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Münsters Sportler und Sportlerinnen des Jahres 2022

Überraschungen, Versprechen und ein Schrei: So lief die Ehrung im Jovel

Münster

War das ein Fest, nach drei Jahren endlich wieder persönlich zur Sportlerwahl zusammenkommen zu können. Im Jovel wurden die Besten des Jahres 2022 ausgezeichnet – und wurden von Münsters Sportfamilie gefeiert.

Die Geehrten: Florian Wirsen nahm den Pokal stellvertretend für die Münster Blackhawks entgegen, Carlotta Schünemann wurde Juniorsportlerin des Jahres, Bernhard Niewöhner bekam den Sport-Oskar, Verena Vogt wurde Sportlerin des Jahres, Nils Voigt Sportler des Jahres 2022 (v.l.).  Foto: Juergen Peperhowe

Eigentlich war es ein rundum gelungener Abend im Jovel, die münsterische Sportfamilie feierte sich selbst und natürlich ihre Sportler, Sportlerinnen und die Mannschaft des Jahres. Aber dann zerriss ein spitzer Schrei kurz die Harmonie im Saal. Herausgerutscht war er Julia Schütte, der Begleitung der frisch gebackenen Sportlerin des Jahres, in einer Mischung aus Überraschung, Freude, Rührung und wohl auch Schreck. „Hier geht es um Olympia, um Weltmeisterschaften, um Bundesligen. Und dann ich. Ganz ehrlich: Ich fühle mich ein bisschen deplatziert“, sagte Marathonläuferin Verena Vogt, als sie den nachhaltigen Holzpokal entgegennahm.

Aber: Deplatziert war die 41-Jährige überhaupt nicht, viel mehr zu recht topplatziert. Mit einer Leistung und einer Geschichte, die die ganze spannende und faszinierende Bandbreite des Sports erst richtig offenbart. Ohne Trainingsplan, ohne Trainer, sogar ohne Vereinsbindung geht die Wolbeckerin ihrem Sport nach, den sie selbst nur Hobby nennt. Die Gymnasiallehrerin läuft viel und gerne, fährt auch Fahrrad – und ist plötzlich Sportlerin des Jahres in Münster, hauchdünn vor der Gievenbeckerin Mala Grohs, die aktuell das Tor der Fußballerinnen von Bayern München hütet, und auch vor der elfmaligen Titelträgerin Ingrid Klimke. Deplatziert?

Auf keinen Fall: In zwei Stunden und 47 Minuten absolvierte Vogt 2022 in London die Marathon-Distanz, Platz drei bei der Altersklassen-Weltmeisterschaft – und das in einer Zeit, vor der alle anwesenden Sportler im Jovel ehrfürchtig den Hut zogen. „Ein bisschen Talent gehört wahrscheinlich dazu.“ Immerhin das gestand die Siegerin sich und den rund 300 Gästen im Jovel ein – und neben dem Talent eben auch unglaublich viel Zeit auf den Beinen und vor allem Spaß am Sport.

Bayern-Keeperin Grohs schickt ihre Eltern

Den hat auch Mala Grohs, die einst bei den Jungs des 1. FC Gievenbeck zwischen den Pfosten stand, und jetzt mit den Bayern in der Champions League spielt. Sie ließ aus München grüßen, hatte aber ihre Eltern zwangsverpflichtet. „Maria-Luisa hat uns ganz deutlich gesagt: Ihr müsst da unbedingt für mich hin“, so Mama Stephanie. Und im kommenden Jahr wahrscheinlich wieder. Mala Grohs hat die Weltmeisterschaften in Neuseeland und Australien im Visier. Und Verena Vogt? „Ich habe mal für einen Halbmarathon gemeldet, mehr noch nicht. Mal schauen.“ Sport in allen Facetten.

Geballte Fußball-Fachkompetenz: (von links) Peter Niemeyer, Sascha Hildmann, Carsten Cramer Foto: Juergen Peperhowe

Der Einzige im Saal, der Verena Vogts Marathonzeit wohl noch unterbieten könnte, ist Namensvetter Nils Voigt – Laufprofi, und seit Montagabend ebenfalls amtierender Sportler des Jahres. Der 10 000-Meter-Mann versprach am Abend, in absehbarer Zeit den Münster-Marathon in Angriff nehmen zu wollen. „In diesem Jahr ist der parallel zur Weltmeisterschaft, das könnte schwierig werden.“ Das Versprechen aber steht: „Der Marathon führt an meinem Elternhaus vorbei. Da will ich mal vorbeilaufen – und bei Kilometer 32 nicht kaputt ins Bett fallen, sondern dann auch weiter bis ins Ziel laufen.“ Dann mit dem deutschen Rekord vor Augen, den aktuell Trainingskamerad Amanol Petros (2:06,27 Stunden) hält.

Hochspannung beim Mannschafts-Preis

Carlotta Schümann war am Montagabend endlich einer Meinung mit Trainer Farid Vantanparast, denn in Sachen Weltmeisterschaft gehen die Ansichten des Box-Coaches und seiner Juniorensportlerin des Jahres immer noch auseinander. Für Vatanparast ist die 18-Jährige „die wahre Weltmeisterin“. Die Abiturientin dagegen ist fein mit der Vizeweltmeisterschaft. „Ich bin total zufrieden mit dem Ausgang, die Silbermedaille ist für mich ein toller Erfolg.“ Die Wahl zu Münsters Juniorsportlerin ebenfalls – da herrscht Einigkeit im Ring.

Blackhawks im Land des Lächelns: (v.l.) Florian Wirsen, Alexander Naretz, Chris Busse, Claudia von Diepenbroick-Grüter und Jonas Sobierey Foto: Juergen Peperhowe

Hochspannung herrschte schließlich im Kampf um den Mannschaftsthron. In einer Kategorie, in der die ungeschlagenen Bundesliga-Könige des Sprintachters vom RV Münster und die aktuell begeisternden Bundesliga-Volleyballerinnen des USC sogar nur zuschauten: Am Ende machten die Footballer der Münster Blackhawks das Rennen, entthronten hauchdünn die WWU Baskets, die wohl zum letzten mal unter diesem Namen zur Wahl antraten, und auch die Überflieger des SC Preußen. Blackhawks-Mastermind Alexander Naretz schickte nach der Wahl seine genialen Passempfänger vor die Mikrofone. Florian Wirsen und Chris Busse lösten auch diese Herausforderungen wortgewandt und sympathisch. Den Chef erwischte es aber doch noch. Auf die Frage von Sportredakteur Thomas Rellmann, der an der Seite von Amtskollege Alexander Heflik durch den kurzweiligen Abend führte, ob die Blackhawks nach sechs Aufstiegen in zehn Jahren nun in der zweiten Bundesliga ihre Reiseflughöhe erreicht hätten, antwortete Naretz vielsagend: „2013 wollten wir nur ein bisschen Football spielen, das wollen wir immer noch. Was da noch kommt? Abwarten.“

Sport-Oskar für Preußen-Urgestein

In der Abstimmung haben die Falken die Adler überflügelt, doch auch der SC Preußen ging nicht ganz leer aus. Den Sport-Oskar erhielt Preußen-Urgestein Bernhard Niewöhner, der nach 35 Jahren in vielen Ämtern und zuletzt als Geschäftsführer in den Fußballruhestand eintrat, um auf dem zweiten Bildungsweg seine Golfkarriere voranzutreiben. „Das spiele ich sehr gerne, wenn auch nicht besonders gut.“ Einen Wunsch hat Niewöhner allerdings auch noch an seine Preußen, die auf dem Platz 100 Prozent in den Aufstiegskampf investieren, dieses Thema neben dem Platz aber zurecht komplett ausblenden. Oskar-Preisträger Niewöhner hat seine Zurückhaltung jetzt abgelegt: „Ich wünsche mir, dass mir der Verein als Glückwunsch zu diesem Titel heute im Mai noch eine schöne Feier schenkt.“

Alle Videos zu den Ehrungen finden Sie hier im Re-Live!

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