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Internet-Gottesdienste

Winzige Gemeinde im Dom – dafür eine große im Netz

Münster

Das gab es seit Menschengedenken nicht. Wochenlang keine Gottesdienste in den Kirchen, nicht einmal zu Ostern. Die Kirchen versuchen, durch neue mediale Kanäle einiges aufzufangen. Unter Theologen, vor allem Liturgiewissenschaftlern, werden manche Gottesdienstformen im Netz allerdings auch kritisch betrachtet.

Johannes Loy

Live-Stream-Gottesdienst mit Bischof Felix Genn im leeren Dom und mit zwei oder drei Gästen. Foto: pbm

Das ist in dieser Form noch nie dagewesen. Nicht mal in Kriegszeiten. Offiziell finden in den nächsten Wochen bis zum Weißen Sonntag keine Gottesdienste in Deutschland und anderen Ländern statt. Damit fällt auch die Heilige Woche mit der Kar- und Osterliturgie für die Gemeinden flach.

Was nicht heißt, dass die Priester und Bischöfe nicht doch zelebrieren. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Kompletter Ausschluss? Nein. Eine im Vergleich zu sonst winzig kleine Gemeinde ist in dieser Woche etwa in Münsters Dom anwesend, mit gebührendem Abstand im Chorgestühl oder in den Bänken. „Die Domgeistlichen sind eingeladen“, sagt Stephan Kronenburg, Sprecher des Bistums Münster. Auch die Küsterin oder der Lektor sind dabei.

Bischof Felix Genn weiß, dass viele zu Hause am Bildschirm mitfeiern. „Die moderne Technik macht es möglich“, sagt er im Pressedienst des Bistums und ist dafür dankbar. Seit Montag wird täglich der 8-Uhr-Gottesdienst aus dem Dom im Internet und auf den Social-Media-Kanälen des Bistums übertragen. Morgen, Sonntag, beginnt die Messe um 11 Uhr. „Ich spreche nicht in den leeren Kirchenraum hinein, ich bete und singe in Gedanken mit den Gläubigen zuhause“, betont Felix Genn.

Den nötigen Sicherheitsabstand zum Bischof in Zeiten von Corona wahren Johannes Grohs und Jakob Kuhn. Viele Treppen und Meter Flur trennen den Abiturienten und den Studenten aus Münster vom Geschehen. Hoch über der Sakristei, in einem kleinen Raum, sitzen sie vor Monitoren, Mischpulten und anderen technischen Geräten. Was auf dem Bildschirm zu Hause zu sehen ist, entscheiden sie. Die beiden jungen Männer gehören zum Streaming-Team des Bistums.

Nicht alles, was jetzt multimedial über diverse Kirchen- und Glaubenskanäle verbreitet wird, findet allerdings das Gefallen von Theologen, insbesondere von Liturgiewissenschaftlern. Prof. Dr. Benedikt Kranemann, Absolvent des münsterschen Paulinums, seit vielen Jahren Hochschullehrer für Liturgiewissenschaft an der Universität Erfurt, hat da mit Kollegen im Netz schon so einiges entdeckt, was eher exotisch aussieht: „Da filmen sich Priester bei gottesdienstlichen Handlungen mit dem Smartphone ab.“ Auch der sakramentale Segen mit Monstranz werde da mal eben ins Netz gestellt.

Entscheidend für Kranemann: Ein Teil der Gemeinde, sei er auch noch so klein, muss anwesend sein. Das sieht er auch in den seriösen Angeboten der Bistümer als gegeben an. Die Ausnahmesituation dieser Tage mit den entsprechenden Ausweichmanövern ist für ihn wie für Kollegen seiner Fachdisziplin ein Beleg mehr, dass sich die Kirche über alternative Formen von Gottesdiensten wieder verstärkt Gedanken machen muss. Gerade im Hinblick auf Wort- und Gebetsgottesdienste oder häusliche Gebetszeiten in der Regie von Laien. Nach der Krise, so hofft Kranemann, gebe es auch liturgiewissenschaftlich viel aufzuarbeiten. Damit man nicht nur im Fall von Viren, sondern auch von priesterlosen Gemeinden oder sonstigen Notfällen ein passendes „Instrumentarium“ entwickelt und dann für die Gemeinde am Sonn- und Werktag abrufen kann.

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