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Interview

Ruth Maria Kubitschek: „In einem Jahr bin ich wieder da“

Münster/Berlin

Am 17. Oktober läuft der Film „Frau Ella“ in den deutschen Kinos an. Die Hauptrolle der Seniorin Frau Ella spielt Ruth Maria Kubitschek. Die 82-jährige Schauspielerin saß gerade in ihrem Auto vor der amerikanischen Botschaft in Berlin, als unser Redakteur Carsten Vogel sie auf ihrem Handy erreichen konnte.

Carsten Vogel

Spaß im Ensemble: Ruth Maria Kubitschek fühlt sich unter den jungen Kollegen August Diehler (l.) und Matthias Schweighöfer ganz offenkundig wohl. Foto: dpa

Vor einem Monat haben Sie in einem Interview gesagt, dass Sie die Schauspielerei nicht mehr bräuchten. Vielleicht aber braucht die Schauspielerei Sie noch?

Ruth Maria Kubitschek: (schmunzelt) Das weiß ich nicht. Ich habe mir mein Leben so eingerichtet, dass ich mich nicht zu Tode erschrecke, wenn ich nicht mehr spiele. Weil ich auch vieles andere mache, wie malen und schreiben. Wenn mir jemand eine tolle Rolle anbietet, spiele ich die natürlich. Aber das ist selten. Frau Ella ist eher die Ausnahme.

Also würden Sie sagen, dass es immer weniger Rollenangebote für ältere Schauspieler gibt?

Kubitschek: Ja, ich denke schon. Die letzten Rollen, die ich gespielt habe, habe ich selbst geschrieben: „Das Wunder der Liebe“, „Der indische Ring“, „Im Fluss des Lebens“ . . .

An dieser Stelle bricht das Gespräch abrupt ab. Eines von vielen Funklöchern während dieses Telefonats, das zu Spekulationen anregt, ob eher die vorbeifahrende Bundeskanzlerin und der Staatsempfang Gründe dafür sind oder ob das bei den Sicherheitsvorkehrungen in der Nähe der amerikanischen Botschaft nicht sowieso gang und gäbe ist.

Kubitschek: Die Kanzlerin scheint vorbei zu sein. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Ich wollte erzählen, dass es auch im Fernsehen schwieriger für ältere Frauen ist. Christiane Hörbiger und Senta Berger bekommen noch Rollen, aber die sind ja auch noch nicht ganz so alt.

Sie könnten aber auch noch junge Schauspieler unterrichten . . .

Kubitschek: Das könnte ich mir vorstellen. Als junge Frau habe ich das auch schon gemacht. In München habe ich unterrichtet. Weil ich einen Hochschulabschluss habe, durfte ich das auch. Es ist nur schwierig, weil ich auf dem Land wohne, da kann man niemanden unterrichten. Dazu muss man schon in der Großstadt wohnen.

Wie ist es denn für die jungen Schauspieler, wenn Sie – wie im Film Frau Ella – Ihre Erfahrung mit ins Spiel bringen?

Kubitschek: Wissen Sie, der Matthias Schweighöfer ist so ein erfahrener Schauspieler. Wir waren ein junger und ein alter Profi, die zusammen gespielt haben. Da hat weder der eine noch der andere mehr gekonnt als der andere. Wir neigen auch beide zum Improvisieren, was eher unüblich ist. Vielleicht habe ich sogar noch etwas von Schweighöfer gelernt.

In „Frau Ella“ sagt Ihre Figur, dass sie in ihrem langen Leben gelernt habe, dass es nicht die Fehler seien, die man bereue, sondern das, was man nicht gemacht habe. Gilt das auch für Ruth Maria Kubitschek?

Kubitschek: Ich bereue eigentlich nichts in meinem Leben. Ich habe aus meinen Fehlern immer nur gelernt. Rückblickend würde ich nichts verändern wollen, selbst wenn ich es könnte.

Was hat Sie an der Rolle von Frau Ella gereizt?

Kubitschek: Dass ich eine Frau spielen darf, die älter ist als ich, die krank ist und das Leben bereits aufgegeben hat. Sie hat sich damit abgefunden, dass nichts weiter in ihrem Leben passiert und pflegt lieber die Buxbäume in ihrer Wohnung. Und dann passiert ihr eben doch dieser junge Mann. Sie wacht wieder auf und fängt an zu leben. Das ist eine Rolle, an der man sich die Zähne ausbeißen könnte. Oder man genießt, dass man sich nicht schön machen muss, sich gehen lassen kann und nur diesen Menschen spielt.

Welchen Stellenwert hat „Frau Ella“ in Ihrer Karriere?

Kubitschek: Welchen Stellenwert es haben wird, weiß ich noch nicht. Dass ich aber zum Ende meiner Schauspielkarriere noch eine so schöne Rolle in einem Spielfilm übernehmen darf, ist etwas Wunderbares. Ich hoffe, dass auch viele Leute sich den Film im Kino anschauen, die mich sonst nur aus dem Fernsehen kennen.

Ich hoffe ja nicht, dass das Ihr letzter Film ist . . .

Kubitschek: Das werden wir sehen. Ich drehe jetzt noch eine Folge „Traumhotel“, und dann sehen wir weiter. Ich bin ein Mensch, der nichts abwartet. Entweder es kommt oder es kommt nicht. Das ist eine gute Einstellung, dann wirst du nicht enttäuscht und hast keine falschen Erwartungshaltungen.

Webseite

Frau Ella, von Markus Goller mit Matthias Schweighöfer, Ruth-Maria Kubitschek und August Diehl läuft ab 17. Oktober im Kino. Hier geht es zur offiziellen Webseite.

Haben Sie lieber Theater oder lieber Film und Fernsehen gespielt?

Kubitschek: Ich habe nie gerne Theater gespielt. Dazu war ich immer zu aufgeregt. Mit 50 Jahren habe ich meine letzte Rolle auf der Bühne gespielt. Man hat mir jetzt in St. Gallen „Besuch der alten Dame“ angeboten, aber ich habe geschworen, nicht mehr Theater zu spielen.

Das mag man gar nicht glauben. Wenn man Ssie so sieht, wirken Sie so souverän und gelassen. Sind sie nicht selbstbewusst?

Kubitschek: Doch, doch. Jetzt schon. Ich bin erst selbstgewusst geworden und war es nicht von Anfang an. Genauso wie freies Sprechen musste ich das erst erlernen.

Sie malen, Sie schreiben, Sie schauspielern. Würden Sie gerne noch etwas Neues lernen?

Kubitschek: Ich würde gerne Sprachen lernen, das ist mir leider im Leben entgangen. Und dann würde ich mich gerne in mein Auto setzen und ein bisschen in Europa herumfahren und sagen: „Tschüss, in einem Jahr bin ich wieder da.“

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