1. www.wn.de
  2. >
  3. Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Der atemberaubende Aufstieg des Emmanuel Macron

  8. >

Der französische Präsident im Porträt

Der atemberaubende Aufstieg des Emmanuel Macron

Münster

Wer ist eigentlich Emmanuel Macron? Wer ihm zuhört, merkt ihm vor allem seine Leidenschaft und seinen Durchsetzungswillen an. Eigentlich alles, was eine europäische Führungsfigur ausmacht. Doch er ist keinesfalls unumstritten.

Emmanuel Macron bei der Verleihung des Karlspreises Foto: Imago Foto: IMAGO/Elmar Kremser

Wie wurde Emmanuel Macron eigentlich zu dem Mann, der ausgezogen ist, Frankreich und Europa neu zu formieren? Eine Antwort darauf gibt seine Rede bei der Verleihung des Karlspreises 2018 in Aachen: „Lassen wir uns nicht spalten!“, rief er. Macron denkt groß, er will einen. Mit ihm haben die Juroren einen der wohl leidenschaftlichsten Vordenker in Sachen europäische Idee für den Internationalen Preis des Westfälischen Friedens gewählt.

Auffällig auch sein Naturell: Seine größten Stärken, Ehrgeiz und Durchsetzungswillen, sind früh erkennbar. Der 1977 geborene Arztsohn aus Amiens fällt in der Schule durch gute Noten auf. Für Aufsehen sorgt, dass er später seine damalige, wesentlich ältere Französischlehrerin Brigitte Macron heiratet.

Klares Bekenntnis zur EU

Nach dem französischen Abitur, dem Baccalauréat, an einem elitären Pariser Gymnasium studiert er an Kaderschmieden wie der Ecole Nationale d‘Administration Verwaltung, Politik und Philosophie. Dann steigt er in Windeseile auf: Leitende Position im Finanzministerium, Banker, Wirtschaftsminister unter Präsident Hollande. Dass er den Sozialisten als zu unternehmerfreundlich gilt, schüchtert ihn nicht ein: Er versucht es mit einer eigenen Bewegung „En Marche!“ – befreit vom engen Parteienkorsett. Die Kennzeichen: sozialliberaler Kurs, Eintreten für Umwelttechnologie, starkes Bekenntnis zur EU.

Was er vorhat, legt er vorher schriftlich nieder, wie auch Barack Obama es getan hatte: In einem Buch mit dem unbescheidenen Titel „Revolution“ erklärt er, wie er mit verkrusteten zentralistischen Strukturen aufräumen will. Mit Erfolg. 2017 wird er jüngster französischer Präsident. 2022 gewinnt er – ebenfalls im zweiten Durchgang gegen Marine Le Pen – mit 58,5 Prozent.

Doch er ist nicht unumstritten: „Für viele Franzosen gilt er als Teil der Elite, die er ja in die Schranken weisen will“, so Landry Charrier, Experte der Forschungseinheit Sirice der Sorbonne Paris. Mit seinen frechen Sprüchen zieht er sich oft den Zorn der Straße zu. So rief er einem Schüler zu: „Mach erstmal deinen Abschluss (...), bevor du die Revolution ausrufst!“

Führungsrolle im Ukraine-Konflikt

Auch außenpolitisch kann er polarisieren: Dass er bis vor Kurzem immer wieder den Dialog mit Russland als Teil einer künftigen Sicherheitsarchitektur Europas betonte, verstörte besonders osteuropäische Staaten. Macrons Ansinnen, die EU als zentralen souveränen Akteur in der multipolaren Welt zu positionieren, ist gleichwohl existenziell wichtig. Der Preis stärkt seine Rolle nun auch in Berlin. Charrier: „Eine Entscheidung, die ihm bei der beanspruchten Führungsrolle in Europa weiterhilft.“

Macrons Ansinnen, Europa als zentralen souveränen Akteur in der multipolaren Welt zu positionieren, ist gleichwohl gerade im Ukraine-Konflikt existenziell wichtig. Er gilt als historisch denkender französischer Präsident und als Intellektueller im Élysée-Palast. Der Preis stärkt seine Rolle auch in Berlin. Charrier: „Ein starkes Signal und eine Entscheidung, die ihm bei der beanspruchten Führungsrolle in Europa weiterhilft.“

Startseite