In Düsseldorf eingekesselt
Demonstranten aus dem Münsterland verklagen die Polizei
Düsseldorf/Münster (dpa/lnw)
Der Einsatz der Polizei bei einer Demo in Düsseldorf hat ein juristisches Nachspiel. Konkret geht es um eingekesselte Teilnehmer, die erst nach Stunden wieder freigelassen wurden. Ein Ehepaar aus dem Münsterland verklagt nun die Düsseldorfer Polizei.
Ein Ehepaar aus dem Kreis Warendorf verklagt die Polizei Düsseldorf nach deren umstrittenen Kessel bei der Demonstration gegen das geplante Versammlungsgesetz. Die beiden Demonstranten aus der Anti-Atomkraft-Bewegung wollen nachträglich feststellen lassen, dass die Einkesselung rechtswidrig war. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts hat den Eingang der Klage gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. (Az.: 18 K 4774/21)
Ehepaar aus dem Münsterland verklagt Polizei
Die beiden Aktivisten gehörten nach eigenen Angaben zu den knapp 330 Demonstranten, die am Abend des 26. Juni von der Polizei über mehrere Stunden umringt und festgesetzt worden waren. Die Polizei hatte den sogenannten «Antifa-Block» gestoppt und umzingelt. Begründet hatte sie dies vor Ort damit, dass durch das Hochhalten von Transparenten und Schwenken von Fahnen gegen das Vermummungsverbot verstoßen und Pyrotechnik gezündet worden sei.
Außer «Antifa»-Anhängern waren neben den Atomkraft-Gegnern auch ein Lokalpolitiker der Grünen und Jusos in dem Block sowie insgesamt 38 Minderjährige. Sie wurden - so der Vorwurf der Demonstranten - teilweise erst nach 23.00 Uhr ihren Eltern übergeben. Die beiden Kläger wurden nach eigenen Angaben nach «Personalienfeststellung und Durchsuchung» um 22.00 Uhr beziehungsweise 22.15 Uhr entlassen. Sie bekamen einen Platzverweis für ganz Düsseldorf und fuhren nach Hause ins Münsterland.
Gully als Toilette
Die Polizei versicherte nach der Demonstration, die Anwesenden mit Trinkwasser versorgt zu haben. Angeforderte Mobil-Toiletten waren laut Innenministerium jedoch nicht geliefert worden, weshalb die Demonstranten ihre Notdurft über einem Gully verrichten mussten.
«Die Zustände im Kessel waren erschreckend unwürdig. Von daher gehen wir davon aus, dass das Verwaltungsgericht den Polizeikessel als rechtswidrig einstufen wird», sagte Peter Bastian vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
Peter Bastian, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
«Unsere Mandanten haben sich nichts zu Schulden kommen lassen»
Laut Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, der die Klage für die Aktivisten eingereicht hat, richtet sie sich gegen den Ausschluss der beiden Kläger von der Demonstration sowie gegen ihre Einkesselung. «Unsere Mandanten haben sich nichts zu Schulden kommen lassen», sagte Achelpöhler. Ein strafrechtlicher Vorwurf sei ihnen bis heute nicht gemacht worden.
Für einen Ausschluss von der Demonstration hätten sie die «Versammlung stören» müssen - was sie nicht getan hätten, wie es in der Klage heißt. Auch die «mehreren Stunden» der «Freiheitsentziehung» seien rechtswidrig gewesen, da es dafür unter anderem keinen richterlichen Beschluss gegeben habe.
Zusammenstößen zwischen «Antifa» und Polizei im Vorfeld
Die Polizei hatte den betroffenen Block in der Düsseldorfer Innenstadt unmittelbar am Verwaltungsgericht eingekesselt - wo nun über die Klage entschieden wird. Einige hundert Meter zuvor war es in Höhe der Altstadt bereits zu Zusammenstößen zwischen «Antifa» und Polizei gekommen. Dabei war ein Presse-Fotograf, der zwischen dem Block und den Einsatzkräften stand, von der Polizei angegangen und verletzt worden. Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte die Aufklärung des Vorfalls angekündigt.
Zur jetzt eingereichten Klage sagte ein Sprecher des Innenministeriums der dpa: «Es ist das gute Recht der Betroffenen, die Maßnahme überprüfen zu lassen. Die Entscheidung des Gerichts warten wir jetzt ab. In die Einsatznachbereitung wird sie in jedem Fall einfließen.»
Diskussion um Versammlungsgesetz
SPD-Fraktionschef Kutschaty sagte, mit dem Entwurf werde das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit missachtet. Das Gesetz sei «eindeutig zu restriktiv» und schränke die Grundrechte massiv ein. Die geplanten Regeln verhinderten auch ein flexibles und deeskalierendes Handeln der Polizei. Die SPD-Fraktion hatte ein eigenes «Versammlungsfreiheitsgesetz» vorgelegt.
Ihn wundere, dass sich die FDP-Fraktion als Koalitionspartner der CDU dazu noch nicht geäußert habe, sagte Kutschaty. Eine klare Reaktion hatte es zuvor von der FDP-Bundestagsabgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann gegeben. Sie schrieb auf Twitter, dass es sich um einen Entwurf aus dem CDU-geführten Innenministerium handele, «den die FDP-NRW so sicher nicht akzeptieren wird». Die FDP-Fraktion habe «hier noch ein gehöriges Wort mitzureden».
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