Fußball: Bundesliga
Riesige Vorfreude und nackte Angst: Packendes Saisonfinale im Revier
Münster
Finale furioso in der Fußball-Bundesliga mit einem speziellem Blick aufs Ruhrgebiet: Borussia Dortmund präpariert sich für meisterliche Feierlichkeiten, die Nachbarn Schalke 04 und VfL Bochum versuchen, den Kopf irgendwie über Wasser zu halten.
Der Kohlenpott bebt an diesem Samstag. Tauben bleiben da besser im Schlag. Es drohen Turbulenzen, kein günstiges Flugwetter. Und die Eilboten der Lüfte sind schließlich zu schützen. Erst im Vorjahr wurde die Zucht in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Für den Fußball braucht es diesen Eintrag nicht.
Das Spiel ist Kult und hohes Gut. Nicht nur im Revier, aber besonders dort. 1892 wurde der Wittener FC als erster originärer Fußballverein im Ruhrgebiet gegründet. Zu großem Ruhm brachte er es nicht. Andere waren da erfolgreicher. Nicht weniger als sieben Clubs aus dem Ballungsraum schmück(t)en ihre Briefbögen mit der Referenz „Bundesligist“. Aktuell spielen drei im Oberhaus – und sind freiwillige und unfreiwillige Hauptdarsteller im Titel- und Tränen-Drama an diesem Samstag.
Neunter Titel und fünfter Abstieg
Schlaflos im Revier – das gilt zuallererst für Dortmund. Die Gastronomie hat die Woche genutzt, um die Trinkvorräte aufzufüllen. Seit Tagen dursten die BVB-Anhänger dem Saisonfinale entgegen. Mit einem Sieg über Mainz würde die Borussia das Ende der Bayern-Dynastie ausrufen und nicht nur das Stadion in einen Hort überschäumender Freude verwandeln. Dort schoss der Spitzenreiter zuletzt in vier Partien 20 Tore – Klingelingeling im 18-Minuten-Takt. Doch Vorsicht: Noch haben die Bayern Puls. Und dann gibt es die warnenden historischen Daten. Fünfmal in der Bundesliga-Gesichte stürzte ein Tabellenführer in der finalen Runde vom Thron. 1971 die Bayern (Meister: Gladbach), 1986 Bremen (Bayern), 1992 Frankfurt (Stuttgart), 1995 wieder Bremen (Dortmund), 2000 Leverkusen (Bayern).
Dortmund macht sich fein und fertig für große Feierlichkeiten, gute 30 Kilometer westwärts kreiselt die nackte Angst. Schalke auf 17, da lauern schon wieder die Geier auf Beute. Tatsächlich droht den Knappen der fünfte Abstieg aus dem Oberhaus. Es braucht mindestens einen Punkt in Leipzig und dazu Schützenhilfe auf anderen Plätzen, um noch aus der Falle zu kommen. Klaus Fischer, Schalker Idol und Rekordtorjäger, empfiehlt seinen Erben einen Marathon mit zwischenzeitlicher Erleichterung. „Die müssen laufen, bis sie kotzen“, sagte der 73-Jährige in einem Interview. Trainer Thomas Reis wird vermutlich einen etwas feineren Matchplan haben und will mit Rückblick auf das Hinspiel (1:6 im eigenen Stadion) „Entwicklungen sehen“. Daran arbeiten er und sein Team seit Monaten überaus erfolgreich. Kaum zu glauben, aber wahr: Schalke geht als achtbeste Rückrunden-Elf in den finalen Akt. Eine Tragödie, wenn er als genau solche endet...
Bochum weiß noch nichts genaues
Dortmund. Schalke. Und mittendrin Bochum. Der Stehauf-Club im Pütt. Schon sechsmal aus der Bundesliga abgestiegen (nur Nürnberg und Bielefeld erwischte es öfter) und immer wieder zurückgekehrt. Gerade weiß an der Castroper Straße aber niemand Genaues. Klassenerhalt, Relegation, Abstieg – noch kann der VfL von süß bis sauer alles bekommen, da ist jetzt auch ein bisschen kleine Mathematik gefragt. So viel ist sicher: Mit einem Dreier gegen Bayer Leverkusen wäre das heimstarke Team vielleicht noch nicht ganz fein, aber zumindest aus dem Gröbsten raus. Wie Schalke schaut auch der VfL an diesem Samstag über den Zaun auf die Konkurrenten Stuttgart (gegen Hoffenheim) und Augsburg (in Mönchengladbach).
Das (Fußball)Revier zwischen Vorfreude und Stress. Vier ehemalige Bundesligisten schauen neidisch zu. RW Essen und der MSV Duisburg sind Drittligisten, RW Oberhausen spielt in der Regionalliga und die SG Wattenscheid 09 ist gerade in die Fünftklassigkeit abgerutscht.
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