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Pop-Sängerin Laura Pausini könnte mit Filmsong zum Zuge kommen

Italien-Sehnsucht reicht bis Hollywood

Münster/Los Angeles

Für den Oscar ist sie eher eine Nebensache: die Auszeichnung für den besten Filmsong. Für dessen Schöpfer eröffnet der Oscar aber Chancen. Wie jetzt für Laura Pausini, die bereits mit einem Preis vorgelegt hat.

Harald Suerland

Laura Pausini (gr. Bild) hat Chancen auf einen Oscar für den besten Filmsong. Andere Sängerinnen aus Italien wie Alice (l.) und Gianna Nannini haben ihr den Weg bereitet. Foto: .imago/Gunnar A. Pier

Laura Pausini hat es geschafft: Sie ist in Hollywood angekommen und könnte in der Nacht zum Montag mit dem Oscar ausgezeichnet werden: Das Lied „Io sì“ aus der Netflix-Produktion „Du hast das Leben vor Dir“, von ihr getextet und gesungen, gehört zu den fünf nominierten Filmsongs. Und im Gegensatz zu ihrer Konkurrenz hat die italienische Popsängerin gemeinsam mit der US-Songschreiberin Diane Warren sogar schon vorgelegt: Beide erhielten für den Song vor Kurzem bereits den Golden Globe.

Laura Pausini, die 1993 beim berühmten San-Remo-Festival als Newcomerin ausgezeichnet wurde, ist im Mittelmeerraum ein großer Star und hat auch in Deutschland ihre Fans. Hierzulande hatten die Menschen für Klänge aus Italien ohnehin immer ein offenes Ohr: Schwang doch schon vor Jahrzehnten beim Gesang von Adriano Celentano oder Caterina Valente die Sehnsucht nach dem Süden mit, nach sonnigem Urlaub jenseits des Brenners. Dennoch blieben die steilsten Karrieren italienischer Popstars nicht in den Dolce-Vita-Klischees stecken. Bestes Beispiel dürfte die Laufbahn von Eros Ramazotti sein, der auf dem internationalen Markt nicht nur dank seiner Duette etwa mit Tina Turner Triumphe feierte. Und dann gab es natürlich die beiden Frauen, die der 46-jährigen Laura Pausini gewissermaßen den Weg bereiteten: Alice und Gianna Nannini, beide 20 Jahre älter als Pausini.

„Bitte nenne sie nicht ,Rockröhre‘!“, mahnte vorab ein befreundeter Musiker – klar, wen er meinte. Familie Nannini aus Siena, die die Toskana-Touristen in ihrer legendären Pasticcheria verwöhnt, hat eben auch jene Sängerin namens Gianna hervorgebracht, die sich mit rauer Stimme und bisweilen krachendem Gitarrensound den lieblichen Bella-Italia-Klischees verweigert. Die Frau, die mit einer Doktorarbeit zum „Körper in der Stimme“ aufhorchen ließ, konnte schon auf große Erfolge wie „I maschi“ oder „Bello e impossibile“ zurückblicken, als die junge Laura Pausini in San Remo gewann. Der wiederum reichte auf Dauer die Rolle des netten Pop-Mädchens mit der großen Stimme aus dem Touristenparadies nicht aus: Ihre Musik wurde mit den Jahren rockiger, und so wirkte es fast zwangsläufig, dass Pausini auch gemeinsam mit Nannini auftrat und auf ihrer CD „Inedito“ im Duett sang. Für Gianna Nannini wiederum war das weitaus vorteilhafter, als wegen Steuerhinterziehung in Millionen-Euro-Höhe ins Gerede zu kommen.

Einen gänzlich anderen Weg beschritt Alice, mit bürgerlichem Namen Carla Bissi. Das berühmte San-Remo-Festival gewann sie bereits im Jahr 1981 mit einem Song, der zwei Jahre später auch den in Italien erfolgreichen Film „Amore tossico“ prägte: „Per Elisa“. Mit diesem Lied hatte Alice auch in Deutschland Erfolg, wo ihre Karriere durch das Duett mit dem Liedermacher Stefan Waggershausen noch einen Schub erhielt: „Zu nah am Feuer“ – auch wenn manche Kommentatoren beim statischen Auftritt des blonden Deutschen mit der dunkelhaarigen Italienerin („Du bist die Sphinx im schwarzen Kleid“) süffisant fragten, warum denn da nicht mehr passiert. Es war das Jahr 1984, in dem Alice auch gemeinsam mit ihrem Partner Franco Battiato beim Eurovisions-Wettbewerb auf Platz 5 landete – Laura Pausini war damals gerade mal zehn Jahre alt.

Aber auch Alice machte sich schon früh auf den Weg weg vom gefälligen Italo-Schlager. Die Songs des in vielen Genres bewanderten, sogar Opern komponierenden Battiato führten sie zu einem melancholisch geprägten Musikstil, der gleichwohl Charts-taugliche Titel wie „Nomadi“ umfasste. International angesehene Musiker wie Gitarrist Phil Manzanera (Roxy Music) oder der deutsche Schlagzeuger Curt Cress (Passport) prägten Alben, auf denen sie auch älteren Songs ein neues Gewand gab. Als sie sogar zu romantisch-impressionistischen Kunstliedern griff, war es um das große Publikum natürlich geschehen – mochte ein späteres Album auch mit dem Motto „Viaggio in Italia“ locken. Doch heiterer Pop für touristische Träume sind diese Werke nicht. Und ein „verlockendes Angebot“ von Capitol Records, in die USA zu kommen und von dort aus die Karriere voranzutreiben, soll sie abgelehnt haben.

Somit das Gegenteil von Laura Pausini: Die könnte den Oscar-Auftritt nutzen, um auch in den USA durchzustarten. Wer das Lied anhört und das Video sieht, in dem unterschiedliche Frauen bis hin zur Hauptdarstellerin Sophia Loren zu Pausinis Gesang agieren, kann eine massentaugliche Italo-Hymne und schöne Bilder aus Bari genießen. Für die Sehnsucht nach dem Süden

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