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Fußball: Interview mit Julius Schell

„Man verliert nicht den Glauben“

Tecklenburg

Vom kahlen Feld in Tecklenburg zum Berger Feld auf Schalke: Die Fußballkarriere von Julius Schell kann sich sehen lassen -- und auch die Geschichte zur Karriere ist höchst unterhaltsam.

Von Oliver Wilmer

Julius Schell kickt aktuell bei der U23 des FC Schalke 04 in der Regionalliga Foto: Schalke 04

Julius Schell aus Lengerich ist fester Bestandteil des Regionalliga-Teams des FC Schalke 04. Im Dezember hat der Innenverteidiger Teile der Wintervorbereitung bei den Profis unter Thomas Reis mitgemacht. Seine Karriere startete am Kahlen Berg bei TuS Graf Kobbo Tecklenburg. Von da aus führte ihn sein Weg zu Preußen Lengerich, ehe 2012 der Wechsel zu Borussia Dortmund folgte. So gut der 23-Jährige kann, verfolgt er auch die Laufbahn seines Zwillingsbruders Lukas, der derzeit Torwart bei TGK Tecklenburg ist und in seiner Jugend beim S04 spielte.

Den Großteil der Jugend hast du bei Borussia Dortmund verbracht. Wie war die Ausbildung dort?

Julius Schell: Von Jahr zu Jahr wurde es immer ernster. Früher waren wir viel auf Turnieren im Ausland unterwegs und haben viele internationale Vergleiche gespielt. Mit der U17-Bundesliga wurde die Liga wichtiger. Da war es immer Borussia Dortmunds Ziel, Deutscher Meister zu werden. Es wurde immer leistungsbezogener und am Ende waren vielleicht noch vier oder fünf Spieler übrig, die mit mir angefangen haben. Ich musste mich immer neu durchsetzen und wenn das geklappt hat, war das gut für meine Entwicklung.

2020/21 warst du an TuS RW Koblenz ausgeliehen. Wie kam es dazu?

Schell: Ich war der Einzige aus der U19, der einen Vertrag für die U23 bekommen hat, war aber zu Beginn viel verletzt. In der U23 hatten wir einen neuen Trainer bekommen, der mir klar gesagt hat, dass er nicht mit mir plant: Ich sollte mich ausleihen lassen. Heiner Backhaus, Trainer vom TuS Koblenz, hat das mitbekommen und hat mich direkt angerufen. Das hat menschlich super gepasst.

Wie war deine Zeit dort?

Schell: Es war anders und nicht ganz so professionell wie in Dortmund. Beim BVB wurde eigentlich alles für die Spieler gemacht, vor allem im Internat. Wir hatten dort drei Rasenplätze plus Kunstrasenplätze zum Ausweichen. In Koblenz hatten wir andere Platzbedingungen und sind teilweise im Winter auf ein Feld von den dortigen Leichtathleten ausgewichen. Ich kannte so etwas nicht und ich habe gelernt, das wertzuschätzen und zu respektieren, was ich habe. Das Jahr in Koblenz hat mich geprägt. Ohne diese Saison beim TuS, wäre es für mich schwierig geworden.

2021 folgte der Schritt zum FC Schalke. Wie ist das passiert?

Schell: Heiner Backhaus ist Schalker durch und durch. Er kannte den Chefscout von Schalke und hat mich dort empfohlen. Der hat mich dann beobachtet, und da habe ich ihn wohl überzeugt. Mir war schnell klar, dass ich auf Schalke spielen möchte.

Hast du vorher mit deinem Bruder darüber gesprochen?

Schell: Ja klar. Wenn es zeitlich passte , habe ich mir damals auch seine Spiele auf Schalke angesehen. Der Kontakt zum S04 war irgendwie immer da.

Wie viel Kontakt hast du zu deinem Bruder?

Schell: Regelmäßig, wenn ich in der Heimat bin. Wir telefonieren aber auch immer mal wieder.

Und generell nach Tecklenburg bzw. Lengerich?

Schell: Nicht mehr so viel. Mein Freundeskreis hat sich ins Ruhrgebiet verschoben.

Wie sehr verfolgst du, was dein Bruder und die Kobbos machen?

Schell: Das mache ich immer – zumindest schaue ich mir die Ergebnisse an. Wenn ich in der Heimat bin und Kobbo spielt, stehe ich als Zuschauer am Rand.

Was traust du ihm und Tecklenburg in dieser Spielzeit noch zu?

Schell: Leider ist Tecklenburg nicht so gut in die Saison gestartet. Mit Julian Lüttmann und Klaus Bienemann ist die Mannschaft gut aufgestellt. Ich glaube, der Verein hat Lust darauf, dass es nach vorn geht.

Zurück zu dir. Letztes Jahr übernahm Jakob Fimpel Ende März von Thorsten Fröhling das Traineramt. Damals standet ihr nur einen Punkt über dem Abstiegsplatz. Ihr habt die Klasse gehalten und steht jetzt im oberen Mittelfeld. Wie ist die Arbeit unter Jakob Fimpel?

Schell: Die Arbeit unter Jakob ist sehr gut! Bei jedem einzelnen Spieler ist aus meiner Sicht eine Entwicklung zu sehen. Es ist eine konstante und spielerische Entwicklung der gesamten Mannschaft erkennbar. Was er von uns verlangt, zeigt sich immer deutlicher in unseren Spielen.

Hinter Preußen Münster stellt ihr die zweitbeste Offensive der Liga. Was macht euch so stark?

Schell: Unsere Art und Weise, Fußball zu spielen ist: Wir spielen mutig nach vorne und laufen hoch an. Das Spiel bestimmen wir und warten nicht ab. Das ist das, was der Trainer auch von uns sehen will.

In 17 von 19 Spielen kamst du zum Einsatz und standest 15 Mal in der Startelf. Was glaubst du, macht dich so wertvoll für das Team?

Schell: Ich habe schon viele Spiele in der Regionalliga und im Seniorenfußball gemacht. Aus Koblenz kannte ich das Gefühl, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht und gewinnen muss. Das hat mir vor allem in der vergangenen Saison sehr geholfen. Außerdem denke ich auch, dass ich über eine gewisse individuelle Qualität verfüge, mit der ich der Mannschaft helfen kann.

Wie hast du erfahren, dass du bei den Profis mittrainieren sollst?

Schell: Das habe ich morgens in der Kabine erfahren. Wir hatten um 10 Uhr Training, die Profis eine halbe Stunde später. Dann kam unser Co-Trainer Willi Landgraf in die Kabine und hat mir mitgeteilt, dass ich dort mittrainieren soll.

Und dann warst du im Oktober gegen Hoffenheim und Freiburg Teil des Kaders. Wie war das für dich?

Schell: Das war was ganz Neues und wirklich sehr schön. Es ist noch mal einen Tick professioneller als in der U23. Gegen Freiburg war eine überwältigende Stimmung in der VELTINS-Arena. Die Fans haben eine riesige Choreo in der Nordkurve veranstaltet. Das war schon sehr krass von unten zu sehen.

Mit Soichiro Kozuki hat es der nächste von Euch zu den Profis geschafft. Wie nimmst du das als Mitspieler wahr?

Schell: Ich freue mich sehr für Soichiro. Wir waren fünf Spieler aus der U23, die im Dezember Teile der Profi-Wintervorbereitung absolviert haben. Da habe ich hautnah miterlebt, wie viel Gas Soichiro in jedem Training gegeben hat. Als Typ ist er ein ganz lieber Junge, der immer fleißig ist. Ich gönne es ihm einfach. Das ist auch Motivation: Man sieht, dass der Sprung aus der Knappenschmiede in die Lizenzmannschaft möglich ist und verliert nicht den Glauben. Es ist eine Bestätigung, dass es immer richtig ist, weiter Gas zu geben.

Was sind deine Ziele für die Rückrunde?

Schell: In erster Linie möchte ich an unsere bisherige Leistung anknüpfen. Außerdem möchte ich mich auch persönlich entwickeln und die Mannschaft führen. Wir wollen auch mal eins der Topspiele gewinnen. Gegen Münster haben wir zwei Mal geführt (Anm. d. Red.: das erste Spiel wurde aufgrund eines Unwetters abgebrochen), warum sollte man das dritte Spiel nicht gewinnen?

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