Extremismus
Salafistischer Verein verboten: Bundesweite Razzia
Brunnenbau, Hilfe für Waisenkinder und Arme - Ansaar International präsentierte sich als großes muslimisches Hilfswerk. Tatsächlich gehe es dem salafistischen Verein aber um Terror-Unterstützung, sagen die Sicherheitsbehörden.
Berlin/Düsseldorf (dpa) - Das Verbot des salafistischen Düsseldorfer Vereins Ansaar International ist mit einer bundesweiten Razzia durchgesetzt worden. Allein in Nordrhein-Westfalen seien am Mittwoch mehr als 400 Polizisten im Einsatz gewesen, berichtete NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf. Es seien ein sechsstelliger Bargeldbetrag und mehr als eine halbe Million Euro auf zwei Konten sichergestellt worden.
«Ich finde es unerträglich, dass unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe Terroristen unterstützt werden», sagte Reul. In NRW sei Ansaar seit der Gründung 2012 vom Verfassungsschutz beobachtet worden. Der NRW-Verfassungsschutz habe mit seinen Erkenntnissen maßgeblich zum Verbot beigetragen. Es handele sich um ein salafistisches Netzwerk mit mehr als 300 Unterstützern. Man werde auch etwaige Nachfolgeorganisationen im Blick haben.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte Ansaar International und alle Ableger der islamistischen Vereinigung verboten. Das Verbot war am frühen Mittwochmorgen mit Durchsuchungen und Beschlagnahmungen in zehn Bundesländern vollstreckt worden. Die gute Zusammenarbeit zwischen Bund und Land habe sich erneut bewährt, sagte Reul.
Ansaar International hat seinen Hauptsitz in Düsseldorf, die Teilorganisation WWR-Help im benachbarten Neuss. Der Ansaar-Hauptsitz unweit des Düsseldorfer Hauptbahnhofes wurde am Mittwochmorgen ebenfalls durchsucht.
Zudem waren Objekte in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hessen betroffen.
Zur Begründung des Verbots hieß es aus dem Bundesinnenministerium, die Spendensammlungen von Ansaar seien in der Absicht erfolgt, diese an terroristische Vereinigungen im Ausland weiterzugeben, insbesondere an die Al-Nusra-Front in Syrien, an die palästinensische Hamas sowie an Al-Shabaab in Somalia. Die Unterstützung komme diesen Terrorgruppen teilweise direkt zugute. Teilweise würden zwar auch Hilfsprojekte unterstützt, «die jedoch unmittelbar zum Wirkungskreis der jeweiligen terroristischen Vereinigung zu zählen sind».
Das Ministerium ist außerdem der Auffassung, dass die Missionierungsaktivitäten der Gruppe gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen. Kinder aus Deutschland würden in die von Ansaar im Ausland aufgebauten Einrichtungen geschickt, «um dort salafistisch-extremistische Inhalte zu verinnerlichen und zurück nach Deutschland zu tragen».
«Wer den Terror bekämpfen will, muss seine Geldquellen austrocknen», sagte Seehofer, wie der Sprecher des Innenministeriums, Steve Alter, auf Twitter schrieb. Ausgangspunkt für das Verbot war eine Großrazzia bei dem Netzwerk im April 2019, bei der umfangreiches Material beschlagnahmt worden war. Etwa die Hälfte der 90 Menschen und Objekte, die damals betroffen waren, befanden sich in NRW.
Zu dem Geflecht von Vereinigungen, die nun verboten wurden, gehört den Angaben zufolge auch die nach dem deutsch-tunesischen Fußballspieler benannte Änis Ben-Hatira Foundation, zudem das Somalische Komitee Information und Beratung in Darmstadt und Umgebung e.V., der Verein Frauenrechte ANS.Justice, Ummashop und Helpstore Secondhand UG sowie Better World Appeal.
Durch die unwahre Angabe, die Gelder würden ausschließlich humanitären Zwecken zugutekommen, seien Spender betrogen worden, stellte das Innenministerium fest.
Wegen des Verdachts der Terrorfinanzierung im Zusammenhang mit Ansaar waren bereits im April in Nordrhein-Westfalen und Bayern Wohnungen durchsucht worden. Der Verdacht richte sich gegen drei Beschuldigte im Alter von 32 bis 40 Jahren, teilte die Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft damals mit. Man ermittle auch wegen des Verdachts des Betrugs und der Untreue. Bei einem der Beschuldigten handele es sich um einen Düsseldorfer Rechtsanwalt.
© dpa-infocom, dpa:210505-99-471999/6
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