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Girocard auf dem Vormarsch

Bargeld wird immer seltener genutzt

Berlin

Die Menschen in Deutschland zahlen immer seltener mit Bargeld und nutzen stattdessen häufiger die Möglichkeiten der Kartenzahlung. Sterben Münzen und Scheine aus?

Von Jörg Bender und Jonas Wiening

In Zukunft nicht mehr gebraucht? Immer öfter wird auf Bargeld verzichtet. Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Zwar wurden laut Bundesbank im Jahr 2022 für 58 Prozent aller Bezahlvorgänge noch immer Geldscheine und Münzen genutzt. Fünf Jahre zuvor waren es allerdings noch 74 Prozent.

Die Verbraucher und Verbraucherinnen greifen stattdessen immer häufiger zur Karte – insbesondere zur ­Girocard, die 2022 bei rund vier von fünf Kartenzahlungen (79 Prozent) im Einsatz war, wie die Frankfurter Einrichtung „Euro Kartensysteme“ am Dienstag mitteilte. Insgesamt wurden demnach 2022 mehr als 6,7 Milliarden Zahlungen mit der beliebten Plastikkarte getätigt. Das ­waren 13,4 Prozent mehr als im Rekordjahr 2021.

Corona-Pandemie beschleunigte Entwicklung

Zentraler Grund für den Trend zur Kartenzahlung ist die Corona-Pandemie, die das bargeldlose Bezahlen aus Hygienegründen beliebter machte.

Mit weiteren Funktionen will die Deutsche Kredit­wirtschaft nun die Girocard für den digitalen Einsatz und die Nutzung im Online-Handel weiter aufwerten. „Dazu zählt auch das ein­fache Bezahlen via Smartphone-Apps, die künftig mögliche Verknüpfung mit Bonusprogrammen oder die Einbindung der Girocard in Wallets“, erklärte Euro Kartensysteme. „Die neuen Entwicklungen werden dabei stark auf das kontaktlose Bezahlen mit Karte und insbesondere die digitale Girocard in Smartphone oder Smartwatch ausgerichtet sein.“

Kontaktloses Bezahlen ist mit Girocards und Kredit­karten möglich, die einen ­sogenannten NFC-Chip besitzen. Außerdem kann mit einem Smartphone, mit Bezahl-Diensten wie Apple Pay oder Google Pay oder mit Banken-Apps kontaktlos Geld übertragen werden. Die Daten für die Abwicklung der Bezahlung werden verschlüsselt mit dem Terminal an der Kasse ausgetauscht, wenn Kunden Karte be­ziehungsweise Smartphone oder Smartwatch nah an das Gerät halten. Bei geringen Beträgen ist nicht einmal die Eingabe der Geheimnummer (PIN) nötig.

Bargeld-Option soll erhalten bleiben

Der Großteil der etwa 100 Millionen Girocards, die Banken und Sparkassen in Deutschland an ihre Kunden ausgegeben haben, ist mit der Kontaktlosfunktion ausgestattet.

Trotz des großen Erfolgszuges der Möglichkeiten für bargeldloses Bezahlen wollen die großen Einzelhändler auch in Zukunft weiter auf Bargeld setzen. Auf Nachfrage unserer Redaktion teilten zum Beispiel die großen Discounter- und Supermarkt-Ketten wie Aldi, Rewe oder Penny einhellig mit, den Kunden und Kundinnen so viele Optionen zum Bezahlen anbieten zu wollen, wie möglich – weiterhin auch die Zahlung mit Bargeld.

Ein Kommentar zum Thema von Andreas Fier:

Der schöne Schein

Am Willen, den Deutschen das Bargeld madig zu machen, mangelt es nicht. Innenministerin Nancy Faeser hat unlängst eine Obergrenze von 10 000 Euro durchgedrückt. Wer mit einer höheren Summe bei seiner Bank erscheint, muss sich schriftlich erklären. Im Autohaus sind barzahlende Kunden schon lange unerwünscht. Die Politik sieht darin ein probates Mittel gegen Geldwäsche. Es ist ein dünnes Brett, das dort gebohrt wird.

Wer glaubt, dass Großkriminelle heute mit Geldkoffern unterwegs sind oder die Mafia ohne Bares schlechtere Geschäfte macht, sollte einen Blick in die Wirecard-Akten werfen. Oder die Panama-Papers studieren. Der Bankenbranche ist der Trend zum Plastik-Cash nicht nur recht, sondern – im wahrsten Sinne des Wortes – billig. Während die Logistik, Geldautomaten und Ladenkassen zu füllen, teuer ist, hat sich das digitale Bezahlen als lukratives Geschäft erwiesen – nicht nur, weil Transaktionsgebühren erhoben werden, sondern weil dabei unendlich viele Daten anfallen. Es ist ein wesentliches Puzzleteil zum gläsernen Bürger.

Wer zum Papiergeld greift, liefert anderen hingegen keine Daten, weder dem Staat noch der Bank, der Schufa oder seiner Krankenkasse. Und noch viel wichtiger: Bargeld funktioniert auch ohne Strom.

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