Radsport: NRW-Meisterschaft
Wer zuletzt lacht – Sebastian Niehues lehrt Zeitfahrspezialisten das Fürchten
Lüdinghausen
Sebastian Niehues ist bei den Landeszeitfahrmeisterschaften Dritter in der Kategorie U 23 geworden. Das Ergebnis ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Am Samstag wartet die nächste große Herausforderung auf den 21-jährigen Lüdinghauser.
Kann schon sein, dass die Konkurrenten ein bisschen schmunzeln mussten, als Sebastian Niehues sein „Zeitfahrrad“ bei den NRW-Meisterschaften in der Klasse U 23 vor wenigen Tagen in Elsdorf sattelte. Nach dem Kampf gegen die Uhr dürfte den Halbprofis und Kaderathleten indes das Lachen vergangen sein. Als nämlich der junge Lüdinghauser freundlich vom Podium grüßte – Platz drei, in seinem allerersten Zeitfahren überhaupt.
11:56 Minuten benötigte der Mann im Trikot des RSV Münster für die welligen zehn Kilometer entlang des Tagebaus Hambach. Das entspricht einem Schnitt von 49,4 km/h. Dabei trat der Steverstädter – Branchenkenner sind im Bilde – knapp 500 Watt. „Da kommt ihm die enorme Physis zugute“, so Vater Ulrich. In seinem früheren Leben war Niehues junior – 1,90 Meter lang, 73 Kilo leicht – ein erfolgreicher Langstreckenläufer. Erst 2019 wechselte der 21-Jährige die Sportart. Und ließ rasch aufhorchen. In seiner Premierensaison schaffte es der Lüdinghauser bei vier Versuchen drei Mal aufs Podium und feierte, jeweils im Sprint, zwei Siege.
Dass Niehues nicht nur ein endschneller Mann ist, sondern auch ein exzellenter Zeitfahrer, hat er nun im Rheinland bewiesen. Sein Erfolg ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Da wäre zum einen, siehe oben, die Materialfrage. Während seine Mitbewerber, die ambitionierten zumal, auf viele tausend Euro schweren Spezialmaschinen nebst Scheibenrädern unterwegs waren, vertraute Niehues jenem Untersatz, mit dem er sonst die Straßenrennen bestreitet – ergänzt um „einen Auflieger, den ich am Vorabend des Wettkampfes in Elsdorf montiert hatte, um eine annähernd aerodynamische Position zu haben“, wie der Fahrer erklärt. Das ist ein bisschen so, als würde Giro- und Tour-Sieger Egan Bernal die furchterregenden Alpenpässe mit einem handelsüblichen Hollandrad erklimmen.
Ulrich Niehues über die Konkurrenten seines Sohnes vom Team SKS Sauerland.
Auch ein genauerer Blick aufs Klassement lohnt, um Niehues’ Leistung einzuordnen. Die Plätze eins (Jon Knolle/11:39), zwei (Johannes Hodapp) und vier (Ole Theiler) belegten in Elsdorf ausnahmslos Fahrer von SKS Sauerland. Einer dieser sogenannten Continental-Rennställe, die der Weltverband UCI immer mal wieder zu größeren Wettfahrten einlädt. Erst kürzlich kurbelten die Sauerländer, zur besten Sendezeit auf Eurosport, bei der achttägigen Türkei-Rundfahrt. „Die fahren nahezu alle unter Profibedingungen“, weiß Ulrich Niehues.
Und der Sohnemann? Wollte 2021 eigentlich für „Rolinck Racing“ in der U 23-Bundesliga starten. Hat aufgrund eines Formfehlers der Steinfurter nicht geklappt. Leidtragender ist Niehues, der als Einzelstarter in seinem letzten Juniorenjahr so weit weniger Werbung in eigener Sache betreiben kann. Bei den Deutschen Meisterschaften am Samstag im schwäbischen Gäufelden-Öschelbronn darf der Lüdinghauser wieder nur im Zeitfahren ran, nicht aber im Straßenrennen.
Ulrich Niehues traut dem Filius im bundesweiten Vergleich abermals eine gute Platzierung zu, „da die Nachwuchsfahrer aus NRW traditionell zu den stärksten im Land zählen“. Die Streckenlänge beträgt 30,5 Kilometer.
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