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Keine Katastrophenlage erwartet, Risiko: Vermüllte Abflüsse

Düsseldorf/Offenbach (dpa/lnw)

Das Schlimmste scheinen die unwettergeschädigten Gemeinden im Westen bereits in der vergangenen Woche hinter sich gebracht zu haben. Auch wenn neuer Starkregen nur punktuell fallen könnte, beruhigt das die Gemüter allerdings nicht.

Von Bettina Grönewald, dpa

Menschen räumen Schutt aus ihren Häusern. Foto: Oliver Berg/dpa

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet für dieses Wochenende mit keiner neuen Unwetter-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen. Das sagte Diplom-Meteorologin Jacqueline Kerrn am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Diesmal sei kein langanhaltender Starkregen auf breiter Front zu erwarten.

In einzelnen, schon von Hochwasser geschädigten Gebieten könne es aber ab dem Abend punktuell zu Problemen kommen, wenn etwa größere Regenmengen Unrat zu den Abflüssen spülten und diese somit verstopften. Auf vielen Straßen liegen noch Berge von Sperrmüll.

Am frühen Abend gab der DWD eine amtliche Warnung der Stufe 2 vor starkem Gewitter mit Sturmböen um 70 Stundenkilometer, Starkregen und Hagel heraus. Laut Warnkarte waren zunächst vor allem das Münsterland und nördliche Teile des Ruhrgebiets betroffen. Die Niederschlagsmengen wurden mit 20 bis 30 Liter pro Quadratmeter binnen sechs Stunden angegeben.

Zum Vergleich: In der vergangenen Woche hatte flächendeckender Dauerregen mit Regenmengen von teilweise über 150 Litern pro Quadratmeter für die Hochwasser-Katastrophe in Teilen von NRW und Rheinland-Pfalz gesorgt.

Bereits hochwassergeschädigte Kommunen, wie etwa Leichlingen im Rheinisch-Bergischen Kreis, rüsteten sich bereits für neuen Starkregen und legten Abflüsse frei. An der Steinbachtalsperre wurden nach Angaben der Kölner Bezirksregierung vorsorglich Pumpenkapazitäten bereitgestellt, um den Wasserstand unterhalb einer kritischen Höhe zu halten. Um ihren Damm war in der vergangenen Woche tagelang gebangt worden.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz ermahnte die Bürger: «Stellt die Arbeiten an den Gewässern ein, wenn der Regen kommt.» Lokaler Starkregen könne an Gewässern, bei denen der Abfluss durch Sand- oder Kiesbänke, Bäume und anderen Unrat der vergangenen Unwetter ohnehin schon beeinträchtigt sei, plötzlich zu lokalen Überschwemmungen führen.

Eine erste Regenfront mit moderaten Niederschlägen hatte südliche Teile Nordrhein-Westfalens bereits bis zum Mittag erreicht. Auch im Kreis Euskirchen, in Bad Münstereifel und im besonders stark vom Jahrhundert-Unwetter geschädigten Eftstadt-Blessem regnete es.

In Blessem hatte der Starkregen in der vergangenen Woche einen tiefen Schlund in die Erde gespült. Bis auf 100 Meter darf sich weiterhin niemand der Abbruchkante nähern. Straßenmarkierungen weisen darauf hin. Mit vielen privaten Unterstützern, Soldaten sowie Einsatzkräften von Hilfsorganisationen gingen die Aufräumarbeiten vor Ort auch bei Regen weiter. In Blessem waren auch Mitarbeiter des Geologischen Dienstes NRW sowie Notfallseelsorger weiter auf den Straßen unterwegs.

Anwohner hatten ein großes Schild aufgestellt mit der Aufschrift: «DANKE DANKE DANKE DANKE DANKE». Unter den aussortierten Habseligkeiten am Straßenrand fanden sich einst sicher geliebte Schätzchen wie ein signierter, jetzt aber gammeliger Fußball der deutschen Nationalmannschaft und ein mit Schlamm verschmiertes Schulskelett.

Der Rhein-Erft-Kreis appellierte an die Bürger, bei den Aufräumarbeiten Handschuhe zu tragen. «In Schlamm und Schmutzwasser können sich Krankheitskeime befinden», hieß es in einer Mitteilung. Der Kreis kündigte zudem an, die Alarmierungsketten im Katastrophenfall aufzuarbeiten und zu verbessern. Bis zum frühen Abend wurden nach Angaben eines Sprechers keine Starkregenereignisse im Kreisgebiet verzeichnet. Der Erftverband habe Vorsorge getroffen, damit die Gewässer nicht überlaufen.

Anders als im rheinland-pfälzischen Ahrtal meldete die Polizei in NRW keine Verkehrsüberlastung durch den Zustrom an Helfern. Zwar hätten sich viele in Richtung Bad Münstereifel aufgemacht, berichtete ein Sprecher der Kreispolizei Euskirchen der dpa. «Aber die Bagger und Lkw werden ja gerade auch gebraucht. Wir haben das alles mit Augenmaß bewertet und keine Verbotszonen ausgesprochen.»

Die Zahl der bislang durch das Unwetter ums Leben gekommenen Todesopfer in NRW hat sich nach Angaben des Innenministeriums nicht verändert: «Nordrhein-Westfalen trauert um 47 Personen», twitterte die Behörde.

Die Gewitter sollten in der Nacht zum Sonntag zunächst abklingen. Ab Sonntagmittag werden allerdings neue Gewitter mit örtlichem Starkregen und Sturmböen um 80 Stundenkilometer erwartet. «Bei wiederholtem Auftreten lokal unwetterartige Mengen um 40 Liter pro Quadratmeter möglich», heißt es im Warnlagebericht. Am Sonntagabend und in der Nacht soll das Gewitter dann wieder abklingen.

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