Kritik an Reformplänen der Bundesregierung
„Blutgrätsche“ bei Gebäudesanierung
Berlin
Erneut sorgt der Kurs bei der Gebäudeförderung für Empörung: Die Bundesregierung ändert kurzfristig die Bedingungen, viele Eigentümer müssen mit weniger Subventionen auskommen – etwa für den Einbau von Wärmepumpen oder für neue Fenster.
„Energiefresser“ wie alte Fenster auszutauschen, um Energie zu sparen und mehr für den Klimaschutz zu tun – das ist eigentlich das Ziel der Bundesregierung bei der Förderung der Gebäudesanierung. Wegen knapper Haushaltsmittel werden jetzt aber die Fördersätze gekürzt. Wer also eine Wärmepumpe einbaut oder ein Fenster austauscht, bekommt weniger Geld vom Staat. Bei Komplettsanierungen gibt es gar keine direkten Zuschüsse mehr. Die Gewerkschaft IG BAU sprach von einer „energiepolitischen Blutgrätsche“.
Kernziele der Reform: Die Bundesregierung will den Förderfokus statt auf den Neubau künftig auf die Sanierung alter Häuser legen. „Man bekommt mehr Klimaschutz pro Euro im Bereich der energetischen Sanierung“, sagte FDP-Finanzminister Christian Lindner. Wirtschaftsminister Robert Habeck bezifferte es genauer: Der Effekt für Energieeinsparung und Klimaschutz sei bei Sanierungen um das 4,5-fache höher als im Neubau. „Vor dem Hintergrund der haushaltspolitischen Vorgabe ist das eine gute Lösung“, erklärte der Grünen-Politiker.
Für den Neubau energieeffizienter Häuser soll es künftig laut Lindner gar keine direkten staatlichen Subventionen, sondern nur noch Zinsvergünstigungen und Tilgungshilfen geben. Anfang des Jahres hatte Habeck wegen einer Antragsflut bereits Zuschüsse der Förderbank KfW für ein stark nachgefragtes Neubau-Förderprogramm vorzeitig gestoppt. Das hatte für große Kritik gesorgt.
Was sich nun ändert: Um möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern angesichts knapper Haushaltsmittel Förderung zu ermöglichen, seien „etwas verringerte Fördersätze“ notwendig, erklärte das Wirtschaftsministerium. Steigende Energiepreise machten Investitionen in höhere Effizienz aber grundsätzlich schneller rentabel. Deshalb würden die Fördersätze um 5 bis 10 Prozentpunkte abgesenkt. „In Zukunft bekommt der oder die Einzelne etwas weniger an Förderung als vorher, aber dafür können viele Menschen von den Förderprogrammen profitieren“, so Habeck.
Bei umfassenden Sanierungen gibt es künftig gar keine direkten Zuschüsse mehr, sondern ebenfalls zinsverbilligte Kredite sowie einen Tilgungszuschuss.
Hintergrund ist auch, dass Lindner nach Ausnahmejahren wegen der Pandemie 2023 wieder die Schuldenbremse einhalten will.
Weniger Geld für Wärmepumpen: Das Wirtschaftsministerium nennt mehrere Beispiele für die künftige Förderung. So gibt es beim Einbau einer Wärmepumpe künftig statt 50 Prozent der Kosten nur noch maximal 40 Prozent vom Staat. Früher bekam man bis zu 30.000 Euro, nach der Reform bis zu 24.000 Euro. Beim Fensteraustausch lag der Fördersatz früher bei bis zu 25 Prozent, nach der Reform bei rund 20 Prozent. Früher bekam man maximal rund 15.000 Euro, nun 12.000 Euro.
Insgesamt sollen jährliche Bewilligungen von 13 bis 14 Milliarden Euro möglich bleiben, davon etwa 12 bis 13 Milliarden Euro für Sanierungen. In diesem Jahr liege die Sanierungsförderung bereits bei rund 9,6 Milliarden Euro – die Nachfrage sei auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und der Preisexplosionen bei den Energiekosten hoch. Für die Förderung von Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien im Gebäudebereich stehen im Klima- und Transformationsfonds bis 2026 insgesamt 56 Milliarden Euro zur Verfügung.
Wann was gilt: Bereits von diesem Donnerstag an gelten die neuen Förderbedingungen bei Komplettsanierungen und der noch laufenden Neubauförderung, ab dem 15. August dann die für Einzel-Sanierungsmaßnahmen wie Fenstertausch. Dann wird auch die Förderung gasverbrauchender Anlagen aufgehoben.
Für Gaskessel wird ein Heizungs-Tausch-Bonus eingeführt. Generell sollen ab 2024 möglichst nur noch solche Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Welche Reaktionen es gibt: Vor allem an der Kürzung der Fördersätze gibt es breite Kritik. Die Deutsche Umwelthilfe sprach von einer „Katastrophe“ für den Klimaschutz. Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG BAU, Robert Feiger, sagte: „In dieser kritischen Phase dem Energiespar-Engagement einen Dämpfer zu geben, wirkt wie eine energiepolitische Blutgrätsche.“
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