Soforthilfe geleistet und betreut auch weiterhin mehrere Projekte. In einem Gespräche mit der Sozialarbeiterin der Lebensberatung Ahrweiler, Silvia Plum, deren Stelle von der Aktion Kleiner Prinz finanziert wird, wurde klar, dass die Kinder und Jugendlichen erst nach und nach über ihre Belastungen und Traumata sprechen können. Diese Bilanz zieht die Aktion Kleiner Prinz in einer Pressenotiz zu diesem Gespräch. Silvia Plum berichtet darin, dass die Kinder erschöpft sind und sich oft allein gelassen fühlen, weil die Eltern mit der Sicherung der Existenz und den erheblichen Schwierigkeiten beim Wiederaufbau beschäftigt sind. Die Ungewissheit, wie es weiter geht und die in vielen Fällen improvisierte Wohnungssituation belasten die Kinder und Jugendlichen sehr.

„ Oft ,“sagt Silvia Plum, „verleugnen sie ihre dringenden Bedürfnisse und ihre eigene Befindlichkeit, um die Eltern zu schonen. Das könne zu innerem Rückzug, Isolation und depressiven Verstimmungen führen. Auch Suizide habe es leider nach der Flut gegeben. „Wir haben im Team und in enger Zusammenarbeit mit den Lehrern und Lehrerinnen die Schüler der betroffenen Klassen intensiv begleitet. In der Bibliothek wurde zum Beispiel an einer Schule ein Ruheort eingerichtet und von den Kindern gestaltet, der bis heute immer wieder in Anspruch genommen wird.“ Ein weiteres Problem sei die Ungleichheit, aus der ein starkes Konkurrenzdenken entsteht. „Die Kinder empfinden es als ungerecht, dass die Familien in den Schadenssituationen unterschiedlich getroffen sind. Darum“, betont Silvia Plum, „ist es so wichtig, Oasen zu schaffen, in denen die Kinder Zuflucht und ein Stück Sicherheit finden können.

Vertraute Orte stehen nicht zur Verfügung

Die vertrauten Orte, an denen sie sich sonst treffen konnten – Eisdiele oder Kino zum Beispiel – stehen nicht mehr zur Verfügung. Sie fühlen sich entwurzelt, weil sich ihr Leben so rapide verändert hat. Auch im Schulalltag sind sie mit Provisorien, Zerstörung und Baustellen konfrontiert. Das ist ein psychischer Kraftakt für alle.“ Zum Glück gelinge die Zusammenarbeit der Schulen untereinander sehr gut. Die Lehrkräfte seien sensibel und aufmerksam. Es gebe aber Kinder und Jugendliche, die die Schule verweigern, weil sie keine Kraft mehr haben.

Hilfe, die Ängste zu bewältigen

„Dann bekommen sie von uns Hilfe bei der Bewältigung ihrer Ängste, können die Erfahrung machen, dass sie nicht hilflos und ausgeliefert sind. Zeit zu schenken ist über alle Maßen wichtig,“ betont die Sozialarbeiterin im Gespräch mit der AKP, „und es wird noch sehr viel Zeit brauchen, bis die Verletzungen in den Kinderseelen heilen können. Das Spieltherapiezimmer, das wir mit Unterstützung der Aktion Kleiner Prinz wieder einrichten können, da wir selber auch von der Flut betroffen sind, ist dabei eine wertvolle Hilfe. Es liegt noch sehr viel Arbeit vor uns.“

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