1. www.wn.de
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Lokalsport
  6. >
  7. Lady in Red

  8. >

Corina Schröder aus Dingden spielt für die Liverpool Ladies

Lady in Red

Manchmal muss man einfach mal Tabula rasa machen, um abhanden gekommene eigene Stärke und Selbstvertrauen wiederzugewinnen. Corina Schröder machte im Februar 2013 reinen Tisch und zog einen Schlussstrich: Nach zehn Jahren in der höchsten deutschen Spielklasse und einem zuletzt unbefriedigendem Engagement beim SC Bad Neuenahr hatte sich die Erstliga-Fußballerin den Ladies des FC Liverpool angeschlossen.

Mirko Ludwig

Der Entschluss zum Wechsel reifte in kurzer Zeit – innerhalb weniger Wochen schlug Corina Schröder ein neues Lebenskapitel auf. Knapp zwei Jahre ist es nun her, dass die heute 28-Jährige Deutschland vorübergehend Lebewohl sagte und rund 700 Kilometer fern ihrer Heimatstadt Dingden bei Bocholt mit „Welcome to England“ begrüßt wurde. Der goldrichtige Schritt: „Ich fühle mich richtig wohl“, sagte sie kürzlich nach ihrer Vertragsverlängerung bis Herbst 2017. Eigentlich hatte „Coco“, so ihr Rufname, nur ein zweijähriges Gastspiel geplant gehabt.

Linksfuß gesucht – mit diesem Suchprofil hatte sich der englische Club im Frühjahr 2013 gezielt an Schröders Berater Dietmar Ness gewandt. „Liverpool war schon ein klangvoller Name, aber zu dem Zeitpunkt war das Damenteam Letzter in der ,FA Women’s Super League’ und in der Stadt weitestgehend unbekannt“, erinnert sich Corina Schröder. Trotzdem entschied sie sich für den „Tapetenwechsel“ und wurde dazu von Nicole Rolser, die bereits bei den „Reds“ spielte, ermuntert: „Hier entwickelt sich was“, meinte ihre ehemalige Mitspielerin aus Bad Neuenahr verheißungsvoll.

Für Corina Schröder war es ein „Schritt in eine neue Zukunft“ – aber unter anderen Vorzeichen: „Fußball stand für mich nicht mehr so im Vordergrund“, erzählt die Abwehrspielerin rückblickend. Stärker fokussiert war die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau zunächst darauf, für ihr anderes berufliches Standbein Auslandserfahrungen zu sammeln und Sprachkenntnisse auszubauen. Dabei sollte es jedoch nicht bleiben – die ersten beiden Saisons auf der Insel nahmen für den Club und für Corina Schröder persönlich überraschende Verläufe.

Denn auch die Verantwortlichen der Liverpool Ladies setzten alles auf die Karte Neustart. Zwölf Spielerinnen wurden verpflichtet, ein international besetztes Team mit Spielerinnen aus den USA, Island, Schweden, Portugal, Deutschland und England. Das Konzept ging auf: Die Liverpool Ladies entwickelten sich zu einer verschworenen und erfolgreichen Gemeinschaft. Zwei Mal hintereinander sicherten sie sich die englische Meisterschaft und qualifizierten sich für die Champions League.

Großes Lob gab es hinterher insbesondere auch für die beiden Deutschen: „Nicole Rolser und Corina Schröder hatten einen unschätzbaren Wert bei den zwei Titelgewinnen und werden weiter Schlüsselspielerinnen sein", sagte Teammanager Matt Beard.

Corina Schröder

Vor allem für Corina Schröder hat sich seitdem einiges grundlegend geändert: „In England habe ich zu alter Stärke zurückgefunden. Da ich Abstand gewonnen und somit wieder den Kopf frei habe, kann ich meine Fähigkeiten richtig einsetzen.“ Sie spielt links in der Vierer-Abwehrkette und beschreibt ihre Stärken unter anderem so: „Ich kann ein Spiel gut lesen und marschiere viel mit nach vorn.“

Früher Karrierebeginn

Bereits seit ihrem dritten Lebensjahr ist Fußball ihre Leidenschaft – auch familiär bedingt: Ihre Eltern, der ältere Bruder und ihre Cousinen haben auch Fußball gespielt. Daher nahm die sportliche Karriere von Corina Schröder folgerichtig frühzeitig ihren Lauf: Ab den „Bambinis“ bis zur D-Jugend spielte sie als einziges Mädchen in einem Jungenteam von BW Dingden und erarbeitete sich auf dem Feld großen Respekt und viel Anerkennung, was in ihrer Wahl zum Kapitän der Truppe gipfelte.

Video-Interview mit Corina Schröder anlässlich eines Heimatbesuches:

Nach den Stationen HSC Dingden-Berg und SV Brünen wurde Erstligist FCR 2001 Duisburg auf das Talent aufmerksam. Corina Schröder beendete parallel zu ihrem Fußball-Engagement erfolgreich ihre Ausbildung und arbeitete anschließend ein Jahr lang noch in ihrem Beruf als Groß- und Außenhandelskauffrau. Ihr Bundesligadebüt feierte die Dingdenerin 2003. Ganz auf die Karte Fußball setzte sie, als Turbine Potsdam 2011 die Abwehrspielerin verpflichtete.

Insgesamt bestritt Corina Schröder 141 Bundesligaspiele und feierte auch in Deutschland mehrere Titelgewinne: Deutsche Meisterschaft (2010, 2011), DFB-Pokalsieg 2009, Champions-League-Gewinn 2010 und „Women’s Cup“-Gewinn 2009. „Ohne meine Eltern hätte ich es nie so weit geschafft“, sagt die Dingdenerin.

Mit dem FC Liverpool „möchte ich weiter oben an der Spitze mitspielen. Das wird schwer, weil viele Teams wie Arsenal, Manchester City und Chelsea weiter aufrüsten. Es wird jetzt viel Geld im Spiel investiert. Betrachtet man das Medieninteresse und Zuschaueraufkommen, geht es mit dem englischen Frauenfußball zurzeit richtig steil bergauf“, berichtet Corina Schröder.

Corina Schröder

Hierfür hat sie mit ihren Mitspielerinnen in der englischen Hafenstadt selbst gesorgt. Die Liverpooler Ladies haben sich einen Namen gemacht. Auch die Kicker der ersten Herrenmannschaft machten den Damen „ihre Aufwartung“ und luden die erfolgreichen Fußballerinnen zum Frühstück ein. Spieler wie beispielsweise Steven Gerrard und Luis Suarez „sind nett, zuvorkommend und haben keine Star-Allüren“, erzählt Corina Schröder von der Begegnung.

Besondere Geschichte

Der FC Liverpool ist ihr ans Herz gewachsen. Alle Neuzugänge werden zu „Dienstbeginn“ von Mitarbeitern geschult und für Geschichte des Clubs sensibilisiert. „Der Verein ist eine riesengroße Familie, zu der auch jeder einzelne Fan dazugehört. Es ist beeindruckend, wie die überwiegend positive aber auch teilweise negative Geschichte des FC Liverpool – Stichwort Hillsborough – alle noch mehr zusammengeschweißt hat.“

Die Liebe zu ihrer neuen fußballerischen Heimat könnte auch noch zu einer späten Ehre führen: „Wer weiß, vielleicht spiele ich irgendwann noch für die englische Nationalmannschaft“, sagt Corina Schröder schmunzelnd. Der Zug für eine Nominierung für das DFB-Frauen-Team ist ihrer Einschätzung für sie mittlerweile abgefahren. Hierfür war „in meiner entscheidenden Karrierephase in Potsdam das Verletzungspech der Nackenschlag“.

Theoretisch soll ihr Einsatz für England möglich sein. „Sofort wäre dies machbar, wenn ich einen Engländer heiraten würde. Den gibt’s aber noch nicht…“, scherzt Corina Schröder.

Startseite