Umstrittener US-Botschafter
Spahn sucht Nähe zu Grenell
Berlin/Ahaus
Gemeinsames Abendessen in Berlin-Mitte, Selfies mit Partnern, eine private Führung durch den Reichstag – während andere deutsche Politiker eher Berührungsängste zum neuen US-Botschafter Richard Grenell haben und SPD-Politiker Martin Schulz sogar die Abberufung verlangt, sucht der amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn offensichtlich dessen Nähe.
Spahn, direkt gewählter CDU-Abgeordneter aus Ahaus, traf sich Ende Mai bereits in Berlin Mitte zu einem Abendessen mit Richard Grenell – und führte den Amerikaner dann in einer privaten Führung durch den Reichstag. Von dem Abendessen – sowohl der Botschafter als auch der CDU-Politiker aus Ahaus kamen mit ihren Lebenspartnern bzw. Ehepartnern – wurden eifrig Bilder im Internet veröffentlicht. Auch der Hund des Botschafters war darauf zu sehen.
Am Sonntag trafen sich beide wieder – diesmal im Rahmen eines Gesprächskreises namens „Zukunftswerkstatt“. Dieser Kreis war vor einiger Zeit von Spahn ins Leben gerufen worden und gilt als Sammelbecken für junge Unionspolitiker, die eher konservativer ausgerichtet sind.
EU-kritisches Interview
Das EU-kritische Interview, das der Botschafter zuvor der Plattform „Breitbart“ gegeben hatte, störte dabei offenbar nicht. Grenell hatte darin gesagt: „Ich denke, die Wahl von Donald Trump hat die Menschen befähigt zu sagen, dass sie es einfach nicht zulassen können, dass die politische Klasse (in Europa) vor einer Wahl entscheidet, wer diese gewinnt und wer kandidiert“, sagte er dort. Er wolle „andere Konservative in ganz Europa stärken“.
Damit meint Grenell offenbar auch und gerade den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz. Für den ÖVP-Politiker, der in Wien mit der FPÖ regiert, richtet der US-Botschafter am 13. Juni ein Abendessen aus. Auch Spahn sucht die Nähe zu Kurz, den er als erster deutscher Politiker nach seinem Wahlsieg gratuliert hatte. In Spahns Umfeld wurde der Trump-kritische Kurs vieler deutscher Politiker bereits nach der Wahl des neuen US-Präsidenten eher kritisch gesehen.
Außenminister Heiko Maas (SPD) vermied am Dienstag offene Kritik an Grenell. „Ich habe diese Äußerungen natürlich zur Kenntnis genommen und auch die Kritik, die es dazu gegeben hat“, sagte er nach einem Treffen mit Ungarns Außenminister Peter Szijjártó. „Es wird sicherlich einiges zu besprechen geben und deshalb ist es gut, dass der Botschafter morgen zu Gast ist bei Herrn Staatssekretär (Andreas) Michaelis“, so Maas. Dann ist Grenell zum Antrittsbesuch eingeladen.
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