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Verpflichtende Betriebsrente soll Altersarmut verhindern

Was nach Riester kommt

Düsseldorf

Der absehbar weiter zunehmenden Altersarmut will NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) mit verpflichtenden Betriebsrenten begegnen. Dass viele Arbeitnehmer später nur eine Rente auf dem Niveau der Grundsicherung erwarten könnten, beunruhige die Bevölkerung enorm, warnte er am Donnerstag bei einer Rentenkonferenz seines Ministeriums in Düsseldorf. „Wir werden den Menschen nicht erklären können, wenn sie 40 Jahre vollschichtig im Niedriglohnbereich arbeiten, dass ihre Rente auf Höhe der Grundsicherung nivelliert wird“, sagte Laumann. „Die Rente ist Bilanz einer Lebensleistung.“ In Köln etwa liege die Grundsicherung wegen der hohen Wohnungskosten bei 1055 Euro – dafür müsse ein Durchschnittsverdiener 33 Jahre lang Beiträge einzahlen. „Das ist ein Gerechtigkeitsthema in der Bevölkerung.“

Hilmar Riemenschneider

Vielen Menschen bleibt auch nach einer langen Arbeitszeit eine Rente, die kaum über der Grundsicherung liegt. „Das ist ein Gerechtigkeitsthema in der Bevölkerung“, sagt NRW-Sozialminister Laumann. Foto: dpa

Seine Forderung untermauerte der Minister mit Zahlen: Die Arbeitnehmer mit mehr als 75 000 Euro Jahreseinkommen kämen zu 75 Prozent in den Genuss von Betriebsrenten, bei 24 000 Euro Jahreseinkommen seien es hingegen nur 15 Prozent. Insgesamt profitiere mit 47 Prozent nicht einmal jeder zweite Arbeitnehmer von Betriebsrenten.

Bei den unzähligen Angeboten zur Riester-Rente herrscht nach Laumanns Ansicht Chaos. Nur ein Drittel aller Arbeitnehmer habe sich in den letzten 18 Jahren dafür entschieden. Und wer sich nicht intensiv damit befasse, laufe schnell Gefahr, Opfer unfairer Angebote zu werden. Oberster Anspruch an ein neues Modell aus Arbeitnehmersicht sei, dass man damit „nichts verkehrt macht“, forderte Laumann. „Das heißt für mich, dass wir eine Verpflichtung zur Betriebsrente brauchen.“

Das hessische Finanzministerium hat als Modell für die private Vorsorge die „Deutschlandrente“ entworfen, die obligatorisch für alle Arbeitnehmer sein soll. Wer das nicht wolle, habe aber eine Ausstiegsoption. „Der Staat schubst den Bürger ins richtige Verhaltensmuster“, sagte Ministeriums-Experte Matthias Schenk. Vorteil des Systems seien geringe Kosten. Der „Deutschlandfonds“ setze auf Aktien und konkurriere mit privaten Angeboten, um diese günstiger zu machen. Wichtig sei, dass keine kostentreibenden Garantien gegeben werden.

Für den Bundesverband der Verbraucherzentralen hat Riester ausgedient, wie Rentenexpertin Dorothea Mohn betonte. Sie warb für eine obligatorische Standardversicherung in öffentlich-rechtlicher Hand, für die kaum Vertriebskosten anfallen. Auch Selbstständige sollen dort einzahlen können. Die Kapitalanlage solle der Markt übernehmen.

Riester sei nicht so schlecht wie dargestellt, hielt Ilka Houben vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft dagegen. „Das Glas ist nicht halb leer, sondern Dreiviertel voll.“ Die Versicherungen seien für ein günstiges Standardprodukt als Onlineangebot offen. Es enthalte weniger Wahlmöglichkeiten, Wohn-Riester etwa passe da nicht rein. Veränderungen müssten nicht staatlich dirigiert werden, mahnte Houben. Eine obligatorische Zusatzversicherung löse auch nicht das Problem, das jeder dritte Haushalt keine Rücklagen bilden könne, zehn Prozent seien sogar überschuldet.

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