Rudern: Manuela Diening auf Olympischer Mission
Sehnsuchtsziel Paris
Münster
Als amtierende Vize-Europameisterin reist Manuela Diening zur Para-Ruder-EM nach Slowenien, doch die Regattastrecke in Bled soll nur eine Durchgangsstation zun den Paralympics 2024 in Paris sein.
Am Tag vor der Abfahrt zu den Ruder-Europameisterschaften im slowenischen Bled hat die Cheftrainerin des Deutschen Ruderverbandes (DRV), Brigitte Bielig, ihren Ressortleitern und -leiterinnen eine wichtige Führungsaufgabe zugewiesen. Aus jeder Sparte musste ein Athlet beziehungsweise eine Athletin zur virtuellen Pressekonferenz entsandt werden – und während die Kollegen und Kolleginnen im Skull- und Riemenbereich noch über die Besetzung rätselten, hatte Marc Stallberg die Einladung längst weitergeleitet. Der Bundestrainer im Para-Rudern schickte die amtierende Deutsche Meisterin, Vize-Europameisterin und WM-Vierte ans Mikro: Manuela Diening vom RV Münster hat sich im Para-Einer zur unumstrittenen Nummer eins im Lande entwickelt.
Als die inzwischen 31-Jährige 2019 erstmals am Bootshaus des RV Münster auftauchte, hatte man dort noch keinen blassen Schimmer, was man mit der unermüdlichen und ehrgeizigen Sportlerin anfangen sollte − eine Para-Abteilung existierte nicht. Doch gemeinsam machten sich die Aktive und ihr Club an die Arbeit und sogleich auf den steilen Karriereweg. Schon nach einem Jahr auf dem Wasser griff Manuela Diening im Para-Einer die langjährige Dominatorin Sylvia Stippat-Pelle an, lieferte der Hamburgerin 2021 dann ein hartes Bug-an-Bug-Rennen um den Paralympics-Platz in Tokio und ist jetzt zu Beginn der Olympiakampagne Paris 2024 die unangefochtene Nummer eins im deutschen Team. Ihre Herausforderungen sucht Diening jetzt international.
„Eigentlich hat sich gar nicht viel verändert“, sagt die IT-Spezialistin der Stadt Emsdetten, die dennoch bemerkenbswerte Fortschritte taktisch, technisch und auch physisch gemacht hat. Aber: „Der Trainingsumfang hat sich nicht geändert.“ Was daran liegen könnte, dass mehr als tägliches Training schlichtweg unmöglich ist. „Und bis auf die obligatorische Corona-Infektion nach der vergangenen Saison, als es eigentlich den kompletten Verband erwischt hatte, konnte ich auch durchtrainieren.“
Start um 5 Uhr morgens
Lange Tage nicht nur für die Athletin, sondern auch für Coach Sebastian Fuchs, der viermal wöchentlich morgens um 5 Uhr seine Athletin bei der ersten Wassereinheit auf dem Dortmund-Ems-Kanal begleitet. Dazu noch Einheiten im Kraftraum an den Nachmittagen und zahllose Wochenenden in Trainingslagern. Fuchs begleitet seinen Schützling mittlerweile auf Wunsch des DRV auch auf den Wettkämpfen. „Man kann schon sagen, dass wir uns gut kennen“, sagt der selbstständige IT-Berater. „Ich erkenne sofort, wie Manuela drauf ist.“ „Und das kann schon mal mies sein“, gibt die Athletin lachend zu. „Es gibt Tage, da bin ich nicht gut drauf, dann kann ich schon mal zickig werden.“ Ihr Trainer lässt das mal so stehen. Grundsätzlich jedoch sei man bester Dinge, sagt das Duo. „Zehn Prozent des Trainings sind vielleicht Überwindung“, so die grobe Schätzung von Manuela Diening, „der Rest macht wirklich Spaß.“
Der vierte WM-Platz hat der Münsteranerin einen Platz in der Athletenförderung beschert. 800 Euro überweist das Land monatlich auf das Konto der Münsteranerin, die daraufhin ihre Stundenzahl bei der Stadt Emsdetten von 39 auf 35 kürzen konnte. Vier Stunden – brutto wie netto − zusätzlich fürs Training. „Und dann arbeite ich in einer Vier-Tage-Woche noch zwei Tage im Home-Office. Das hilft auch, dann bin ich schneller beim Training.“ Und, so ist die Planung, auch noch schneller im Boot.
Saisonhöhepunkt in Belgrad
Der Rennplan Richtung Paris klingt so einfach, wie er in der Praxis schwierig umzusetzen sein wird. „Wir wissen nicht, wo die internationale Konkurrenz steht“, sagt Fuchs. Ein Treppchenplatz bei der bevorstehenden EM muss nicht sein, ist aber auch nicht verboten. „Das ist jetzt eine Standortbestimmung, wie die beiden Weltcups in Luzern und Zürich. Aber der Saisonhöhepunkt ist die WM im September in Belgrad.“ Dann werden auch die ersten sieben Direkt-Mandate für die Olympischen Spiele verteilt. Gerne würde das Duo aus Münster dann schon Planungssicherheit für das kommende Jahr schaffen.
Startseite