Explosion: Abfälle kamen aus Agrar-Chemie-Produktion
Leverkusen (dpa)
Trotz einer ersten Entwarnung besorgt Anwohner in Leverkusen weiter die Frage, welche Stoffe bei der Explosion am Chempark womöglich in die Luft gelangt sind. Nun gibt es Informationen über die Inhalte der betroffenen Abfalltanks.
Mehrere Tage nach der Explosion in einer Leverkusener Sondermüllverbrennungsanlage gibt es mehr Klarheit über die bei der Detonation involvierten Substanzen: Nach Angaben der Kölner Bezirksregierung und des Betreibers befanden sich Reste aus der Agro-Chemie-Produktion in dem Abfalltanklager. «Bei den Abfällen handelte es sich um flüssige Reststoffe aus der Produktion von Chemikalien für die Landwirtschaft deren Hauptbestandstandteil phosphor- und schwefelhaltige Chemikalien sind», teilte die Bezirksregierung am Samstag mit. Noch sei aber die Frage offen, ob durch die Detonation möglicherweise gesundheitsgefährdende Stoffe freigesetzt worden seien. Es würden weitere Proben genommen.
Der Betreiber Currenta erklärte ebenfalls, dass infolge der Detonation «phosphor- und schwefelhaltige Substanzen» in Brand geraten seien. Durch die explosionsartige Freisetzung des Lösungsmittels und der anschließenden «Durchzündung» sei zwar davon auszugehen, dass der Großteil des Abfallstoffs verbrannt sei. «Dennoch ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass in nächster Umgebung der Unglücksstelle noch unverbrannte Partikel niedergegangen sind.» Das nordrhein-westfälische Landesumweltamt (LANUV) und Currenta selbst würden daher weiterhin Proben auswerten.
Der genaue Inhalt der Tanks in der Müllverbrennungsanlage war zuvor nicht öffentlich bekannt gewesen. Bei einer Pressekonferenz am Freitag hatte Currenta auf Nachfrage darauf verwiesen, es handle sich um einen Gegenstand in einem Ermittlungsverfahren. Das Unternehmen selbst wisse natürlich über den Inhalt Bescheid. Den Behörden seien diese Informationen auch «vollumfänglich» übergeben worden - am Donnerstag und Freitag seien die Daten verschickt worden. Einsatzkräfte am unmittelbaren Explosionsort hätten allerdings schon direkt Informationen zu den Stoffen gehabt.
Die gewaltige Explosion und ein anschließender Brand hatten am Dienstagmorgen eine riesige Rauchwolke über Leverkusen aufsteigen lassen, wenig später gingen Rußpartikel nieder. Anwohner befürchteten, es könnte sich um giftige Substanzen handeln.
Bei einer ersten Analyse das Landesumweltamts wurden gleichwohl keine Rückstände von Dioxin und dioxinähnlichen Stoffen festgestellt. Bei den Polychlorierten Biphenylen (PCB) und den Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) maßen die Experten nur sehr geringe Werte. Der Leverkusener Gesundheitsamtsleiter nannte Dioxine, PCB und PAK «die Trias des Bösen», vor der zurecht eine Sorge bestehe. Die Analyse-Ergebnisse hinsichtlich dieser Stoffe wurden daher als erste vorsichtige Entwarnung gewertet.
Das Landesumweltamt kündigte zugleich an, mit dem nun vorhandenen Wissen über die genaue Befüllung der Tanks weitere Untersuchungen anstellen zu wollen. Es handle sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme. Bis zu einer abschließenden Klärung sollen die Handlungsempfehlungen für Anwohner daher noch aufrechterhalten werden. Dazu zählt etwa, kein Obst oder Gemüse aus dem Garten zu essen oder verunreinigte Flächen anzufassen.
Nach der Detonation waren mindestens fünf Menschen umgekommen, zwei gelten weiterhin als vermisst. 31 Menschen wurden verletzt. Die Ursache für das Unglück ist noch nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall gegen unbekannt wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und fahrlässiges Herbeiführen einer Explosion.
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