Raser unter Mordanklage
Prozessauftakt in Berlin: Illegales Autorennen mit tödlichen Folgen
Münster/Berlin
„Die Wahrscheinlichkeit, dass die beiden Angeklagten wegen Mordes auch verurteilt werden, würde ich als relativ hoch einstufen.“ Gregor Samimi, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Experte des Deutschen Anwaltvereins, sieht schwarz für die zwei jungen Männer, die sich seit Donnerstag vor dem Berliner Landgericht wegen eines illegalen Autorennens verantworten müssen. Auf dem Kurfürstendamm hatten ein 24- und ein 27-Jähriger im Februar einen Zusammenstoß mit einem Jeep verursacht, in dessen Folge der 69-jährige Fahrer des Geländewagens verstarb.
Erstmals führte ein derartiger Unfall im Zuge eines illegalen Rennens zu einer Mordanklage. Die Staatsanwaltschaft begründete dies mit zwei erfüllten Mordmerkmalen. Zum einen hätten die Männer aus niederen Beweggründen gehandelt und zum anderen mit ihren hochmotorisierten Fahrzeugen gemeingefährliche Mittel eingesetzt. Da die Männer mit 160 Stundenkilometern durch Berlin gerast sind und mehr als ein Dutzend roter Ampeln überfahren hatten, hätten sie einen tödlichen Unfall eines Dritten bewusst in Kauf genommen.
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„Wenn die Angeklagten schweigen, wird es sicher schwerer für die Kammer, den Vorsatz nachzuweisen, doch die geschlossene Indizienkette spricht für sich“, sagt Samimi. Damit könnte ein Präzedenzfall geschaffen werden. Bislang sind in ähnlichen Fällen – wie bei einer Raserei im Februar in Köln mit tödlichem Ausgang für eine Radfahrerin – die Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung oft mit Bewährungsstrafen davongekommen.
Um weitere Unfälle dieser Art von vorneherein zu verhindern, hat NRW-Justizminister Thomas Kutschaty jüngst einen Gesetzesentwurf in den Bundesrat eingebracht, nach dem die Teilnahme an illegalen Autorennen künftig als Straftat und nicht mehr als Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Damit steige die Abschreckungsgefahr. Eine Zustimmung von Bundesrat- und -tag steht noch aus.
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