Handy am Steuer: Der Tod tippt mit
Jeder Zweite benutzt das Smartphone beim Autofahren
Münster/München
Appelle und härtere Strafen für die Handy-Benutzung, Schockbilder am Straßenrand – es nützt alles nichts. Nach einer Studie der Allianz-Versicherung nutzen knapp die Hälfte der Autofahrer ihr Smartphone während der Fahrt.
„Der Griff zum Gerät steigert die Unfallgefahr um das Doppelte“, berichtet der Berliner Professor für Verkehrspsychologie, Wolfgang Fastenmeier. Noch gefährlicher ist das Lesen oder Verfassen von Nachrichten auf dem Smartphone. Dies erhöht das Unfallrisiko sogar um das Zwölffache. Laut ADAC München bedeutet eine Sekunde Ablenkung bei einer Geschwindigkeit von 80 Kilometern in der Stunde einen „Blindflug“ von 22,2 Metern, bei Tempo 130 auf der Autobahn sind es sogar 36,1 Meter. Die Polizei vergleicht die eingeschränkte Fahrtüchtigkeit durch das Tippen auf dem Smartphone mit einem Alkoholwert in Höhe von 1,1 Promille.
Fehlendes „Unrechts-“ und Gefahrenbewusstsein
Insgesamt verloren im vergangenen Jahr in NRW 80 Menschen bei Unfällen auf den Autobahnen ihr Leben – auch wenn die Ursache nicht immer zweifelsfrei geklärt wird, gehen Experten davon aus, dass ein Teil dieser tödlichen Unfälle durch Handy-Benutzung verursacht wurde. „Während es in der Bevölkerung einen breiten Konsens gibt, dass etwa Alkohol am Steuer unverantwortlich ist, gilt das Smartphone in der Hand für viele immer noch als eine lässliche Sünde“, sagt Andreas Hölzel vom ADAC.
Staat ist in der Pflicht
Neben einem fehlenden „Unrechts-“ und Gefahrenbewusstsein der Autofahrer und Fußgänger, die sich ebenfalls durch einen „Blindflug“ in der Nähe von Straßen und Übergängen in Gefahr bringen, ist auch der Staat in der Pflicht. „Natürlich fehlt es auch an flächendeckenden Kontrollen oder Überwachungen, die die Handy-Nutzer dann überführen“, so Hölzel weiter. Da nützt es auch wenig, dass der Gesetzgeber die Strafen für Telefonieren oder das Tippen am Steuer während der Fahrt oder bei Stopp mit laufendem Motor ohne Benutzung einer Freisprechanlage auf 60 Euro und einen Punkt in Flensburg verschärft hat. Erst im Wiederholungsfall können Fahrverbote verhängt werden.
Polizei warnt vor Handy am Steuer
Kurz eine SMS lesen oder auf eine WhatsApp-Nachricht antworten – das kann beim Autofahren im schlimmsten Fall tödlich enden, wie tragische Unfälle in Münster gezeigt haben. Martin Kalitschke berichtet
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