Christian Löbbering weiß um eine bestimmte Problematik
Schützenfest oder Punktspiel?
Kreis Steinfurt
Gleichzeitig Mitglied einer Fußballmannschaft und in einem Schützenverein zu sein, das geht 51 Wochen im Jahr gut. Ende Mai, Anfang Juni kommt aber die Zeit, in der es Probleme geben könnte: Fußball- und Schützenfestsaison überschneiden sich. Da Prioritäten zu setzen, ist nicht immer einfach. Wenn einer Ratschläge geben kann, dann ist es Christian Löbbering – und das aus gutem Grund.
Ende Mai, Anfang Juni werden die finalen Entscheidungen in den Fußball-Ligen getroffen, zeitgleich beginnt die Schützenfestsaison. Das führt zu Terminkollisionen und Interessenskonflikten, schließlich sind viele Kicker auch Schützenbrüder. Und die müssen sich dann entscheiden – Festzelt oder Fußballplatz? Christian Löbbering weiß um die Problematik: Er ist Vorsitzender des Schützenvereins Leer-Ostendorf und dazu seit Jahren im Trainergeschäft unterwegs. In dieser Saison coachte er die erste Mannschaft von Westfalia Bilk in der B-Liga. Ob oder wie sich Vogelschießen, Königsbälle und Punktspiele kombinieren lassen, das wollte WN-Sportredakteur Marc Brenzel von dem 39-Jährigen wissen.
Herr Löbbering, Sie sind Vorsitzender des Schützenvereins Leer-Ostendorf und haben in dieser Saison gleichzeitig die Bilker Fußballer trainiert. Wie ist es zu dieser interessanten Doppelrolle gekommen?
Löbbering: Die Anfragen, ob ich die jeweiligen Posten übernehmen könnte, kamen in etwa zeitgleich. Bevor ich zugesagt habe, habe ich zehn Nächte unruhig geschlafen. Und nach beiden Zusagen kamen weitere zehn Nächte mit wenig Schlaf hinzu. Mir war schließlich bewusst, dass Schützenverein und Fußball für die Leute hier in unserer Region zwei ganz, ganz wichtige Dinge sind. Da übernimmst Du viel Verantwortung.
Ähnelt die Trainertätigkeit dem Aufgabenbereich eines Schützenvereinsvorsitzenden? In beiden Funktionen sind schließlich wichtige Entscheidungen zu treffen.
Löbbering: Als Trainer kannst Du nach einem schlechten Spiel schneller was bewegen, indem Du die auswechselst oder die Taktik anpasst. Im Schützenverein geht das nicht so fix. Dort kommen in der Regel drei Generationen zusammen, die unterschiedliche Vorstellungen haben können. Da ist man auch ein bisschen als Moderator gefragt und muss gewisse Traditionen im Auge behalten.
Jetzt am Pfingstwochenende finden zahlreiche Schützenfeste statt: in Ochtrup, in Metelen, in Wettringen oder in Borghorst. Und am Pfingstmontag geht der letzte Spieltag in den Fußball-Ligen über die Bühne. Viele Fußballer, die auch Schützenbrüder sind, haben ein Problem: Sie können sich nicht zweiteilen. Wie sehen Sie das aus Sicht des Trainers?
Löbbering: Für viele im ländlichen Raum ist das Schützenfest ein absolutes Highlight im Jahr. Als Trainer einer Kreisliga-Mannschaft toleriere ich daher, wenn die Jungs dann ausnahmsweise abends vor dem Spiel auf dem Zelt sind. Aber ich stehe tags darauf bestimmt nicht da und applaudiere denen auch noch. Im Endeffekt geht es als Trainer darum, die Situation richtig zu bewerten.
Wie meinen Sie das?
Löbbering: Geht es um Auf- oder Abstieg, muss der Fußball im Vordergrund stehen. Schützenfest ist schließlich jedes Jahr, Meister kann man man nicht ganz so oft werden.
Standen Sie als Aktiver oder Trainer schon vor der Frage Schützenfest oder Fußballspiel?
Löbbering: Nein, Gott sei dank feiern wir unser Schützenfest Mitte Juli. Da ist keine Fußballsaison. Ich kenne aber Jungs aus meiner früheren Zeit als Spieler – Namen nenne ich nicht – , die haben sich immer kurz vor ihrem Schützenfest eine Rote Karte oder Zerrung geholt. Schon komisch. Ich habe früher ja auch mal selbst eine Zeit in Bilk gekickt. Einmal fehlten uns vier Leistungsträger, weil sie lieber zum Rothenberger Schützenfest gegangen sind. Das hatten sie aber vorher abgesprochen, denn die Saison war mehr oder weniger gelaufen und wir hatten einen großen Kader. Mal abgesehen davon handelte es sich um Jungs mit einem top Charakter, die dem Fußball im Zweifelsfall den Vorzug gegeben hätten. Unter anderem war Lui Schilling dabei.
Der hatte doch mal ein ganz großes Spiel, das sich jetzt jährt, oder?
Löbbering: Ja, genau. Lui hat, bevor er nach Bilk gewechselt ist, in Wettringen gespielt. An Pfingsten 1995 wurde in Neuenkirchen das Aufstiegsspiel in die Landesliga zwischen dem FC Vorwärts und SG Burgsteinfurt ausgetragen. An dem Tag war auch das Schützenfest der Wettringer Junggesellen. Die sind mit mehreren Bussen rübergekommen und haben ihre Jungs in voller Montur angefeuert. Mit Erfolg: Wettringen hat nach 0:2 noch 3:2 gewonnen. Ich war zwar selbst nicht da, aber Lui hat mir erzählt, wie irre das gewesen sein muss.
Schützenfest ohne Musik – das ist unvorstellbar. Fußball und Musik – das geht auch prima zusammen. Welche Songs hören Sie in welchem Ambiente eigentlich am liebsten?
Löbbering: Während der Schützenfeste finde ich „Griechischer Wein“ von Udo Jürgens am besten. In der Kabine oder bei Mannschaftspartys ist das bei mir „You‘ll never walk alone.“
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