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Land plant Pipelines bis Lingen

Wasserstoff-Revolution aus der Röhre

Düsseldorf

In einer "Roadmap" plant Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) ein 1500 Kilometer großes Wasserstoffnetz für NRW. Das Land hätte die besten Chancen auf eine führende Position in der Wasserstoff-Epoche, doch es gibt auch kritische Stimmen.

Hilmar Riemenschneider

Vorzeigeprojekt: Im Stahlwerk Duisburg baut Thyssen-Krupp den ersten Hochofen um, der klimaneutral mit Wasserstoff statt mit Koks arbeitet. Foto: Thyssen

Der Weg in die klimaneutrale Zukunft verläuft unterirdisch. 240 Kilometer Wasserstoff-Pipelines verlaufen heute schon unter Nordrhein-Westfalen, vor allem an Rhein und Ruhr. Das sei jetzt schon das vielleicht dichteste Netz in ganz Europa, sagte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Montag in Düsseldorf. Nordrhein-Westfalen habe die besten Voraussetzungen, um sich in der jetzt anbrechenden Wasserstoff-Epoche eine führende Position zu sichern. Welchen Kurs das Land dafür einschlagen muss, steht in einer vom Minister vorgestellten „Roadmap“, die gleich in drei Sprachen veröffentlicht wurde.

Tausende Kilometer Netz geplant

Ein zentrales Element dafür ist der Bau einer landesweiten Infrastruktur. Dazu gehören neue und größere Pipelines, durch die klimaneutral produzierter Wasserstoff verteilt werden soll. Bis 2050 würden allein in NRW rund 1500 Kilometer Netz benötigt, sagte Pinkwart, bundesweit seien es 6000. Die ersten 120 Kilometer Pipelinenetz sollen in fünf Jahren fertig sein, weitere 240 bis 2030.

Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP)

„Das Ziel, die industriellen Prozesse in Nordrhein-Westfalen bis 2050 annähernd klimaneutral zu gestalten, kann nur durch den Einsatz von Wasserstoff erreicht werden“, betonte Pinkwart. Etwa 90 Prozent der absehbar benötigten Menge müsse importiert werden.

Wasserstoff aus Köln, Lingen und den Niederlanden

Zunächst aber sollen zwei große Anlagen zur Elektrolyse in Köln und Lingen entstehen. Mit 100 Megawatt soll der in Lingen geplante Elektrolysateur Wasserstoff für die Chemiestandorte Gelsenkirchen und Marl produzieren. Das seien nur zwei von 13 geplanten, vier Milliarden Euro schweren Investitionen der Industrie, betonte der Minister. Auch aus den Niederlanden soll Wasserstoff, der mit Windkraft von der Nordsee erzeugt wird, nach NRW fließen.

Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP)

Bis zu 130 000 zusätzliche Arbeitsplätze könnten so entstehen, etwas im Anlagen- oder Pipelinebau, erklärte Pinkwart. Dabei rechne er Jobs ein, die erhalten blieben. „Die Industrie wird global umgekrempelt, wenn man auf Basis von Wasserstoff arbeiten will.“

Auch Steinfurt ist wichtig

Nicht nur die großen Meilensteine seien entscheidend, sondern die Initiativen in vielen Regionen. Als Beispiel nannte Pinkwart den Kreis Steinfurt, der sich zwar nicht als Modellregion für Wasserstoffmobilität durchsetzen konnte, aber die Initiative fortsetze. Auch die Entscheidung der Firma Enapter, in Saerbeck eine Massenproduktion für Elektrolyseure mit 300 Arbeitsplätzen zu errichten, sei entscheidend.

Bis 2025 sollen entsprechend der Landesvorgabe 20 Wasserstofftankstellen für Lastwagen und 60 für Pkw entstehen. 400 Lkw und 500 Busse, dazu erste Binnenschiffe sollen von Brennstoffzellen angetrieben werden. Fünf Jahre später sollen es 11 000 Lkw und 3800 Busse sein.

Kritik: Ökostrom vernachlässigt

Mit den industriellen Wertschöpfungsketten besitze NRW ein Alleinstellungsmerkmal für die Wasserstoff-Technologie, lobte der Präsident von Unternehmer NRW, Arndt Kirchhoff, die Kursvorgabe. Das sei im Wettbewerb eine gute Ausgangsposition. Dagegen monierte der Vorsitzende des Landesverbands Erneuerbare Energien, Reiner Priggen, das Land lasse Potenzial ungenutzt, weil es die eigene Wasserstoffproduktion mit Ökostrom vernachlässige.

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