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Fußball: Regionalliga West

Wie geht's weiter nach Skandal von Essen?

Essen

Skandal beim Spitzenspiel der Regionalliga-West. Das Spiel RW Essen gegen Preußen Münster ist abgebrochen worden. Der Grund: zwei Spieler der Adlerträger wurden durch einen Böllerwurf verletzt, ein Tatverdächtiger ist ermittelt.

Von Alexander Heflik und Thomas Rellmann

Der Skandal von Essen: Das Regionalliga-Spitzenspiel wurde abgebrochen.

Als um 16.15 Uhr an diesem Sonntag die meist undeutlich zu verstehende Lautsprecheransage im Essener Stadion an der Hafenstraße ertönte, war allen klar: Dieses Spiel endete mit einem Skandal, vorzeitig, keine Sieger, keine Gewinner, keine Spielwertung – zumindest für den Augenblick.

Ein lauter Knall ließ alle mehr als nur aufschrecken, aber es waren vor allem die beiden Spieler des SC Preußen, denen der Schreck in die Glieder fuhr: Ein sogenannter Polen-Böller sorgte bei Marvin Thiel für ein Knalltrauma und Jannik Borgmann für einen schweren Schock. Sie machten sich vor der Stehtribüne der RWE-Fans warm, wenige Minuten zuvor hatte der SCP die Partie durch Gerrit Wegkamp zum 1:1 vor 10 000 Zuschauern ausgeglichen. Es war ein Kampf auf Biegen und Brechen, Ausgang völlig offen. Dann das.

Bereits im Hinspiel waren rund 200 Essener Anhänger aufgefallen, als sie mit Spielschluss die Gegengerade im Preußenstadion stürmten. Hier gab es 30 Verletzte und am Ende zwei Festnahmen. Nun war das die unheilvolle Fortsetzung solcher Eskapaden, wobei Ausschreitungen das treffendere Wort ist.

Auch am Sonntag gab es eine Festnahme. Wie die Polizeileitstelle Essen am späten Abend auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte, ist ein Tatverdächtiger noch im Stadion ausgemacht und zunächst festgesetzt worden

Erst Unterbrechung, dann Abbruch

Die 74. Spielminute war angebrochen, als Schiedsrichter Christian Scheper die Begegnung für zunächst 15 Minuten unterbrach. Noch auf dem Feld sprach er mit Preußen-Trainer Sascha Hildmann. Als die Frist der Unterbrechung noch einmal um zehn Minuten verlängert wurde, war klar, dass die Verantwortlichen nach einem Szenario suchten, um die Fangruppen getrennt voneinander aus dem Stadion gen Heimat zu lotsen. Thiel und Borgmann waren zu diesem Zeitpunkt bereits notfallärztlich behandelt worden. Als Thiel am Boden liegend behandelt wurde, schmissen einige sogar noch volle Bierbecher nach ihm.

Das gesamte Preußen-Team stand gleichermaßen unter Adrenalin, weil gerade der Ausgleich gefallen war, wie unter Schock, das ging tief. Das war ein Anschlag auf ihre Gesundheit, ihr Wohlbefinden gewesen. Aus den Boxen dröhnte, vielleicht war es gewollt, „Bitter Sweet Symphony“ der britischen Band „The Verve“, gleich danach „Don’t look back in anger“ von Oasis. Bittersüße Symphonie und nicht im Ärger zurückschauen, so oder so ähnliche lauteten die Songs – war das der Tenor für die zunächst 15-minütige Unterbrechung?

In diesem Moment der Ruhe erinnerte sich jedenfalls so mancher Preußen-Anhänger gleich auch den Böller-Wurf von Osnabrück vor gut zehn Jahren. Damals explodierte ein sogenannter Polen-Böller in einem Kabinengang und verletzte 35 Menschen, der Täter wurde damals zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.

"Das ist nicht der RWE"

„Heute werden wir das alles nicht aufklären können. Das war ein Feuerwerkskörper der heftigeren Art. Das ist nicht die Hafenstraße, das ist nicht RWE.“ So sprach Marcus Uhlig, Vorstandsvorsitzender des Gastgebers, über die Dinge. SCP-Sportchef Peter Niemeyer war geschockt, zwei seiner Spieler waren verletzt worden. „Das sind Szenen, die keiner will. Unser Mannschaftsarzt und ein neutraler Arzt haben festgestellt, dass beide Spieler nicht mehr spielfähig waren.“ Natürlich habe man mit dem Referee auch über die Fortsetzung der Partie gesprochen, so wäre bei Wiederanpfiff ein erneuter Seitentausch vollzogen worden. Weiterzuspielen war für beide Vereine eine Option, am Ende aber entschieden sie sich dagegen.

Auf Essener Seite wurde die Frage, welches Strafmaß den Club nun erwartet, praktisch im Keim erstickt. Auch Niemeyer wollte sich eine knappe Stunde nach Abpfiff dieser Partie nicht dazu äußern.

Am Ende ging es auch darum, dass die Fans vernünftig aus dem Stadion kamen und sich nicht zu „Keilereien“ hinreißen lassen. „Wir haben Wohlwollen zugesagt bekommen“, sagte SCP-Geschäftsführer Bernd Niewöhner. Er hoffte, dass zumindest dieser Akt „geräuschlos“ vonstatten gehen würde. „Das sind die Szenen, die kein Mensch in einem Fußballstadion sehen will“, erklärte Niemeyer. Und, so der Sportchef weiter: „Wir haben versucht, dabei Ruhe zu bewahren.“

Zweiter "großer Fall"

Nach dem umstrittenen DFB-Pokal-Spiel gegen den VfL Wolfsburg zu Saisonbeginn, als die Gäste einen Spieler zu viel einwechselten, ist dies nun der zweite „große Fall“ für Niemeyer und seine Mitstreiter. „Der erste war auf Bundesebene, dieser wird auf Verbandsebene sein. Grundsätzlich wollen wir als Fußballer immer die Entscheidung im Spiel herbeiführen.“ Nun aber dürfte die Lage eine andere sein.

Spielabbruch mit dieser Wertung? Spielwertung für Münster? Neuansetzung der Partie? Zivilrechtliche Prozesse der verletzten Spieler? Und, und, und. Das Nachspiel hat erst begonnen.

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