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Spendenaktion zur Flutkatastrophe

Kita behilft sich in einem umfunktionierten Dorfgemeinschaftshaus

Grafschaft

Auch gut fünf Monate nach der Flutkatastrophe ist nicht klar, wie es mit der integrativen Caritas-Kita St. Hildegard in Bad Neuenahr-Ahrweiler weiter geht. Sie ist eine der Einrichtungen, die Geld aus der Spendenaktion unserer Zeitung bekommen. Noch ist die Kita in einem ersten Provisorium untergebracht. Ein Besuch.

Von Gunnar A. Pier

Bewegungsparcours im Vorraum: Die integrative Kita St. Hildegard aus Bad Neuenahr-Ahrweiler ist im Dorfgemeinschaftshaus von Grafschaft-Birresdorf untergekommen. Das Gebäude der Kita St. Hildegard liegt direkt an der Ahr in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dazwischen verläuft nur ein Fahrradweg. Carina Kačavenda Foto: Gunnar A. Pier

Wenn Physiotherapeutin Sabine Schmidt mit den Kindern arbeiten möchte, baut sie ihren Bewegungsparcours im Vorraum zwischen Eingangstür und Garderobenhaken auf: Einen Therapieraum hat die Kita St. Hildegard gerade nicht. Genau genommen hat sie überhaupt keine eigenen Räume mehr, seit die Flutkatastrophe am 14. Juli 2021 durch ihr Gebäude in Bad Neuenahr-Ahrweiler rauschte. Die Einrichtung der Caritas ist provisorisch in einem Dorfgemeinschaftshaus in Grafschaft-Birresdorf untergekommen. Keine einfache Situation – schließlich ist die Kita integrativ.

Als an jenem Sommertag Hochwasser angekündigt wurde, blieb das Team der St.-Hildegard-Kita gelassen. Das Gebäude liegt zwar direkt an der Ahr, zwischen Ufer und Gebäude verläuft nur ein Fahrradweg. Aber Hochwasser gibt es immer mal wieder. „Wir haben ein bisschen umgeräumt“, erinnert sich Erzieherin Carina Kačavenda. Mülltonnen hinters Haus, die Möbel von den vorderen in die hinteren Räume, damit sie im Zweifel nicht im Wasser stehen, das übliche eben. „Der Kreis hat da den Ball noch flach gehalten.“ Als alles fertig war, zeigte die Uhr 22.30 Uhr und das Wasser stand noch nicht mal auf dem Fahrradweg.

Die stellvertretende Leiterin Carina Kacavenda Foto: Gunnar A. Pier

Dann kam die Flut

Nicht viel später in der Nacht zerstörte eine meterhohe Flutwelle alles. Zurück blieb ein verwüstetes Gebäude, zerstörtes Mobiliar, dazwischen schmutziger, giftiger Schlamm.

Die Kita besuchten bis dahin 58 Kinder, 33 von ihnen haben eine irgendwie geartete Behinderung, haben Autismus, Down-Syndrom oder sind schwerst mehrfach behindert. Aus dem gesamten Kreis wurden sie Tag für Tag gebracht und in fünf Gruppen betreut. Damit war jetzt erstmal Schluss. Das Team habe noch tagelang aufgeräumt und sauber gemacht. Der Betrieb aber stand still.

Das Gebäude der Kita St. Hildegard liegt direkt an der Ahr in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dazwischen verläuft nur ein Fahrradweg. Foto: Gunnar A. Pier

Neustart im Dorfgemeinschaftshaus

Am letzten August-Tag startete die St.-Hildegard-Kita neu. Sie hatte eine Bleibe im Dorfgemeinschaftshaus von Birresdorf, einem Ortsteil der Gemeinde Grafschaft oberhalb von Bad Neuenahr, gefunden. Wo sonst ein Repair-Café und Jugendgruppen untergebracht sind und Hochzeiten gefeiert werden, toben nun die Kinder. „Es ist wichtig, vertraute Strukturen und Tagesabläufe beizubehalten“, sagt Carina Kačavenda. Hier mehr als in vielen anderen Kitas, die durch die inzwischen beendete Spendenaktion unserer Zeitungsgruppe Münsterland / Westfälische Nachrichten und Partner bedacht werden, weil die Kinder der integrativen Einrichtungen mitunter empfindlicher reagierten, wenn Reize zu stark werden. „Aber die Kinder sind inzwischen gut hier angekommen“, findet die stellvertretende Leiterin.

Gute Nachbarschaft

Dabei helfe die gute Nachbarschaft, in die die Kita geraten ist. Zweimal schon hat die Einrichtung die Nachbarn eingeladen, eine junge Frau von nebenan hat ihr Freiwilliges Soziales Jahr in der Kita begonnen, Frauen aus der Nähe haben die Schultüten nachgebastelt, die die Flut mitgerissen hatte. „Die Vernetzung ist super“, betont Kačavenda. Nicht selbstverständlich – „schließlich nehmen wir denen viele Räume weg.“

Aber der Besuch in Birresdorf ist eh nicht auf Dauer angelegt. Therapieräume fehlen, es gibt keine Grünfläche, der Platz ist eng. Der Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr plane gerade eine Containerlandschaft an einem Ausweichstandort, berichtet deren Geschäftsführer Richard Stahl.

Die weitere Zukunft ist derweil noch ungewiss: Ob das Gebäude neben dem Radweg an der Ahr erhalten oder an der Stelle – oder anderswo – neu gebaut werden muss, ist noch nicht klar.

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