Kita-Gesamtleitung Ramona Kasper nach der Flutkatastrophe im Ahrtal
„Wir machen es uns wieder schön!“
Münster/Bad Neuenahr-Ahrweiler
Das vergangene halbe Jahr hatte sich Ramona Kasper anders vorgestellt. Doch dann kam die Flutkatastrophe, brachte Zerstörung ins Ahrtal – und der Gesamtleitung katholischer Kitas eine Menge Arbeit. Inzwischen haben die Einrichtungen wieder Hoffnung – auch das der Spenden unserer Leser. Ein Interview.
Es ist jetzt gut ein halbes Jahr her, dass die Flutkatastrophe durch das Ahrtal rauschte. Sie tötete Menschen und verwüstete einen ganzen Landstrich, darunter auch viele Kindertagesstätten. Seitdem ist viel passiert, die Einrichtungen sind in Provisorien untergebracht und laufen dort wieder – nicht zuletzt durch die Hilfe unserer Leser, die bei der Spendenaktion der Zeitungsgruppe Münsterland / Westfälische Nachrichten und Partner weit über 800 000 Euro spendeten. Fünf zerstörte Kita zählte alleine die bistumseigene Kita gGmbH. Wie ist heute dort die Lage? Unser Redaktionsmitglied Gunnar A. Pier fragte Ramona Kasper, Gesamtleiterin bei der Kita gGmbH.
Frau Kasper, wenn Sie an das vergangene halbe Jahr zurückdenken: Was fällt Ihnen als erstes ein?
Kasper: Hilfsbereitschaft.
Ach, gar nicht zuerst die Not?
Kasper: Die Hilfsbereitschaft resultiert ja aus der Not. Aber ich möchte grundsätzlich das Positive sehen. Und bei all der Not und dem Elend und der Schwere der Flutfolgen gibt die Hilfsbereitschaft Hoffnung. Das ist das Bleibende.
Die Flut kam am 14. Juli 2021. Wann haben Sie zuerst davon mitbekommen?
Kasper: Kurz bevor sie kam stand ich in einer Vollsperrung auf der A 61. Dann bin ich durch gefühlt einen halben Meter Wasser gefahren und habe gedacht: Okay, wir haben wieder Hochwasser. Erst am nächsten Morgen war dann klar, dass das die absolute Katastrophe ist.
Wann wurde Ihnen klar, dass das Ihre Arbeit der kommenden Jahre prägen wird?
Kasper: Das hat ein paar Stunden gedauert. Aber gegen Mittag wussten wir, dass es noch viel schlimmer ist als befürchtet. Fünf Einrichtungen sind zerstört, das wird uns beschäftigen – mal abgesehen von den menschlichen Schicksalen und der Sorge um Kollegen, von denen ich noch nichts gehört hatte. Das hat mich tief bewegt.
Was war in der ersten Zeit die größte Herausforderung?
Kasper: Das Chaos zu ordnen und zu gucken: Wie können wir Personalstellen halten, wie gehen wir mit den Gebäuden um, wie können wir eine Perspektive entwickeln? Dann ging es darum, Ausweichquartiere zu finden.
Nun waren ja nicht nur Kitas betroffen, sondern mancherorts alle Menschen und Institutionen. Gab es ein Wettrennen um die angebotenen Hilfen?
Kasper: Nein, das habe ich nicht wahrgenommen. Die angebotenen Hilfen sind uns ja geschenkt worden, wir mussten mit niemandem konkurrieren. Wir haben so viel angeboten bekommen, dass wir manchmal signalisiert haben: Davon haben wir genug, fragt mal bei den anderen! Bei allem, was wir brauchen, ist der Blick für die anderen nie verloren gegangen.
Viele Ihrer Einrichtungen sind ja in der Gemeinde Grafschaft untergekommen . . .
Kasper: Die Grafschaft hat sofort gesagt: Ihr könnt für die Kitas unsere Gemeinderäume nutzen. So konnten wir den Eltern so schnell wie möglich wieder eine Betreuung anbieten. Sie mussten ja alle ihre Häuser vom Schlamm befreien. Sie mussten so viel schaffen – da war es uns wichtig, unseren Teil zu leisten. Dabei waren ja viele unserer Mitarbeiter auch selbst betroffen.
Wo stehen Sie heute?
Kasper: Der Wiederaufbau ist in den Anfängen, die Bauträger erstellen gerade Pläne. Wir sind mit zwei Einrichtungen schon im endgültigen Ausweichquartier, zwei weitere ziehen im Februar um und die fünfte um Ostern herum. Dann haben alle wieder angemessene Räume in speziellen Kita-Containern.
Wie lange bleiben die Kitas in den Ausweichquartieren?
Kaspar: Das kommt darauf an, wie lange es dauert, die Gebäude wieder herzustellen. Aber ich rechne mit drei bis fünf Jahren – bei dem Handwerkermangel. Es muss ja alles aufgebaut werden, auch die Schulen, die Wohnhäuser, einfach alles.
Welche Bedeutung hat bei all dem das Geld, das unsere Leser gespendet haben?
Kasper: Das gibt eine große Sicherheit – und bereitet allen vor allem eine große Vorfreude auf das Einrichten der Ausweichquartiere und der neuen Häuser. Es ist eine sehr große Entlastung zu wissen: Wir machen es uns dann wieder schön! Diese Aussicht trägt alle Beteiligten.
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