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Prominente Kulturschaffende erinnern an die Bedeutung ihrer Kunst

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München

Theater und Kinos, Museen und Konzertsäle sind geschlossen. Künstler fürchten, dass sie bei Öffnungsszenarien zu leicht übersehen werden – und erinnern an die Sicherheit ihrer Häuser.

Harald Suerland

Christian Gerhaher Foto: Sony

In der Kultur rumort es. Gewiss leugnet kein verantwortungsvoller Musiker, Maler, Autor oder Aussteller, dass das Coronavirus eine neuartige Gefahr für die Menschen ist, die mit allen sinnvollen Mitteln bekämpft werden muss. Doch gerade zur Wahl dieser Mittel und zur Akzeptanz pauschaler Einschränkungen wird die Kritik aus Künstlerkreisen lauter.

So wurde am Wochenende bekannt, dass Musiker in Bayern einen Eilantrag zur Öffnung von Konzert- und Opernhäusern vorbereiten. „Die darstellenden Künste befinden sich seit März 2020 eigentlich durchgehend in irgendeiner Art Lockdown“, sagt einer der Initiatoren, der Opernsänger Christian Ger­haher (51), in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur. „Das darf so nicht weitergehen.“

Gerhaher hat sich mit anderen Sängern und Musikern zur Initiative „Aufstehen für die Kunst“ zusammengeschlossen, die mit dem Eilantrag vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) ziehen will, wenn die Kultur bei erneuten Lockerungen übergangen werden sollte. Studien hätten gezeigt, dass bei Inzidenzwerten von 50 Corona-Infektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen sogar eine komplette Öffnung von Opernhäusern und Konzertsälen mit vergleichsweise geringem Risiko möglich sei, sagte Gerhaher, der auch Professor an der Münchner Musikhochschule ist. Sie lange geschlossen zu halten, sei „ungerechtfertigt“.

Die Initiative, die laut Mitteilung auch von der Geigerin Anne-Sophie Mutter, dem Opernsänger und Regisseur Rolando Villazón sowie dem Dirigenten Kent Nagano unterstützt wird, fordert, dass Kunst und Kultur in ihrer Bedeutung auf eine Stufe gestellt werden mit der Versammlungs- und Religionsfreiheit. Sollte der Einzelhandel nach Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz erneut öffnen dürfen, bevor dies auch für Kultureinrichtungen gelte, solle der Eilantrag eingereicht werden, sagte Gerhaher. „Wir wollen natürlich auch, dass die Pandemie mit allen sinnvollen Mitteln bekämpft wird“, betonte er. „Aber wir möchten auch, dass die Künste gemäß ihrer verfassungsmäßigen Bedeutung behandelt werden.“

Vor wenigen Wochen erst hatte eine große Gruppe von Museumsdirektoren, darunter Hermann Arnhold vom LWL-Landesmuseum in Münster und Susanne Gaens­heimer von der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, in einem Brief an die Kulturstaatsministerin und die Minister der Länder Öffnungsperspektiven für die Museen formuliert – nicht als „Forderung“, aber mit dem deutlichen Hinweis auf die sicheren Hygienebedingungen in ihren Häusern. Auch die Literatur hat sich wortmächtig gemeldet: Wie die Süddeutsche Zeitung am Wochenende berichtet, hat „eine breite Allianz von Verlegerinnen und Verlegern, Schriftstellerinnen und Schriftstellern“ in einem Brief an Markus Söder gefordert, in Bayern die Buchhandlungen wieder öffnen zu dürfen. Dabei geht es einerseits um die unterschiedliche Behandlung in den verschiedenen Bundesländern, unausgesprochen aber auch um die vielzitierte Systemrelevanz. „Die Buchbranche leistet einen anerkannten Beitrag zu Wissen, Bildung und Kultur“, heißt es in dem Brief, der unter anderem von Uwe Timm, Martin Walser, Herta Müller und Alexander Kluge unterschrieben wurde.

„Bei der Frage der Öffnung von Kultureinrichtungen ist jetzt nur noch von Museen die Rede, die Konzertveranstalter werden nun wie die Gastronomie eingestuft. Und die wird ganz sicher zuletzt öffnen dürfen. Trübe Aussichten“, warnt Matthias Schröder, Professor für Musikmanagement in Detmold und Künstlerischer Leiter der Konzerte in der Bagno-Konzertgalerie Steinfurt, vor der Gleichsetzung kultureller Institutionen mit anderen Branchen.

Nicht zu überhören sind auch die Appelle der Filmbranche. Der Münchner Produzent Martin Moszkowicz macht sich laut Deutscher Presseagentur für Kinoöffnungen stark – mit Hygienekonzepten und mit Schnelltests für die Besucher. „Wir testen jede Woche Tausende von Mitarbeitern, damit fahren wir bislang sehr gut. Wir haben keinen größeren Ausbruch an einem unserer Drehorte gehabt“, sagte der Chef der Constantin Film.

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