Niederlande geben Vorbild für schnellen Straßenbau
Der Nachbar kann es besser
Düsseldorf
Die Ampel steht seit mehr als einem Jahr auf grün. Seitdem ist der sechsspurige Ausbau der A1 zwischen Münster und Ladbergen ist nach fünf Jahren Planungszeit genehmigt – trotzdem rollt kein Bagger. Noch läuft die Ausschreibung für die Auftragsvergabe als öffentlich-privates Projekt – 18 bis 24 Monate kann das dauern.
Es sind Fälle wie dieser, deretwegen NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) neidvoll zu den niederländischen Nachbarn blickt. In einem Gutachten hat er sich aufschlüsseln lassen, was dort besser läuft – schließlich gelten auch dort EU-Regeln.
Ergebnis der Studie, die seit Freitag dem Landtag vorliegt: Die Niederländer nutzen drei Stellschrauben, damit die Bagger früher rollen – gegenüber NRW verschaffen sie sich so zwei oder drei Jahre Vorsprung. Den will Wüst nun einholen.
► Planung: Mit Beginn des Planungsverfahrens läuft in den Niederlanden eine Frist. In zwei Jahren muss der fertige „Routenerlass“ (Planfeststellungsbeschluss) vorliegen, in NRW dauert es oft drei bis vier Jahre, bis Änderungen eingearbeitet sind. Die Frist wäre laut Gutachten für NRW nur sinnvoll, wenn ausreichend Personal verfügbar ist. Ohnehin ist hier Bundesrecht berührt.►
► Gerichte: Über Klagen müssen niederländische Gerichte binnen eines Jahres entscheiden. Die Gutachter halten kürzere Verfahren in NRW nur für realistisch, wenn genügend Richter eingestellt werden.
► Vergabe: In Deutschland braucht es den Planfeststellungsbeschluss, um Aufträge auszuschreiben. Die Reihenfolge halten die Gutachter nicht für zwingend. Es reiche die Prognose, dass ein Projekt realisiert wird. Das nutzten die Niederländer: Dort läuft die Vergabe parallel zur Planung, in die die Auftragnehmer einbezogen werden.
Besonders dieser Punkt hat es Wüst angetan, die Erfahrung der Niederländer „wollen wir auch bei uns nutzen“, sagt er. „Wir werden dazu die Bauzeitbeschleunigung bereits im Vergabeverfahren stärker berücksichtigen.“ Wie das gehen kann, wird Straßen NRW in einem Pilotprojekt erproben.
Schnellere Verfahren im Revier
Kurze Planung, schnelle Umsetzung: Um den Strukturwandel im Rheinischen Revier zügig anlaufen zu lassen, will die Landesregierung Planungs- und Genehmigungsverfahren spürbar beschleunigen. Weil Tausende Arbeitsplätze mit dem Kohleausstieg wegfallen, müssten schnellstmöglich neue hochwertige Stellen geschaffen werden, sagte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Freitag in Düsseldorf.In einem neuen Entfesselungspaket soll eine Experimentierklausel helfen, Planungsverfahren zu verkürzen. Auch sollen Projekte, gegen die geklagt wird, im Laufe eines Gerichtsverfahrens nachgebessert werden können, um Zeit zu sparen. Probleme des Artenschutzes sollen frühzeitig über Dialogverfahren geklärt werden.
Startseite