Bau
NRW will mehr Tempo beim Brückenbau
Autofahrer-Frust verhindern, Baustellen verkürzen: Dieses ehrgeizige Ziel verfolgt der Landesbetrieb Straßen.NRW mit der Entwicklung neuer Verfahren beim Brückenbau. Der Verkehrsminister hofft, dass die Projekte Schule machen - auch wenn die Baukosten höher liegen.
Unna (dpa/lnw) - Landesverkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) will bei der Bewältigung des Sanierungsstaus bei Autobahnbrücken in NRW häufiger auf neue und damit schnellere Bauverfahren setzen. Seinen Angaben zufolge müssen in den nächsten Jahren mehr als 6000 Brücken erneuert oder saniert werden. «Der Druck ist so gewaltig geworden, dass man sich auch öffnen muss, mal mehr Geld für Tempo auszugeben», sagte Wüst am Donnerstag in Unna.
Dort ist gerade eine Brücke der A1 in Rekordzeit fertiggestellt worden. Acht Monate brauchten die Brückenbauer und damit halb so lang wie üblich. Dafür seien riesige Fertigbauteile eingesetzt worden, schilderten der Landesbetrieb Straßen.NRW und die zuständige Baufirma. Anders als bei der herkömmlichen Schalungsbauweise, bei der Beton vor Ort gegossen wird und erst aushärten muss, bis der nächste Bauschritt kommt, könne man enorm viel Zeit sparen. Der Verkehr werde entlastet, wenn die Brückenteile in einer Werkshalle vorproduziert würden, beschrieb der Geschäftsführer der Baufirma Echterhoff, Theo Reddemann. Auch beim Bau der Brückenkante erprobten die Fachleute mit einer vorgefertigten Stahlform ein zeitsparendes Verfahren.
Während der Bauzeit konnte der Verkehr die meiste Zeit auf sechs Spuren in beide Richtungen rollen. Reddemann geht davon aus, dass das Verfahren bei der großen Mehrheit aller Brückenerneurungen genutzt werden könne - sofern die Politik bereit sei, die Mehrkosten durch die Werksfertigung und den zusätzlichen Logistikaufwand zu stemmen. «Wenn Sie ICE fahren, bezahlen Sie ja auch mehr als wenn sie Regionalbahn fahren», sagte Reddemann.
Das Beispiel zeige zwar, dass die reinen Brückenbaukosten durch den Fertigteileinsatz höher liegen - der Minister bezifferte sie auf 5,5 Millionen Euro zu geschätzten 3,5 Millionen bei herkömmlicher Bauweise. «Aber der volkswirtschaftliche Nutzen ist natürlich gigantisch», sagte Wüst. Bauzeitverkürzung bedeute weniger Belastung durch Staus oder in anderen Fällen durch Umleitungsverkehre. «Deswegen ist das im Sinne der Steuerzahler nicht nur in Ordnung, sondern dringend geboten, das so zu machen», sagte Wüst.
Viele der rund 10 000 Brücken, die allein Straßen.NRW im bevölkerungsreichsten Bundesland betreut, sind in die Jahre gekommen. Größtenteils stammen sie aus den 60er und 70er Jahren und sind für geringere Lasten geplant. Immer mehr Verkehr und immer schwerere Lkw machen ihnen zu schaffen.
Ähnliche Bausteinverfahren sind daher in den vergangenen Jahren mehrfach erfolgreich erprobt worden. So wurde 2018 bei Emmerich eine Brücke über die A3 in sogenannter Segmentbauweise errichtet: Fertige Fahrbahnteile wurden nacheinander mit Kränen auf die Brückenträger gelegt. Die Baustelle vor Ort blieb nur mehrere Monate. Im selben Jahr entstand an der A46 bei Hagen in 100 Tagen die Bausteinbrücke Hammacherstraße. Auch im Eisenbahnverkehr gibt es ähnliche Ansätze.
Straßen.NRW geht zudem davon aus, dass sich die Kosten für die neuartigen Verfahren verringern, je häufiger sie genutzt werden. In den Ausschreibungen für neue Brückenprojekte gewähre man den Baufirmen dabei immer mehr Gestaltungsfreiheit, um auf der Suche nach schnellen und wirtschaftlichen Verfahren die Innovationskraft anzuregen, sagte der Abteilungsdirektor beim Landesbetrieb, Thomas Oehler.
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