Handball: Olympia
Aussicht auf Medaille verdrängt Sorgen um Organisation und Belastung
Herzogenaurach
DHB-Vize Bob Hanning träumt von Gold, der Rest der Delegation zumindest von einer Medaille. Dass die deutschen Handballer in Tokio wirklich zu aussichtsreichsten Kandidaten auf Team-Edelmetall zählen, steht außer Frage. Am Mittwoch geht es im Flieger nach Japan. Coach Alfred Gislason gewährt einen Einblick in seine Gedanken.
Den Aufbruch in ein Turnier voller Ungewissheiten umgibt im Lager der deutschen Handballer trotz aller Widrigkeiten eine gewisse Portion Zuversicht. Ja, die Umstände bei Olympia diesmal sind speziell und kassieren viele angenehme Gepflogenheiten früherer Spiele. Ja, auch die Beanspruchung der Profis war in der vergangenen Saison heftiger als ohnehin. Doch aufstecken oder von großen Zielen abrücken – das kommt für die DHB-Auswahl nicht in Frage.
„Wir wissen nicht, was auf uns zukommt“, sagt Bundestrainer Alfred Gisalson. „Es ist ein bisschen schade, dass die Kontakte untereinander fehlen werden, umso mehr konzentrieren wir uns auf Handball.“ Nach dem Trainingscamp in Herzogenaurach und den beiden ordentlichen Tests gegen Brasilien und Ägypten geht es am Mittwoch Richtung Japan. „Ich hoffe, dass wir trotz der vielen organisatorischen Hürden gut bis Tokushima durchkommen und nicht in Tokio übernachten müssen“, sagt Gislason, der zwei Einheiten täglich angesetzt hat. Fest steht, dass Keeper Silvio Heinevetter und Tobias Reichmann als Backups zunächst außerhalb des Olympischen Dorfs wohnen, Jannik Kohlbacher als 15. Mann bleibt hingegen beim Team.
Nicht hart, aber lange trainiert
„Die letzte Woche war sehr gut. Wir haben nicht hart, aber lange trainiert“, so Gislason. Die Dosierung war notwendig, wie auch Routinier Hendrik Pekeler anmerkt. „Die Belastung in der Liga war hoch, aber wir müssen auf die Zähne beißen. Zuletzt wurde hauptsächlich taktisch gearbeitet. Umso wichtiger, dass wir in den beiden Spielen auch Wettkampfpraxis in einer 3-2-1-Deckung sammeln konnten.“ Mit ihm, Finn Lemke und Johannes Golla funktionierte das System schon ganz gut. „Es gab ein paar Schwierigkeiten bei Auslösehandlungen, aber das kriegen wir hin. Mit Finn habe ich viele Jahre zusammengespielt, Johannes ist ein sehr intelligenter Abwehrspieler.“
Gislason weiß, dass das genannte Trio seine Klasse oft nachgewiesen hat, dass dem Kader auch mit dem Ausfall von Patrick Wiencek aber weitere Alternativen für den Innenblock abgehen – mal abgesehen von Nothelfer Paul Drux. „Die Breite fehlt, sobald Verletzungen auftreten. Unsere Erfolgschancen hängen stark mit Abwehr und Torhütern zusammen“, so der Coach. „Das ist unsere Bank, aber wir müssen uns weiter steigern und besser sein als in Ägypten.“ Bei der WM im Januar waren die defensiven Mängel mitentscheidend für das frühe Aus.
Alternativen halblinks
Teil zwei des Rezepts ist ein effektiver Angriff. Gegen die sehr offensive brasilianische Deckung hatte nicht nur Julius Kühn am Sonntag seine Probleme. „Er ist da besser geworden, aber klar: Sein Ding ist es nicht unbedingt“, so Gislason. Auch Drux, Steffen Weinhold, Juri Knorr oder Philipp Weber könnten von halblinks für Entlastung sorgen, sagt der Isländer.
Der Feinschliff, das lässt sich seinen Worten entnehmen, ist noch nicht abgeschlossen. Doch die Aussicht auf eine Medaille, die trotz knüppelharter Vorrunde durchaus gegeben ist, drückt bislang fast alle Zweifel beim DHB zur Seite.
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