Festival „Musica Sacra Münster“
Eindrucksvoller Appell an die Menschheit zur Eröffnung
Münster
Am Tag, da der Zweite Weltkrieg mit einem Waffenstillstand endete, wurde das Oratorium „In terra pax“ im Radio übertragen. Auch nach über 70 Jahren hat das Stück, das zur Eröffnung des Festivals „Musica Sacra“ im Paulusdom zu Münster aufgeführt wurde, traurige Aktualität.
Am Tag, da der Zweite Weltkrieg mit einem Waffenstillstand endete, wurde das Oratorium „In terra pax“ des Schweizer Komponisten Frank Martin in einer Rundfunkübertragung von Radio Genf in die Welt hinaus gesendet. Als Zeichen der Freude, der Hoffnung, aber auch der Zukunftsangst und Erinnerung an die Schrecken des Krieges. Und heute? Waffen töten immer noch, es wird endlos gestorben, noch endloser wird gelitten. Deshalb hat Martins „In terra pax“ auch nach über 70 Jahren traurige Aktualität. Und so kann man die Aufführung des ergreifenden Werkes wie jetzt zur Eröffnung des Festivals „Musica Sacra“ im Paulusdom zu Münster nur als dringenden Appell an die Menschheit verstehen, menschlich zu werden.
Ganz bewusst spricht Frank Martin in seinem Oratorium eine einfache musikalische Sprache – „eine Musik, die das Ohr jedes Hörers erreicht“, wie er schrieb. Kann man sich der Wirkung jener Marcia funèbre entziehen, wenn Konzertchor und Philharmonischer Chor „Ewiger Gott, Herr meines Heils“ intonieren? Oder der des vom Solo-Alt formulierten Gottesknecht-Liedes, das sich über einer riesigen Orchester-Passacaglia erhebt und in ein schlicht psalmodiertes „Vater unser“ mündet?
Münsters Generalmusikdirektor Golo Berg, das Sinfonieorchester Münster, die Chöre und die fünf Vokalsolisten Kristi Anna Isene, Anna Wagner, Garrie Davislim, Gregor Dalal und Stephan Klemm entwarfen ein beeindruckendes Szenario, das vom apokalyptischen „Tag des Zornes“ hinführte zum finalen „Heilig ist unser Herr!“ – ein Finale mit großem Fragezeichen. Denn Frank Martin lässt seine Musik lange, sehr lange suchend durch sämtliche Tonarten schlängeln. Heilsgewissheit klingt anders! Und die Utopie von einem wahren, tragfähigen Frieden auch. Insofern ist und bleibt „In terra pax“ auch ein Werk für das 21. Jahrhundert.
Demgegenüber wirkt das „symphonische Gedicht“, über das der Komponist und Münsters erster Generalmusikdirektor Fritz Volbach den Titel „Ostern“ setzte, ganz wie ein Kind seiner Zeit: der des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Mit durch und durch spätromantischen Mitteln führt Volbach durch die Nacht zum österlichen Licht, liefert dem üppig besetzten Sinfonieorchester dabei jede Menge Gelegenheit, seine breite Farbpalette zu präsentieren – einschließlich der großen Orgel, gespielt von dem im Programmheft nicht genannten Alexander Toepper. Keine Frage: Volbach kennt Dvořák und Tschaikowski, vor allem aber Richard Wagner. Anleihen an den „Karfreitagszauber“ und den Marsch der Gralsritter aus dem „Parsifal“ sind unüberhörbar und prägen das gut 20-minütige Auferstehungs-Gedicht.
Schön, es mal gehört zu haben. Doch nach „In terra pax“ war es auch schnell wieder vergessen.
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