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„John Wick – Kapitel 4”

Der Anzug sitzt im Kugelhagel

Längst ist die „John Wick”-Reihe absoluter Kult, in Sachen Härte und Style haben die von Ex-Stuntman Chad Stahelski gedrehten Filme im US-Actionkino momentan keine Konkurrenz. Der epische vierte Teil legt noch einmal ein paar Schippen drauf – und könnte als Finale der Mär um den Rächer im Maßanzug durchgehen. In Zukunft soll sich die Reihe auffächern, mit Spin-Offs und Serienablegern.

Von Gian-Philip Andreas

John Wick (Keanu Reeves) mag die elegant bestuhlten Kirchen von Paris. Foto: Murray Close

Ex-Stuntman Chad Stahelski hat es 2014 mutmaßlich nicht zu träumen gewagt, dass es die Figur „John Wick“, der er damals in seinem Regiedebüt auf die Leinwand verhalf, mal zur heißesten Actionfilmmarke unserer Zeit bringen würde. Keanu Reeves kehrte damit aus dem Karrieretief zurück, und die Filme um den von ihm gespielten Präzisionskiller im kugelsicheren Maßanzug erwiesen sich als willkommenes Gegengewicht zum sonstigen Einheitsbrei der Superheldenfilme: hart, kompromisslos und mit gerade so viel Selbstironie gewürzt, dass sich die Rachegeschichte nicht im heiligen Pathos verlor. Mehr noch: Reeves etablierte den wortkargen Wick als Antithese zu den prolligeren Actionhelden unserer Tage. Er ist weniger „fast & furious“, mehr Clint-Eastwood-Update in besser angezogen.

Im vierten „Wick“-Kapitel braucht Stahelski nun schlappe 169 Minuten für den überschaubaren Plot: Wick ist immer noch auf der Flucht, bald schon hat es der oberste Oberschurke der Verbrecherorganisation „Hohe Kammer“ auf ihn abgesehen: Der Marquis de Gramont (Bill Skarsgård aus „Es“) hetzt Wick nicht nur sämtliche verfügbaren Killer auf den Hals, er bestraft auch alle, die Wick jemals halfen – weshalb bald das berühmte Assassinen-Hotel Continental in die Luft fliegt. Ein bitteres Vermächtnis für Lance Reddick: Der kahlköpfige Schauspieler, der in allen vier Teilen den Hotel-Concierge Charon spielt, ist vergangene Woche verstorben.

Bis zum in jeder action-choreografischen Hinsicht wahnwitzigen Finale auf den Stufen von Sacré-Coeur in Paris hat dieses selbstbewusst aufgepumpte und bewährt brutale Baller-Ballett jede Menge sensationeller Actionsequenzen zu bieten, in Jordanien, in Berlin, New York und eben Paris. Im Continental-Ableger in Osaka, Japan, kommt es zu einem großen Pop-Moment: Die derzeit schwer gehypte Sängerin Rina Sawayama spielt die Concierge, die bald ebenfalls in die Rolle einer Rächerin gezwungen wird – und sich für eins der bereits angekündigten Spin-Offs (in Serien- und Film-Form) in Stellung bringt.

Die eigentliche „John Wick“-Serie dagegen könnte nach diesem Kapitel an ihr Ende gelangt sein – nach diesem Spektakel scheint sie auserzählt. Aber diese drei Stunden geben noch mal alles. Sehenswert.

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