Film der Woche
„Arielle, die Meerjungfrau”: Unter dem Meer mit echten Fischen
Münster
In der Reihe von Realfilm-Remakes der eigenen Trickfilm-Hits hat Disney schon ein paar Höhe- und auch Tiefpunkte produziert. „Arielle” dürfte sich irgendwo dazwischen platzieren: Die romantische Mär funktioniert noch immer, auch weil Sängerin Halle Bailey in der Hauptrolle überzeugt.
Disneys Masche, die eigenen Hits aus dem Zeichentrick-Portfolio mit echten Schauspielern und viel Computertrickeinsatz auf Wiedervorlage zu bringen, folgt einem klaren Kalkül: Was schon einmal funktionierte, wird dem nachwachsenden Publikum einfach als neu präsentiert, mit dezenten Anpassungen an veränderte Sehgewohnheiten. Begleitende Eltern bekommen den Nostalgie-Effekt gratis mit dazu. Das hat in den vergangenen Jahren mal mehr („Cinderella“), mal deutlich weniger („Pinocchio“) funktioniert.
Unverdrossen legt Disney nun das nächste Remake vor: Mit „Arielle, die Meerjungfrau“ ist einer der beliebtesten Zeichentrickfilme des Mäusekonzerns an der Reihe. 1989 leitete er eine Renaissance ein für die davor abgewirtschafteten Animationsfilmsparte, und Songs wie „Unter dem Meer“ hat wohl niemand je aus dem Kopf bekommen, der sie damals hörte.
Der Plot funktioniert nach wie vor
Die Neufassung bleibt (wie die bisherigen Realfilm-Remakes auch) nah am Original, das seinerseits sehr frei auf Hans Christian Andersens Märchen basierte. Wieder rettet die hier nicht mehr ganz so kleine, sondern deutlich erwachsene Meerjungfrau Arielle (mit zündendem Charme gespielt von R&B-Sängerin Halle Bailey) einen schiffbrüchigen Prinzen vor dem Ertrinken, erneut träumt sie sich entgegen der Warnungen ihres Königsvaters Triton (Javier Bardem) in die Welt der Menschen, und ein weiteres Mal wird sie von der sinistren Meerhexe Ursula (Paraderolle für Melissa McCarthy) für kurze Zeit in einen schwanzflossenlosen Menschen verwandelt – in drei Tagen will sie den Prinzen für sich gewinnen und muss dies wortlos schaffen, denn der Hexenzauber raubte ihr die Stimme.
Der Plot funktioniert nach wie vor, obwohl der musical-erfahrene Regisseur Rob Marshall („Chicago“,) das Kennenlernen von Prinz und Nixe auf der hier eindeutig karibischen Insel arg in die Länge zieht und die neuen Songs von Disneys Hofkomponisten Lin-Manuel Miranda („Encanto“) nur Standardprogramm bieten.
Die alten Songs sind aber, leicht umarrangiert, weiter im Programm, und so könnte man mit dieser Neuversion gut leben, bliebe nicht das aus den anderen Realverfilmungen bekannte Problem: Die realistische Obsession raubt dem Märchenstoff viel Charme. Die „echten“ Krabben und Fische, die jetzt Tritons Reich bevölkern, kommen niemals an die ikonisch gewordenen Vorlagen aus dem Trickfilm heran. Im Gegenteil: Die quasselnde Meeresfauna wirkt mitunter sogar leicht befremdlich.
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